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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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Urtschak-tan folgt, dann südlich über den Naryn springt, sich nach Osten wendet
und längs des Tjan-Schein bis zum Chan-Tenyri-Gebirge läuft, -- von
hieraus eine nördliche Richtung annimmt, den Ili westlich Kuldja überschreitet,
dem Ala-tan-Rücken östlich Kopai folgt, und westlich der tschungarischen Stadt
Tschngntschak vorbeiziehend, fast nördlich derselben die Südgrenze Sibirens
trifft. Im Norden folgt die Grenze des General-Gouverments Turkestan dem
Tarbo-taisski-Rücken bis nördlich Ssergiopol führt in nordwestlicher Richtung
zum Balchasch-See, schneidet diesen, zieht zum oberen Laufe des Tschu-Flusses,
folgt diesem bis zur Mündung, nimmt eine nordwestliche Richtung an bis
westlich der Mündung des Jrgis-Flusses, von wo sie zum Nordufer des Aral-
meeres läuft. Im Westen -- soweit überhaupt hier von einer Grenzbestim¬
mung die Rede sein kann -- bildet eine von der Mündung des Ssyr-darja in
südöstlicher Richtung die Wüste Kissl-tun schneidende und westlich Kally-Kurgcm
den Sariawschau überschreitende Linie die Grenze. --

Schon im Jahre 1870 wurde dies Gebiet aber wieder im Osten erweitert.
Verwicklungen mit dem Sultan von Kuldja hatten zu eiuer Expedition gegen
denselben geführt, welche mit der Annectirung eines Territoriums von 1293 in>
Meilen endete. --

Unter der energischen und umsichtigen Leitung des General-Gouverneurs
von Kaufman gewann die Organisation der inneren Verwaltung immer mehr
an Festigkeit und es entstand im Innern eine sichere Basis für die gedeihliche
Entwickelung von Handel und Wandel. Daß indeß auf den weiteren Fort¬
gang derselben die Beziehungen nach außen wesentlich influiren mußten, liegt
auf der Hand. In Folge dessen war es das nächste Ziel der russischen Politik
in Mittelasien, mit den Nachbarstaaten Verträge zu schließen, die eine Garantie
für den dauernden freundschaftlichen Verkehr böten, und Rußland in den Stand
setzten, auch eiuen Einfluß auf seiue Nachbarn ausüben zu können. Das im
Innern seines Gebiets Erreichte durfte durch Einwirkungen von außen unter
keiner Bedingung in Frage gestellt werden.

Es kamen auch wirklich Handelsverträge zum Abschluß, durch welche ein
freier Verkehr der Kaufleute, das Halten von Agenten Seitens Rußlands in
den benachbarten Reichen und Seitens der letzteren in dem General-Gouverne¬
ment Turkistan gewährleistet, der Zoll auf 2'/z°/g des wirklichen Waarenwerthes
festgesetzt, und schließlich den russischen Kaufleuten ein freier Durchzug nach an¬
deren Reichen gesichert wurde.

Sowohl der Emir Musafar von Buchara, wie auch der Chan Chudojar
von Kokau, welcher nach dem Tode Allen-Knif von den Russe" dort eingesetzt
war, traten mit Rußland in ein solches Vertragsverhültniß, so daß mit beiden


Urtschak-tan folgt, dann südlich über den Naryn springt, sich nach Osten wendet
und längs des Tjan-Schein bis zum Chan-Tenyri-Gebirge läuft, — von
hieraus eine nördliche Richtung annimmt, den Ili westlich Kuldja überschreitet,
dem Ala-tan-Rücken östlich Kopai folgt, und westlich der tschungarischen Stadt
Tschngntschak vorbeiziehend, fast nördlich derselben die Südgrenze Sibirens
trifft. Im Norden folgt die Grenze des General-Gouverments Turkestan dem
Tarbo-taisski-Rücken bis nördlich Ssergiopol führt in nordwestlicher Richtung
zum Balchasch-See, schneidet diesen, zieht zum oberen Laufe des Tschu-Flusses,
folgt diesem bis zur Mündung, nimmt eine nordwestliche Richtung an bis
westlich der Mündung des Jrgis-Flusses, von wo sie zum Nordufer des Aral-
meeres läuft. Im Westen — soweit überhaupt hier von einer Grenzbestim¬
mung die Rede sein kann — bildet eine von der Mündung des Ssyr-darja in
südöstlicher Richtung die Wüste Kissl-tun schneidende und westlich Kally-Kurgcm
den Sariawschau überschreitende Linie die Grenze. —

Schon im Jahre 1870 wurde dies Gebiet aber wieder im Osten erweitert.
Verwicklungen mit dem Sultan von Kuldja hatten zu eiuer Expedition gegen
denselben geführt, welche mit der Annectirung eines Territoriums von 1293 in>
Meilen endete. —

