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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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Statt sich aus allen Kräften mit der Abfassung organischer Gesetze, die
dem Gemeinwohls nützen, zu beschäftigen, wird der Kongreß, namentlich das
Repräsentantenhaus, nicht müde, widerwärtige Parteizänkereien in Scene zu
sitzen. Wie Mitte Januar d. I. bei der Amnestie-Debatte die Demokraten
Randall, Cox und Hill mit dem Republikaner Blaine, der übrigens zu den
hervorragendsten Präsidentschaftskandidaten gehört, an einander geriethen und
Cox Herrn Blaine sogar mit dem Titel "Hyäne" beehrte, so trafen in der
Sitzung des Repräsententenhauses vom 29. Februar d. I. der Republikaner
George F. Hoar von Massachusetts und der eben erwähnte Benjamin Hill
von Georg!" in der heftigsten Weise auf einander. Herr Hill, früherer
Rebellengeneral, warf der republikanischen Partei Unbeständigkeit vor und be¬
hauptete, die Seeessionsideen seien nicht im Süden der Union, sondern in
Neu-England entstanden, worauf Herr Hoar bitter entgegnete, daß Leute, die
in einem andern Lande wahrscheinlich "an den Galgen gehängt (^iddetc-ä)
worden wären", nun, da sie wieder zu einem Sitze im Kongresse zugelassen
seien, sich doch bescheidener betragen sollten u. s. w.

Am 13. März d. I. stellten die Republikaner im Repräsentantenhaus?
des Kongresses den Antrag, zu erklären, daß das Volk der Vereinigten Staa¬
ten eine Nation und keinen bloßen Staatenbund bilde; daß die nationale
Regierung nicht anders abzuschaffen sei, als durch einen gesetzmäßigen Be¬
schluß des ganzen Volkes; daß es keinem Einzelstaate zustehe, über die Ver¬
fassungsmäßigkeit von Kongreßgesetzen zu urtheilen oder solche gar für
nichtig zu erklären; endlich, daß Abfall von der Union oder Aufstand gegen
dieselbe als Bundesverrath zu bestrafen sei. Diese Resolution fiel trotz der
einfachen Mehrheit von 94 gegen 72 Stimmen durch, da die erforderliche
Zwei-Drittel-Mehrheit nicht erreicht war; die Demokraten aus dem Norden
der Union hatten sich der Abstimmung enthalten. Nun brachten die Demo¬
kraten folgenden Antrag ein: Die Regierung der Vereinigten Staaten bildet
einen Staatenbund (a, tLÜei-g.1 Union) mit verfassungsmäßig festgestellten
Machtbefugnissen; die Regierungen der einzelnen Staaten sind innerhalb ihrer
Grenzen schlechterdings nothwendig zur Erhaltung der Freiheit; die Lehre
vom erlaubten Abfall von der Union streitet gegen die Vorstellung der dauern¬
den Vereinigung aller Unionsstaaten und ist durch den Secessionskrieg als
für immer abgethan zu betrachten. Gegen diesen, die Union in der Theorie
aufrecht erhaltenden Antrag erhob sich Herr Blaine; derselbe wurde jedoch mit
150 gegen 42 Stimmen angenommen. Von einem großen praktischen Werthe
ist dieser Antrag eigentlich nicht; er ist auch im Grunde wohl nur mit Hin.
blick auf die kommende Präsidentenwahl gestellt worden.

Kürzlich brachten verschiedene amerikanische Blätter die Nachricht, daß die
Handelskammer zu New-York sich für denPapiergeldschwindelerklärthabe.


Statt sich aus allen Kräften mit der Abfassung organischer Gesetze, die
dem Gemeinwohls nützen, zu beschäftigen, wird der Kongreß, namentlich das
Repräsentantenhaus, nicht müde, widerwärtige Parteizänkereien in Scene zu
sitzen. Wie Mitte Januar d. I. bei der Amnestie-Debatte die Demokraten
Randall, Cox und Hill mit dem Republikaner Blaine, der übrigens zu den
hervorragendsten Präsidentschaftskandidaten gehört, an einander geriethen und
Cox Herrn Blaine sogar mit dem Titel „Hyäne" beehrte, so trafen in der
Sitzung des Repräsententenhauses vom 29. Februar d. I. der Republikaner
George F. Hoar von Massachusetts und der eben erwähnte Benjamin Hill
von Georg!« in der heftigsten Weise auf einander. Herr Hill, früherer
Rebellengeneral, warf der republikanischen Partei Unbeständigkeit vor und be¬
hauptete, die Seeessionsideen seien nicht im Süden der Union, sondern in
Neu-England entstanden, worauf Herr Hoar bitter entgegnete, daß Leute, die
in einem andern Lande wahrscheinlich „an den Galgen gehängt (^iddetc-ä)
worden wären", nun, da sie wieder zu einem Sitze im Kongresse zugelassen
seien, sich doch bescheidener betragen sollten u. s. w.

Am 13. März d. I. stellten die Republikaner im Repräsentantenhaus?
des Kongresses den Antrag, zu erklären, daß das Volk der Vereinigten Staa¬
ten eine Nation und keinen bloßen Staatenbund bilde; daß die nationale
Regierung nicht anders abzuschaffen sei, als durch einen gesetzmäßigen Be¬
schluß des ganzen Volkes; daß es keinem Einzelstaate zustehe, über die Ver¬
fassungsmäßigkeit von Kongreßgesetzen zu urtheilen oder solche gar für
nichtig zu erklären; endlich, daß Abfall von der Union oder Aufstand gegen
dieselbe als Bundesverrath zu bestrafen sei. Diese Resolution fiel trotz der
einfachen Mehrheit von 94 gegen 72 Stimmen durch, da die erforderliche
Zwei-Drittel-Mehrheit nicht erreicht war; die Demokraten aus dem Norden
der Union hatten sich der Abstimmung enthalten. Nun brachten die Demo¬
kraten folgenden Antrag ein: Die Regierung der Vereinigten Staaten bildet
einen Staatenbund (a, tLÜei-g.1 Union) mit verfassungsmäßig festgestellten
Machtbefugnissen; die Regierungen der einzelnen Staaten sind innerhalb ihrer
Grenzen schlechterdings nothwendig zur Erhaltung der Freiheit; die Lehre
vom erlaubten Abfall von der Union streitet gegen die Vorstellung der dauern¬
den Vereinigung aller Unionsstaaten und ist durch den Secessionskrieg als
für immer abgethan zu betrachten. Gegen diesen, die Union in der Theorie
aufrecht erhaltenden Antrag erhob sich Herr Blaine; derselbe wurde jedoch mit
150 gegen 42 Stimmen angenommen. Von einem großen praktischen Werthe
ist dieser Antrag eigentlich nicht; er ist auch im Grunde wohl nur mit Hin.
blick auf die kommende Präsidentenwahl gestellt worden.

Kürzlich brachten verschiedene amerikanische Blätter die Nachricht, daß die
Handelskammer zu New-York sich für denPapiergeldschwindelerklärthabe.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/36>, abgerufen am 27.07.2024.