Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

ein ihm von Dalberg zur Beurtheilung eingesandtes dramatisches Product:
"Koraline", gelegentlich dessen nur die Äußerung interessant ist: "Ich erinnere
mich, daß vor einigen Jahren "Piramus und Thisbe" (nach dem Ita¬
lienischen) trotz Hasse's trefflicher Musik durch die Erscheinung des Löwen ver¬
unglückte."

Am 28. Mai 1782 sucht Götter Dalberg's werkthätige Theilnahme an
I. I. Engel's .Mimik" zu erwecken; am 11. Juli 1872 kündigt er dem
Neichsfreiherrn seinen Besuch an. Nachdem dieser stattgehabt, schreibt Götter
am 4. Novbr. 1782:

"Ich habe die Ehre, Eure Hochwohlgeb. hierbey die versprochenen Klei¬
nigkeiten zu übersenden. Aber freylich sind es wieder nur Bearbeitungen
französischer Stücke, von denen Eure Hochwohlgeb. in Ihrem letzten ge¬
ehrtester Schreiben das abschreckende Urtheil fällen, daß sie dem Publi¬
kum nicht so recht gefallen wollen. Wenn Sie es dessen ungeachtet
wagen wollen, eines von diesen einstudiren zu lassen, so empfehle ich vor
andern den Liebhaber ohne Nahmen. Die Komposition der dazu ge¬
hörigen Musik wird mein Freund Danzy*) gern übernehmen. Die unver¬
sehens Wettet ist, wie ich höre, ganz durchgefallen. Aber wie ist sie auch
gespielt worden? Schlimm genug daß unsre Schauspieler bey Stücken schei¬
tern, deren Wiederholung noch jedesmal die französischen Publikums entzückt.
Und bey den gegenwärtigen liegt die Schuld doch gewiß nicht in der uner¬
reichbaren Eigenthümlichkeit der Sitten oder Karaktere.

Herr Engel hat mir Hofnung gemacht, mir die Ergänzung einiger noch
fehlenden Szenen im Geisel***) zu übertragen. Entschließt er sich hierzu,
so geschieht es hauptsächlich um Euer Hochwohlgeb. Sehnsucht nach diesem
Stücke zu befriedigen."

In den nächsten Briefen tritt eine Angelegenheit in den Vordergrund,
die nicht uninteressante Streiflichter auf das Leben und Treiben bet den da¬
maligen Bühnen wirft. Es handelt sich um das Engagement des Schauspie¬
lers Leonhard, der zu Weimar, bei Bellomo's Gesellschaft, gegen ein Jahr¬
gehalt von Dreihundertfünfzig Thaler, "das doppelte Fach der ersten Lieb¬
haber bekleidete, und selbst hier, wo man die besten Muster Deutschlands ge¬
sehen , ungetheilten Beyfall -- nach Verhältniß des Ganzen versteht sich! --
erhalten hat."

Die Sache -- welche zuletzt mit Leonhard's Abgang nach Mannheim





") Franz Danzi, geb. am 15. Mai 17K3 zu Schwebingen bei Mannheim, Schüler Vogler's,
Violinvirtuos, beliebter und gefühlvoller Komponist. Er starb am 1". April 1826 zu Cnrlsruhe.
"*
) Lustspiel in 1 Akt, nach Sedainc, von Götter.
Die Geißel, bürgerliches Trauerspiel in 5 Akten von I. I. Engel. Vergl, über die
Schicksale dieses Stückes: Jörden's Lexikon deutscher Dichter. I, 4V4 fg.

ein ihm von Dalberg zur Beurtheilung eingesandtes dramatisches Product:
„Koraline", gelegentlich dessen nur die Äußerung interessant ist: „Ich erinnere
mich, daß vor einigen Jahren „Piramus und Thisbe" (nach dem Ita¬
lienischen) trotz Hasse's trefflicher Musik durch die Erscheinung des Löwen ver¬
unglückte."

Am 28. Mai 1782 sucht Götter Dalberg's werkthätige Theilnahme an
I. I. Engel's .Mimik" zu erwecken; am 11. Juli 1872 kündigt er dem
Neichsfreiherrn seinen Besuch an. Nachdem dieser stattgehabt, schreibt Götter
am 4. Novbr. 1782:

„Ich habe die Ehre, Eure Hochwohlgeb. hierbey die versprochenen Klei¬
nigkeiten zu übersenden. Aber freylich sind es wieder nur Bearbeitungen
französischer Stücke, von denen Eure Hochwohlgeb. in Ihrem letzten ge¬
ehrtester Schreiben das abschreckende Urtheil fällen, daß sie dem Publi¬
kum nicht so recht gefallen wollen. Wenn Sie es dessen ungeachtet
wagen wollen, eines von diesen einstudiren zu lassen, so empfehle ich vor
andern den Liebhaber ohne Nahmen. Die Komposition der dazu ge¬
hörigen Musik wird mein Freund Danzy*) gern übernehmen. Die unver¬
sehens Wettet ist, wie ich höre, ganz durchgefallen. Aber wie ist sie auch
gespielt worden? Schlimm genug daß unsre Schauspieler bey Stücken schei¬
tern, deren Wiederholung noch jedesmal die französischen Publikums entzückt.
Und bey den gegenwärtigen liegt die Schuld doch gewiß nicht in der uner¬
reichbaren Eigenthümlichkeit der Sitten oder Karaktere.