Unter der energischen und umsichtigen Leitung des General-Gouverneurs
von Kaufman gewann die Organisation der inneren Verwaltung immer mehr
an Festigkeit und es entstand im Innern eine sichere Basis für die gedeihliche
Entwickelung von Handel und Wandel. Daß indeß auf den weiteren Fort¬
gang derselben die Beziehungen nach außen wesentlich influiren mußten, liegt
auf der Hand. In Folge dessen war es das nächste Ziel der russischen Politik
in Mittelasien, mit den Nachbarstaaten Verträge zu schließen, die eine Garantie
für den dauernden freundschaftlichen Verkehr böten, und Rußland in den Stand
setzten, auch eiuen Einfluß auf seiue Nachbarn ausüben zu können. Das im
Innern seines Gebiets Erreichte durfte durch Einwirkungen von außen unter
keiner Bedingung in Frage gestellt werden.

Es kamen auch wirklich Handelsverträge zum Abschluß, durch welche ein
freier Verkehr der Kaufleute, das Halten von Agenten Seitens Rußlands in
den benachbarten Reichen und Seitens der letzteren in dem General-Gouverne¬
ment Turkistan gewährleistet, der Zoll auf 2'/z°/g des wirklichen Waarenwerthes
festgesetzt, und schließlich den russischen Kaufleuten ein freier Durchzug nach an¬
deren Reichen gesichert wurde.

Sowohl der Emir Musafar von Buchara, wie auch der Chan Chudojar
von Kokau, welcher nach dem Tode Allen-Knif von den Russe» dort eingesetzt
war, traten mit Rußland in ein solches Vertragsverhültniß, so daß mit beiden


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[0028] Urtschak-tan folgt, dann südlich über den Naryn springt, sich nach Osten wendet und längs des Tjan-Schein bis zum Chan-Tenyri-Gebirge läuft, — von hieraus eine nördliche Richtung annimmt, den Ili westlich Kuldja überschreitet, dem Ala-tan-Rücken östlich Kopai folgt, und westlich der tschungarischen Stadt Tschngntschak vorbeiziehend, fast nördlich derselben die Südgrenze Sibirens trifft. Im Norden folgt die Grenze des General-Gouverments Turkestan dem Tarbo-taisski-Rücken bis nördlich Ssergiopol führt in nordwestlicher Richtung zum Balchasch-See, schneidet diesen, zieht zum oberen Laufe des Tschu-Flusses, folgt diesem bis zur Mündung, nimmt eine nordwestliche Richtung an bis westlich der Mündung des Jrgis-Flusses, von wo sie zum Nordufer des Aral- meeres läuft. Im Westen — soweit überhaupt hier von einer Grenzbestim¬ mung die Rede sein kann — bildet eine von der Mündung des Ssyr-darja in südöstlicher Richtung die Wüste Kissl-tun schneidende und westlich Kally-Kurgcm den Sariawschau überschreitende Linie die Grenze. — Schon im Jahre 1870 wurde dies Gebiet aber wieder im Osten erweitert. Verwicklungen mit dem Sultan von Kuldja hatten zu eiuer Expedition gegen denselben geführt, welche mit der Annectirung eines Territoriums von 1293 in> Meilen endete. — Unter der energischen und umsichtigen Leitung des General-Gouverneurs von Kaufman gewann die Organisation der inneren Verwaltung immer mehr an Festigkeit und es entstand im Innern eine sichere Basis für die gedeihliche Entwickelung von Handel und Wandel. Daß indeß auf den weiteren Fort¬ gang derselben die Beziehungen nach außen wesentlich influiren mußten, liegt auf der Hand. In Folge dessen war es das nächste Ziel der russischen Politik in Mittelasien, mit den Nachbarstaaten Verträge zu schließen, die eine Garantie für den dauernden freundschaftlichen Verkehr böten, und Rußland in den Stand setzten, auch eiuen Einfluß auf seiue Nachbarn ausüben zu können. Das im Innern seines Gebiets Erreichte durfte durch Einwirkungen von außen unter keiner Bedingung in Frage gestellt werden. Es kamen auch wirklich Handelsverträge zum Abschluß, durch welche ein freier Verkehr der Kaufleute, das Halten von Agenten Seitens Rußlands in den benachbarten Reichen und Seitens der letzteren in dem General-Gouverne¬ ment Turkistan gewährleistet, der Zoll auf 2'/z°/g des wirklichen Waarenwerthes festgesetzt, und schließlich den russischen Kaufleuten ein freier Durchzug nach an¬ deren Reichen gesichert wurde. Sowohl der Emir Musafar von Buchara, wie auch der Chan Chudojar von Kokau, welcher nach dem Tode Allen-Knif von den Russe» dort eingesetzt war, traten mit Rußland in ein solches Vertragsverhültniß, so daß mit beiden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/28>, abgerufen am 23.07.2024.