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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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greifen, .wo er sie in der Fremde traf. In das Land wagte er sich doch
nicht mehr hinein. So überfiel er im Stifte Bremen zwei Dithmarscher, schlug
sie und führte sie gefangen fort. Mitten in Holstein überfiel er drei andere
Dithmarscher und nahm ihnen über 500 M. ab.

Mit diesem Gelde machte er sich nach Speier, um beim Reichskammer¬
gericht seinen Schädenanspruch zu verfolgen. In der That erließ dasselbe auf
Grund des Rendsburger Urtheils an die 48 Hauptleute und Regenten des
Landes Dithmarschen ein Mandat: daß sie bei 50 M. Goldes den Wiebe
Peters zufrieden stellen und unklaglos halten, auch gegen ihn und dessen
Habe keine Gewaltthaten vornehmen sollten, -- daß sie aber, falls sie deshalb
beschwert zu sein rechtmäßige Ursache zu haben vermeinten, selbige vor dem
Erzbischof zu Bremen als kaiserlichem Kommissar auszuführen hätten.

Das Verfahren vor dem Kommissar hatte aber keinen Erfolg, denn der
Erzbischof von Bremen hatte, weil er vorgab, mit anderen wichtigen Ge¬
schäften beladen zu sein, zur Verhandlung und Entscheidung dieser Sache
zwei seiner Räthe bestellt. Das wollten sich aber wieder die Dithmarscher
nicht gefallen lassen.

Die 48 Regenten von Dithmarschen appellirten aber nicht blos gegen
das an sie erlassene Mandat, sondern sie brachten auch eine neue Klage
wegen Bruchs des Landfriedens gegen Wiebe Peters beim Reichskammergericht
an. Das Reichskammergericht erließ auch die erbetene Ladung.

Des ungeachtet fuhr Wiebe Peters in seinen Feindseligkeiten fort. Er
rüstete mit seinem Bruder zwei Schiffe mit Büchsen und Munition aus und
plünderte das Dorf Groden, führte auch Einen aus dem Dorfe gefäng-
lich fort.

Nun erst beschlossen die Dithmarscher Gewalt mit Gewalt zu vertreiben.
Sie bemannten etliche Schiffe mit Kriegsvolk, ließen sie auf Wiebe Peters
und seine Helfershelfer streifen, und gaben den Befehl, die Missethäter zu
fangen und umzubringen. Diese Schiffe trafen denn auch den Wiebe Peters
mit seinen Helfern aus der See. Sie jagten ihnen nach, bis die Missethäter
auf Helgoland in eine alte baufällige Kirche getrieben wurden. Wiebe Peters
wehrte sich mit den Seinigen, aber sie unterlagen. Wiebe Peters nebst seinem
Bruder und mehrere Andere wurden im Gefecht getödtet. Die Uebrigen
wurden mit Wiebes Leichnam nach Dithmarschen gebracht und zur wohlver¬
dienten Strafe gezogen. Des Wiebe Peters Haupt wurde - aber noch auf
ein Rad gesetzt, wie es bei schweren Verbrechern in Dithmarschen gebräuch¬
lich war.

Damit waren jedoch die beim Reichskammergericht schwebenden beiden
Klagen nicht erledigt. Auch Wiebes Erben verfolgten dessen Anspruch aus


greifen, .wo er sie in der Fremde traf. In das Land wagte er sich doch
nicht mehr hinein. So überfiel er im Stifte Bremen zwei Dithmarscher, schlug
sie und führte sie gefangen fort. Mitten in Holstein überfiel er drei andere
Dithmarscher und nahm ihnen über 500 M. ab.

Mit diesem Gelde machte er sich nach Speier, um beim Reichskammer¬
gericht seinen Schädenanspruch zu verfolgen. In der That erließ dasselbe auf
Grund des Rendsburger Urtheils an die 48 Hauptleute und Regenten des
Landes Dithmarschen ein Mandat: daß sie bei 50 M. Goldes den Wiebe
Peters zufrieden stellen und unklaglos halten, auch gegen ihn und dessen
Habe keine Gewaltthaten vornehmen sollten, — daß sie aber, falls sie deshalb
beschwert zu sein rechtmäßige Ursache zu haben vermeinten, selbige vor dem
Erzbischof zu Bremen als kaiserlichem Kommissar auszuführen hätten.

Das Verfahren vor dem Kommissar hatte aber keinen Erfolg, denn der
Erzbischof von Bremen hatte, weil er vorgab, mit anderen wichtigen Ge¬
schäften beladen zu sein, zur Verhandlung und Entscheidung dieser Sache
zwei seiner Räthe bestellt. Das wollten sich aber wieder die Dithmarscher
nicht gefallen lassen.

Die 48 Regenten von Dithmarschen appellirten aber nicht blos gegen
das an sie erlassene Mandat, sondern sie brachten auch eine neue Klage
wegen Bruchs des Landfriedens gegen Wiebe Peters beim Reichskammergericht
an. Das Reichskammergericht erließ auch die erbetene Ladung.