Herr Engel hat mir Hofnung gemacht, mir die Ergänzung einiger noch
fehlenden Szenen im Geisel***) zu übertragen. Entschließt er sich hierzu,
so geschieht es hauptsächlich um Euer Hochwohlgeb. Sehnsucht nach diesem
Stücke zu befriedigen."

In den nächsten Briefen tritt eine Angelegenheit in den Vordergrund,
die nicht uninteressante Streiflichter auf das Leben und Treiben bet den da¬
maligen Bühnen wirft. Es handelt sich um das Engagement des Schauspie¬
lers Leonhard, der zu Weimar, bei Bellomo's Gesellschaft, gegen ein Jahr¬
gehalt von Dreihundertfünfzig Thaler, „das doppelte Fach der ersten Lieb¬
haber bekleidete, und selbst hier, wo man die besten Muster Deutschlands ge¬
sehen , ungetheilten Beyfall — nach Verhältniß des Ganzen versteht sich! —
erhalten hat."

Die Sache — welche zuletzt mit Leonhard's Abgang nach Mannheim





") Franz Danzi, geb. am 15. Mai 17K3 zu Schwebingen bei Mannheim, Schüler Vogler's,
Violinvirtuos, beliebter und gefühlvoller Komponist. Er starb am 1». April 1826 zu Cnrlsruhe.
"*
) Lustspiel in 1 Akt, nach Sedainc, von Götter.
Die Geißel, bürgerliches Trauerspiel in 5 Akten von I. I. Engel. Vergl, über die
Schicksale dieses Stückes: Jörden's Lexikon deutscher Dichter. I, 4V4 fg.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0051" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/135632"/>
          <p xml:id="ID_171" prev="#ID_170"> ein ihm von Dalberg zur Beurtheilung eingesandtes dramatisches Product:<lb/>
&#x201E;Koraline", gelegentlich dessen nur die Äußerung interessant ist: &#x201E;Ich erinnere<lb/>
mich, daß vor einigen Jahren &#x201E;Piramus und Thisbe" (nach dem Ita¬<lb/>
lienischen) trotz Hasse's trefflicher Musik durch die Erscheinung des Löwen ver¬<lb/>
unglückte."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_172"> Am 28. Mai 1782 sucht Götter Dalberg's werkthätige Theilnahme an<lb/>
I. I. Engel's .Mimik" zu erwecken; am 11. Juli 1872 kündigt er dem<lb/>
Neichsfreiherrn seinen Besuch an. Nachdem dieser stattgehabt, schreibt Götter<lb/>
am 4. Novbr. 1782:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_173"> &#x201E;Ich habe die Ehre, Eure Hochwohlgeb. hierbey die versprochenen Klei¬<lb/>
nigkeiten zu übersenden. Aber freylich sind es wieder nur Bearbeitungen<lb/>
französischer Stücke, von denen Eure Hochwohlgeb. in Ihrem letzten ge¬<lb/>
ehrtester Schreiben das abschreckende Urtheil fällen, daß sie dem Publi¬<lb/>
kum nicht so recht gefallen wollen. Wenn Sie es dessen ungeachtet<lb/>
wagen wollen, eines von diesen einstudiren zu lassen, so empfehle ich vor<lb/>
andern den Liebhaber ohne Nahmen. Die Komposition der dazu ge¬<lb/>
hörigen Musik wird mein Freund Danzy*) gern übernehmen. Die unver¬<lb/>
sehens Wettet ist, wie ich höre, ganz durchgefallen. Aber wie ist sie auch<lb/>
gespielt worden? Schlimm genug daß unsre Schauspieler bey Stücken schei¬<lb/>
tern, deren Wiederholung noch jedesmal die französischen Publikums entzückt.<lb/>
Und bey den gegenwärtigen liegt die Schuld doch gewiß nicht in der uner¬<lb/>
reichbaren Eigenthümlichkeit der Sitten oder Karaktere.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_174"> Herr Engel hat mir Hofnung gemacht, mir die Ergänzung einiger noch<lb/>
fehlenden Szenen im Geisel***) zu übertragen. Entschließt er sich hierzu,<lb/>
so geschieht es hauptsächlich um Euer Hochwohlgeb. Sehnsucht nach diesem<lb/>
Stücke zu befriedigen."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_175"> In den nächsten Briefen tritt eine Angelegenheit in den Vordergrund,<lb/>
die nicht uninteressante Streiflichter auf das Leben und Treiben bet den da¬<lb/>
maligen Bühnen wirft. Es handelt sich um das Engagement des Schauspie¬<lb/>
lers Leonhard, der zu Weimar, bei Bellomo's Gesellschaft, gegen ein Jahr¬<lb/>
gehalt von Dreihundertfünfzig Thaler, &#x201E;das doppelte Fach der ersten Lieb¬<lb/>
