Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.in Asien vermuthlich einen dem von 1828 und 1829 ähnlichen Verlauf nehmen, Anders steht es in Europa. Zwar kann hier die russische Armee, wenn Was die Türkei aber vor Allein günstiger als 1828 stellt, ist der Umstand, Wie die Dinge liegen, haben wir das nicht zu bedauern, werden im Gegen¬ in Asien vermuthlich einen dem von 1828 und 1829 ähnlichen Verlauf nehmen, Anders steht es in Europa. Zwar kann hier die russische Armee, wenn Was die Türkei aber vor Allein günstiger als 1828 stellt, ist der Umstand, Wie die Dinge liegen, haben wir das nicht zu bedauern, werden im Gegen¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0278" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/137451"/> <p xml:id="ID_918" prev="#ID_917"> in Asien vermuthlich einen dem von 1828 und 1829 ähnlichen Verlauf nehmen,<lb/> ja möglicherweise, da die Unterstützung der Türken durch die Bergvölker weniger<lb/> reichlich und eifrig ausfallen wird, als damals, zu noch rascheren Erfolgen<lb/> für die Russen sichren.</p><lb/> <p xml:id="ID_919"> Anders steht es in Europa. Zwar kann hier die russische Armee, wenn<lb/> sie gegen die Donau vorrückt, auf die Unterstützung der Serben, der Monte¬<lb/> negriner, wahrscheinlich auch der Griechen und möglicherweise der Rumänen<lb/> rechnen. Aber sie hat es dafür auch mit einer wohlbewaffneten, kriegsge¬<lb/> übten und durch den Erfolg gegen Tschernajeff moralisch gehobenen türkischen<lb/> Armee von mindestens 180,000 regulären Soldaten zu thun. Die Festungen<lb/> sind in besserem Stande als im Jahre 1828 und zu Anfang des Krimkrieges.<lb/> Die Artillerie ist allen Nachrichten zufolge uicht schlechter als die russische.<lb/> Von einem bedeutenden türkischen Strategen ist zwar bis jetzt noch nichts zu<lb/> sehen gewesen, aber auch von keinem russischen, und was den Türken hier<lb/> etwa fehlt, kann durch den Rath fränkischer Offiziere, an denen es nicht fehlen<lb/> wird, wohl ersetzt werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_920"> Was die Türkei aber vor Allein günstiger als 1828 stellt, ist der Umstand,<lb/> daß sie eine starke Flotte von Panzerschiffen besitzt, während Rußland gegen-<lb/> wärtig im Schwarzen Meere nur verhältnißmäßig wenig Kriegsfahrzenge zur<lb/> Verfügung hat. Mit großer Uebermacht werden die Türken also, da die Serben<lb/> sich im vorigen Jahre nicht mit Ruhm bedeckt haben, die übrigen etwaigen Hülfs-<lb/> truppen der Russen aber erst noch zeigen müssen, daß sie als Soldaten etwas<lb/> taugen, diesmal eben nicht zu ringen haben, und Alles wird daher darauf an¬<lb/> kommen, ob die eine oder die andere Partei einen Oberfeldherrn hat, welcher<lb/> dem der Gegner überlegen ist. Ein solcher ist doch aber eher auf Seiten der<lb/> Russen zu erwarten, und selbst wenn es denselben an einem sehr bedeutenden<lb/> militärischen Talente mangeln sollte, ist bei der Macht Rußlands, welches<lb/> hier alle seine Kräfte entfalten muß, da es um sein Ansehen bei den christlichen<lb/> Völkern der Türkei kämpft, kaum anzunehmen, daß die Pforte sich länger als<lb/> einen Feldzug hindurch zu behaupten im Stande sein wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_921"> Wie die Dinge liegen, haben wir das nicht zu bedauern, werden im Gegen¬<lb/> theil die Russen, wenn es selbst der Erkämpfung noch anderer Vortheile für die<lb/> Völker der illyrischen Halbinsel als die Conferenz in Konstantinopel zu An¬<lb/> fang verlangte, wenn es selbst einer erheblichen Vergrößerung Serbiens und<lb/> Montenegros und der Constituirung eines selbständigen Bulgariens gelten sollte,<lb/> mit unsern besten Wünschen begleiten und ihnen einen etwaigen rascheren<lb/> Siegeslauf, als er nach dem Gesagten zu erwarten steht, aufrichtig gönnen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0278]
in Asien vermuthlich einen dem von 1828 und 1829 ähnlichen Verlauf nehmen,
ja möglicherweise, da die Unterstützung der Türken durch die Bergvölker weniger
reichlich und eifrig ausfallen wird, als damals, zu noch rascheren Erfolgen
für die Russen sichren.
Anders steht es in Europa. Zwar kann hier die russische Armee, wenn
sie gegen die Donau vorrückt, auf die Unterstützung der Serben, der Monte¬
negriner, wahrscheinlich auch der Griechen und möglicherweise der Rumänen
rechnen. Aber sie hat es dafür auch mit einer wohlbewaffneten, kriegsge¬
übten und durch den Erfolg gegen Tschernajeff moralisch gehobenen türkischen
Armee von mindestens 180,000 regulären Soldaten zu thun. Die Festungen
sind in besserem Stande als im Jahre 1828 und zu Anfang des Krimkrieges.
Die Artillerie ist allen Nachrichten zufolge uicht schlechter als die russische.
Von einem bedeutenden türkischen Strategen ist zwar bis jetzt noch nichts zu
sehen gewesen, aber auch von keinem russischen, und was den Türken hier
etwa fehlt, kann durch den Rath fränkischer Offiziere, an denen es nicht fehlen
wird, wohl ersetzt werden.
Was die Türkei aber vor Allein günstiger als 1828 stellt, ist der Umstand,
daß sie eine starke Flotte von Panzerschiffen besitzt, während Rußland gegen-
wärtig im Schwarzen Meere nur verhältnißmäßig wenig Kriegsfahrzenge zur
Verfügung hat. Mit großer Uebermacht werden die Türken also, da die Serben
sich im vorigen Jahre nicht mit Ruhm bedeckt haben, die übrigen etwaigen Hülfs-
truppen der Russen aber erst noch zeigen müssen, daß sie als Soldaten etwas
taugen, diesmal eben nicht zu ringen haben, und Alles wird daher darauf an¬
kommen, ob die eine oder die andere Partei einen Oberfeldherrn hat, welcher
dem der Gegner überlegen ist. Ein solcher ist doch aber eher auf Seiten der
Russen zu erwarten, und selbst wenn es denselben an einem sehr bedeutenden
militärischen Talente mangeln sollte, ist bei der Macht Rußlands, welches
hier alle seine Kräfte entfalten muß, da es um sein Ansehen bei den christlichen
Völkern der Türkei kämpft, kaum anzunehmen, daß die Pforte sich länger als
einen Feldzug hindurch zu behaupten im Stande sein wird.
Wie die Dinge liegen, haben wir das nicht zu bedauern, werden im Gegen¬
theil die Russen, wenn es selbst der Erkämpfung noch anderer Vortheile für die
Völker der illyrischen Halbinsel als die Conferenz in Konstantinopel zu An¬
fang verlangte, wenn es selbst einer erheblichen Vergrößerung Serbiens und
Montenegros und der Constituirung eines selbständigen Bulgariens gelten sollte,
mit unsern besten Wünschen begleiten und ihnen einen etwaigen rascheren
Siegeslauf, als er nach dem Gesagten zu erwarten steht, aufrichtig gönnen.
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