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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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Götter, welcher sich ins Mittel legte. Aus Gotha vom 2. August 1779
schreibt er an Dalberg:

"Herr Seyler*) wird Euer Hochwohlgeb. einige Bedenklichkeiten vor.
stellen, welche, nach meiner geringen Einsicht, dem Vorschlage, die Schulden
der von hier nach Mannheim berufenen Schauspieler vor der Hand durch
Anweisungen zu befriedigen, entgegen stehen. So begreiflich mir auch Euer
Hochwohlgeb. Befremden über die im Ganzen übergroße Summe der gebetenen
Vorschüsse ist, so wage ichs doch, den Bittenden um so mehr das Wort zu
"den, da einestheils verschiedene unter ihnen erst hier ihre Theaterlaufbahn
angefangen haben, mithin sich bis jetzt mit kleiner Gage behelfen müssen,
andernrheils aber alle durch die unvermuthete Abdankung des Hoftheaters
überrascht und in ihrem frommen Vorsatz, ihre Schulden binnen der Jahre,
auf die sie vermöge Kontrakts rechnen durften, zu tilgen, gestört worden sind.
Die Erfahrung der gegenwärtigen Verlegenheit wird ihnen die beste Wirth¬
schaftslektion auf die Zukunft, so wie Euer Hochwohlgeb. großmüthige Unter¬
stützung der stärkste Antrieb zu aufmerksamerer Erfüllung ihrer übrigen Pflich¬
ten seyn.

Auch wegen der Vorkehrungen zum Transporte der Herren und Damen
habe ich Herrn Seyler die nöthige Auskunft gegeben.

Es bleibt mir also nur noch übrig, Ihnen, in Ansehung des Prologs,
dessen Sie in Ihrem vorletzten geehrtester Schreiben vom 16. des vor. Mon.
gedenken, die Unmöglichkeit zu betheuern, mich dieses Auftrags zu unterziehen.
Euer Hochwohlgeb. Freyheit im Denken muthigt mich, Ihnen aufrichtig zu
bekennen, daß ich überhaupt dergleichen Ueberbleibsel deutscher Pedanterey
eines Theaters unwürdig achte, von welchem man den kräftigsten Einfluß
auf die Ausbreitung und Verfeinerung des Geschmacks mit Recht erwartet."

Die "Transportfrage" war bei der Unbehilflichkeit der damaligen Ver¬
kehrsmittel allerdings sehr wichtig -- im nächsten Briefe Götter's (vom
26. Septbr. 1779. aus Gotha) werden wir sie noch einmal auftauchen sehen.
Bemerkenswerth ist auch Götter's Ansicht über einen, offenbar von Dalberg
bei ihm bestellten "Prolog zur Eröffnung der Mannheimer Schaubühne",
Worin er eine zopfige Einrichtung erblickte. Dalberg schloß sich dieser Meinung
an und ließ zum Beginn der Vorstellungen (7. October 1779) keine Antritts-
rede halten.

Pünktlich waren die neu verschriebenen Mitglieder eingetroffen; Götter
meldet:

"Der Schluß des Hoftheaters war schon auf den 27. dieses festgesetzt,
als ich die Ehre hatte Euer Hochwohlgeb. Schreiben vom 9. zu erhalten.



') Abel Seyler, der dirigirendc Regisseur des Mannheimer Theaters.

Götter, welcher sich ins Mittel legte. Aus Gotha vom 2. August 1779
schreibt er an Dalberg:

„Herr Seyler*) wird Euer Hochwohlgeb. einige Bedenklichkeiten vor.
stellen, welche, nach meiner geringen Einsicht, dem Vorschlage, die Schulden
der von hier nach Mannheim berufenen Schauspieler vor der Hand durch
Anweisungen zu befriedigen, entgegen stehen. So begreiflich mir auch Euer
Hochwohlgeb. Befremden über die im Ganzen übergroße Summe der gebetenen
Vorschüsse ist, so wage ichs doch, den Bittenden um so mehr das Wort zu
«den, da einestheils verschiedene unter ihnen erst hier ihre Theaterlaufbahn
angefangen haben, mithin sich bis jetzt mit kleiner Gage behelfen müssen,
andernrheils aber alle durch die unvermuthete Abdankung des Hoftheaters
überrascht und in ihrem frommen Vorsatz, ihre Schulden binnen der Jahre,
auf die sie vermöge Kontrakts rechnen durften, zu tilgen, gestört worden sind.
Die Erfahrung der gegenwärtigen Verlegenheit wird ihnen die beste Wirth¬
schaftslektion auf die Zukunft, so wie Euer Hochwohlgeb. großmüthige Unter¬
stützung der stärkste Antrieb zu aufmerksamerer Erfüllung ihrer übrigen Pflich¬
ten seyn.

Auch wegen der Vorkehrungen zum Transporte der Herren und Damen
habe ich Herrn Seyler die nöthige Auskunft gegeben.