haber bekleidete, und selbst hier, wo man die besten Muster Deutschlands ge¬<lb/>
sehen , ungetheilten Beyfall &#x2014; nach Verhältniß des Ganzen versteht sich! &#x2014;<lb/>
erhalten hat."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_176" next="#ID_177"> Die Sache &#x2014; welche zuletzt mit Leonhard's Abgang nach Mannheim</p><lb/>
          <note xml:id="FID_11" place="foot"> ") Franz Danzi, geb. am 15. Mai 17K3 zu Schwebingen bei Mannheim, Schüler Vogler's,<lb/>
Violinvirtuos, beliebter und gefühlvoller Komponist.  Er starb am 1». April 1826 zu Cnrlsruhe.<lb/>
"*</note><lb/>
          <note xml:id="FID_12" place="foot"> ) Lustspiel in 1 Akt, nach Sedainc, von Götter.</note><lb/>
          <note xml:id="FID_13" place="foot"> Die Geißel, bürgerliches Trauerspiel in 5 Akten von I. I. Engel. Vergl, über die<lb/>
Schicksale dieses Stückes: Jörden's Lexikon deutscher Dichter. I, 4V4 fg.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0051] ein ihm von Dalberg zur Beurtheilung eingesandtes dramatisches Product: „Koraline", gelegentlich dessen nur die Äußerung interessant ist: „Ich erinnere mich, daß vor einigen Jahren „Piramus und Thisbe" (nach dem Ita¬ lienischen) trotz Hasse's trefflicher Musik durch die Erscheinung des Löwen ver¬ unglückte." Am 28. Mai 1782 sucht Götter Dalberg's werkthätige Theilnahme an I. I. Engel's .Mimik" zu erwecken; am 11. Juli 1872 kündigt er dem Neichsfreiherrn seinen Besuch an. Nachdem dieser stattgehabt, schreibt Götter am 4. Novbr. 1782: „Ich habe die Ehre, Eure Hochwohlgeb. hierbey die versprochenen Klei¬ nigkeiten zu übersenden. Aber freylich sind es wieder nur Bearbeitungen französischer Stücke, von denen Eure Hochwohlgeb. in Ihrem letzten ge¬ ehrtester Schreiben das abschreckende Urtheil fällen, daß sie dem Publi¬ kum nicht so recht gefallen wollen. Wenn Sie es dessen ungeachtet wagen wollen, eines von diesen einstudiren zu lassen, so empfehle ich vor andern den Liebhaber ohne Nahmen. Die Komposition der dazu ge¬ hörigen Musik wird mein Freund Danzy*) gern übernehmen. Die unver¬ sehens Wettet ist, wie ich höre, ganz durchgefallen. Aber wie ist sie auch gespielt worden? Schlimm genug daß unsre Schauspieler bey Stücken schei¬ tern, deren Wiederholung noch jedesmal die französischen Publikums entzückt. Und bey den gegenwärtigen liegt die Schuld doch gewiß nicht in der uner¬ reichbaren Eigenthümlichkeit der Sitten oder Karaktere. Herr Engel hat mir Hofnung gemacht, mir die Ergänzung einiger noch fehlenden Szenen im Geisel***) zu übertragen. Entschließt er sich hierzu, so geschieht es hauptsächlich um Euer Hochwohlgeb. Sehnsucht nach diesem Stücke zu befriedigen." In den nächsten Briefen tritt eine Angelegenheit in den Vordergrund, die nicht uninteressante Streiflichter auf das Leben und Treiben bet den da¬ maligen Bühnen wirft. Es handelt sich um das Engagement des Schauspie¬ lers Leonhard, der zu Weimar, bei Bellomo's Gesellschaft, gegen ein Jahr¬ gehalt von Dreihundertfünfzig Thaler, „das doppelte Fach der ersten Lieb¬ haber bekleidete, und selbst hier, wo man die besten Muster Deutschlands ge¬ sehen , ungetheilten Beyfall — nach Verhältniß des Ganzen versteht sich! — erhalten hat." Die Sache — welche zuletzt mit Leonhard's Abgang nach Mannheim ") Franz Danzi, geb. am 15. Mai 17K3 zu Schwebingen bei Mannheim, Schüler Vogler's, Violinvirtuos, beliebter und gefühlvoller Komponist. Er starb am 1». April 1826 zu Cnrlsruhe. "* ) Lustspiel in 1 Akt, nach Sedainc, von Götter. Die Geißel, bürgerliches Trauerspiel in 5 Akten von I. I. Engel. Vergl, über die Schicksale dieses Stückes: Jörden's Lexikon deutscher Dichter. I, 4V4 fg.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/51
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/51>, abgerufen am 24.11.2024.