Des ungeachtet fuhr Wiebe Peters in seinen Feindseligkeiten fort. Er
rüstete mit seinem Bruder zwei Schiffe mit Büchsen und Munition aus und
plünderte das Dorf Groden, führte auch Einen aus dem Dorfe gefäng-
lich fort.

Nun erst beschlossen die Dithmarscher Gewalt mit Gewalt zu vertreiben.
Sie bemannten etliche Schiffe mit Kriegsvolk, ließen sie auf Wiebe Peters
und seine Helfershelfer streifen, und gaben den Befehl, die Missethäter zu
fangen und umzubringen. Diese Schiffe trafen denn auch den Wiebe Peters
mit seinen Helfern aus der See. Sie jagten ihnen nach, bis die Missethäter
auf Helgoland in eine alte baufällige Kirche getrieben wurden. Wiebe Peters
wehrte sich mit den Seinigen, aber sie unterlagen. Wiebe Peters nebst seinem
Bruder und mehrere Andere wurden im Gefecht getödtet. Die Uebrigen
wurden mit Wiebes Leichnam nach Dithmarschen gebracht und zur wohlver¬
dienten Strafe gezogen. Des Wiebe Peters Haupt wurde - aber noch auf
ein Rad gesetzt, wie es bei schweren Verbrechern in Dithmarschen gebräuch¬
lich war.

Damit waren jedoch die beim Reichskammergericht schwebenden beiden
Klagen nicht erledigt. Auch Wiebes Erben verfolgten dessen Anspruch aus


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[0252] greifen, .wo er sie in der Fremde traf. In das Land wagte er sich doch nicht mehr hinein. So überfiel er im Stifte Bremen zwei Dithmarscher, schlug sie und führte sie gefangen fort. Mitten in Holstein überfiel er drei andere Dithmarscher und nahm ihnen über 500 M. ab. Mit diesem Gelde machte er sich nach Speier, um beim Reichskammer¬ gericht seinen Schädenanspruch zu verfolgen. In der That erließ dasselbe auf Grund des Rendsburger Urtheils an die 48 Hauptleute und Regenten des Landes Dithmarschen ein Mandat: daß sie bei 50 M. Goldes den Wiebe Peters zufrieden stellen und unklaglos halten, auch gegen ihn und dessen Habe keine Gewaltthaten vornehmen sollten, — daß sie aber, falls sie deshalb beschwert zu sein rechtmäßige Ursache zu haben vermeinten, selbige vor dem Erzbischof zu Bremen als kaiserlichem Kommissar auszuführen hätten. Das Verfahren vor dem Kommissar hatte aber keinen Erfolg, denn der Erzbischof von Bremen hatte, weil er vorgab, mit anderen wichtigen Ge¬ schäften beladen zu sein, zur Verhandlung und Entscheidung dieser Sache zwei seiner Räthe bestellt. Das wollten sich aber wieder die Dithmarscher nicht gefallen lassen. Die 48 Regenten von Dithmarschen appellirten aber nicht blos gegen das an sie erlassene Mandat, sondern sie brachten auch eine neue Klage wegen Bruchs des Landfriedens gegen Wiebe Peters beim Reichskammergericht an. Das Reichskammergericht erließ auch die erbetene Ladung. Des ungeachtet fuhr Wiebe Peters in seinen Feindseligkeiten fort. Er rüstete mit seinem Bruder zwei Schiffe mit Büchsen und Munition aus und plünderte das Dorf Groden, führte auch Einen aus dem Dorfe gefäng- lich fort. Nun erst beschlossen die Dithmarscher Gewalt mit Gewalt zu vertreiben. Sie bemannten etliche Schiffe mit Kriegsvolk, ließen sie auf Wiebe Peters und seine Helfershelfer streifen, und gaben den Befehl, die Missethäter zu fangen und umzubringen. Diese Schiffe trafen denn auch den Wiebe Peters mit seinen Helfern aus der See. Sie jagten ihnen nach, bis die Missethäter auf Helgoland in eine alte baufällige Kirche getrieben wurden. Wiebe Peters wehrte sich mit den Seinigen, aber sie unterlagen. Wiebe Peters nebst seinem Bruder und mehrere Andere wurden im Gefecht getödtet. Die Uebrigen wurden mit Wiebes Leichnam nach Dithmarschen gebracht und zur wohlver¬ dienten Strafe gezogen. Des Wiebe Peters Haupt wurde - aber noch auf ein Rad gesetzt, wie es bei schweren Verbrechern in Dithmarschen gebräuch¬ lich war. Damit waren jedoch die beim Reichskammergericht schwebenden beiden Klagen nicht erledigt. Auch Wiebes Erben verfolgten dessen Anspruch aus

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/252>, abgerufen am 20.10.2024.