Es bleibt mir also nur noch übrig, Ihnen, in Ansehung des Prologs,
dessen Sie in Ihrem vorletzten geehrtester Schreiben vom 16. des vor. Mon.
gedenken, die Unmöglichkeit zu betheuern, mich dieses Auftrags zu unterziehen.
Euer Hochwohlgeb. Freyheit im Denken muthigt mich, Ihnen aufrichtig zu
bekennen, daß ich überhaupt dergleichen Ueberbleibsel deutscher Pedanterey
eines Theaters unwürdig achte, von welchem man den kräftigsten Einfluß
auf die Ausbreitung und Verfeinerung des Geschmacks mit Recht erwartet."

Die „Transportfrage" war bei der Unbehilflichkeit der damaligen Ver¬
kehrsmittel allerdings sehr wichtig — im nächsten Briefe Götter's (vom
26. Septbr. 1779. aus Gotha) werden wir sie noch einmal auftauchen sehen.
Bemerkenswerth ist auch Götter's Ansicht über einen, offenbar von Dalberg
bei ihm bestellten „Prolog zur Eröffnung der Mannheimer Schaubühne",
Worin er eine zopfige Einrichtung erblickte. Dalberg schloß sich dieser Meinung
an und ließ zum Beginn der Vorstellungen (7. October 1779) keine Antritts-
rede halten.

Pünktlich waren die neu verschriebenen Mitglieder eingetroffen; Götter
meldet:

„Der Schluß des Hoftheaters war schon auf den 27. dieses festgesetzt,
als ich die Ehre hatte Euer Hochwohlgeb. Schreiben vom 9. zu erhalten.



') Abel Seyler, der dirigirendc Regisseur des Mannheimer Theaters.
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[0047] Götter, welcher sich ins Mittel legte. Aus Gotha vom 2. August 1779 schreibt er an Dalberg: „Herr Seyler*) wird Euer Hochwohlgeb. einige Bedenklichkeiten vor. stellen, welche, nach meiner geringen Einsicht, dem Vorschlage, die Schulden der von hier nach Mannheim berufenen Schauspieler vor der Hand durch Anweisungen zu befriedigen, entgegen stehen. So begreiflich mir auch Euer Hochwohlgeb. Befremden über die im Ganzen übergroße Summe der gebetenen Vorschüsse ist, so wage ichs doch, den Bittenden um so mehr das Wort zu «den, da einestheils verschiedene unter ihnen erst hier ihre Theaterlaufbahn angefangen haben, mithin sich bis jetzt mit kleiner Gage behelfen müssen, andernrheils aber alle durch die unvermuthete Abdankung des Hoftheaters überrascht und in ihrem frommen Vorsatz, ihre Schulden binnen der Jahre, auf die sie vermöge Kontrakts rechnen durften, zu tilgen, gestört worden sind. Die Erfahrung der gegenwärtigen Verlegenheit wird ihnen die beste Wirth¬ schaftslektion auf die Zukunft, so wie Euer Hochwohlgeb. großmüthige Unter¬ stützung der stärkste Antrieb zu aufmerksamerer Erfüllung ihrer übrigen Pflich¬ ten seyn. Auch wegen der Vorkehrungen zum Transporte der Herren und Damen habe ich Herrn Seyler die nöthige Auskunft gegeben. Es bleibt mir also nur noch übrig, Ihnen, in Ansehung des Prologs, dessen Sie in Ihrem vorletzten geehrtester Schreiben vom 16. des vor. Mon. gedenken, die Unmöglichkeit zu betheuern, mich dieses Auftrags zu unterziehen. Euer Hochwohlgeb. Freyheit im Denken muthigt mich, Ihnen aufrichtig zu bekennen, daß ich überhaupt dergleichen Ueberbleibsel deutscher Pedanterey eines Theaters unwürdig achte, von welchem man den kräftigsten Einfluß auf die Ausbreitung und Verfeinerung des Geschmacks mit Recht erwartet." Die „Transportfrage" war bei der Unbehilflichkeit der damaligen Ver¬ kehrsmittel allerdings sehr wichtig — im nächsten Briefe Götter's (vom 26. Septbr. 1779. aus Gotha) werden wir sie noch einmal auftauchen sehen. Bemerkenswerth ist auch Götter's Ansicht über einen, offenbar von Dalberg bei ihm bestellten „Prolog zur Eröffnung der Mannheimer Schaubühne", Worin er eine zopfige Einrichtung erblickte. Dalberg schloß sich dieser Meinung an und ließ zum Beginn der Vorstellungen (7. October 1779) keine Antritts- rede halten. Pünktlich waren die neu verschriebenen Mitglieder eingetroffen; Götter meldet: „Der Schluß des Hoftheaters war schon auf den 27. dieses festgesetzt, als ich die Ehre hatte Euer Hochwohlgeb. Schreiben vom 9. zu erhalten. ') Abel Seyler, der dirigirendc Regisseur des Mannheimer Theaters.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/47>, abgerufen am 23.11.2024.