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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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worunter 71,100.000 Gulden in Napoleons. Dieser Umstand würde den
Uebergang zur Goldwährung ungemein erleichtern, wenn man das bisherige
System der Goldmünzen beibehält, die zwar bis jetzt nur Handelsartikel sind,
aber doch in den Staaten der lateinischen Münzeonvention bereits pari
mit deren Zehn- und Zwanzig-Frankenstücken cursiren. Dagegen würde
wieder für die Annahme einer der deutschen Goldkrone gleich werthigen
Goldmünze der Umstand sprechen, daß Oesterreich einen stärkeren Handelsver¬
kehr mit Deutschland als mit seinen beiden Nachbarn. Italien und der
Schweiz hat, und daß auch viel deutsches Capital in Oesterreich-Ungarn an¬
gelegt wird. Welche Entscheidung im Falle des Uebergangs zur Goldwäh¬
rung auch getroffen werden möchte -- eines ist sicher, daß man sich hüten
müßte, in den gleichen Fehler zu verfallen, der bei der Münzresorm in Deutsch¬
land.begangen worden ist. daß man die Prägearbeit mit den neuen Silber¬
münzen beginnen müßte. Da dieselben wegen ihres um ca. 10<7g geringeren
Werthes der Gefahr nicht ausgesetzt sein würden, eingeschmolzen oder aus
dem Lande geführt zu werden, so könnte die Münzreform sowie die Wieder¬
herstellung der Metallgeldzahlungen neben einander und Schritt vor Schritt
mit voller Sicherheit noch während der Herrschaft des Zwangscurses bewerk¬
stelligt werden, ohne daß der Staat seinen Credit auf einmal auf eine zu
harte Probe zu stellen braucht. Die Regierungen von Oesterreich und Un¬
garn haben nicht nöthig, früher zur Aufnahme einer Anleihe zu schreiten als
bis der Silberschatz der österreichischen Nationalbank in die Theilmünzen der
neuen Währung umgeprägt ist. Bis zu diesem Augenblicke würde der Ver¬
kehr von den Vorbereitungsmaßregeln durchaus unberührt bleiben.

Die Ausführung der Vorbereitung zur Wiederherstellung der Baarzahlung
in Gold würde am zweckmäßigsten nach dem Vorbilde Frankreichs erfolgen,
wo die Bank von Frankreich so ganz außerordentlich nützliche Dienste bei den
Operationen geleistet hat. Gerade auf solche Dienste müßte mehr oder weniger
in Oesterreich-Ungarn verzichtet werden, wenn zu einem solchen Zeitpunkt die
österreichische Nationalbank aufgehört haben würde, ein einheitliches Institut
für beide Neichshälften zu sein. Durch die Zweitheilung der Noten-Emission
würde dieses Geschäft außerordentlich erschwert werden, deshalb sehen wir in
dem Operationsplan zur Wiederherstellung der Valuta, den wir nachstehend
entwerfen, von dem Projekte der Zweitheilung ab und gehen von der Hypothese
aus, daß die einheitliche Emissionsbank in Gestalt einer österreichisch-ungarischen
Nationalbank erhalten bleibe.

Nachdem das neu zu beschließende Münzgesetz festgestellt, die Zustimmung
der Volksvertreter zur Erhebung der betreffenden, succesiven Anleihe eingeholt,
mit einem Wort alle gesetzlichen Vorbereitungen getroffen sein würden, hätte
man in aller Stille mit der UmPrägung des Metallschatzes der Nationalbank


worunter 71,100.000 Gulden in Napoleons. Dieser Umstand würde den
Uebergang zur Goldwährung ungemein erleichtern, wenn man das bisherige
System der Goldmünzen beibehält, die zwar bis jetzt nur Handelsartikel sind,
aber doch in den Staaten der lateinischen Münzeonvention bereits pari
mit deren Zehn- und Zwanzig-Frankenstücken cursiren. Dagegen würde
wieder für die Annahme einer der deutschen Goldkrone gleich werthigen
Goldmünze der Umstand sprechen, daß Oesterreich einen stärkeren Handelsver¬
kehr mit Deutschland als mit seinen beiden Nachbarn. Italien und der
Schweiz hat, und daß auch viel deutsches Capital in Oesterreich-Ungarn an¬
gelegt wird. Welche Entscheidung im Falle des Uebergangs zur Goldwäh¬
rung auch getroffen werden möchte — eines ist sicher, daß man sich hüten
müßte, in den gleichen Fehler zu verfallen, der bei der Münzresorm in Deutsch¬
land.begangen worden ist. daß man die Prägearbeit mit den neuen Silber¬
münzen beginnen müßte. Da dieselben wegen ihres um ca. 10<7g geringeren
Werthes der Gefahr nicht ausgesetzt sein würden, eingeschmolzen oder aus
dem Lande geführt zu werden, so könnte die Münzreform sowie die Wieder¬
herstellung der Metallgeldzahlungen neben einander und Schritt vor Schritt
mit voller Sicherheit noch während der Herrschaft des Zwangscurses bewerk¬
stelligt werden, ohne daß der Staat seinen Credit auf einmal auf eine zu
harte Probe zu stellen braucht. Die Regierungen von Oesterreich und Un¬
garn haben nicht nöthig, früher zur Aufnahme einer Anleihe zu schreiten als
bis der Silberschatz der österreichischen Nationalbank in die Theilmünzen der
neuen Währung umgeprägt ist. Bis zu diesem Augenblicke würde der Ver¬
kehr von den Vorbereitungsmaßregeln durchaus unberührt bleiben.

Die Ausführung der Vorbereitung zur Wiederherstellung der Baarzahlung
in Gold würde am zweckmäßigsten nach dem Vorbilde Frankreichs erfolgen,
wo die Bank von Frankreich so ganz außerordentlich nützliche Dienste bei den
Operationen geleistet hat. Gerade auf solche Dienste müßte mehr oder weniger
in Oesterreich-Ungarn verzichtet werden, wenn zu einem solchen Zeitpunkt die
österreichische Nationalbank aufgehört haben würde, ein einheitliches Institut
für beide Neichshälften zu sein. Durch die Zweitheilung der Noten-Emission
würde dieses Geschäft außerordentlich erschwert werden, deshalb sehen wir in
dem Operationsplan zur Wiederherstellung der Valuta, den wir nachstehend
entwerfen, von dem Projekte der Zweitheilung ab und gehen von der Hypothese
aus, daß die einheitliche Emissionsbank in Gestalt einer österreichisch-ungarischen
Nationalbank erhalten bleibe.

Nachdem das neu zu beschließende Münzgesetz festgestellt, die Zustimmung
der Volksvertreter zur Erhebung der betreffenden, succesiven Anleihe eingeholt,
mit einem Wort alle gesetzlichen Vorbereitungen getroffen sein würden, hätte
man in aller Stille mit der UmPrägung des Metallschatzes der Nationalbank


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/27>, abgerufen am 19.10.2024.