Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.die Bedingungen zum Eintritt in den höheren Verwaltungsdienst. Der Re¬ Am 19. Mai wurden die erwähnten Eisenbahnvorlagen in dritter Le¬ Am 20. Mai wurde ein Gesetz über die Verwaltung der Gemeinde- die Bedingungen zum Eintritt in den höheren Verwaltungsdienst. Der Re¬ Am 19. Mai wurden die erwähnten Eisenbahnvorlagen in dritter Le¬ Am 20. Mai wurde ein Gesetz über die Verwaltung der Gemeinde- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0359" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/135940"/> <p xml:id="ID_1188" prev="#ID_1187"> die Bedingungen zum Eintritt in den höheren Verwaltungsdienst. Der Re¬<lb/> gierungsentwurf wollte zwei Prüfungen einführen, eine juristische und später<lb/> eine staatswissenschaftliche. Die Commission wollte die erste Prüfung für<lb/> den Justiz- und Verwaltungsdienst einheitlich gestalten und in dieselbe be¬<lb/> reits die Forderung Volks- und staatswirthschastltcher Kenntnisse aufnehmen.<lb/> Diese Commissionsvorschläge wurden mit Recht, namentlich von Gneist be¬<lb/> kämpft. Das akademische Triennium reicht nicht einmal aus für die mehr<lb/> als scheinbare Erwerbung der zur Prüfung erforderlichen juristischen Kennt¬<lb/> nisse. Werden auch noch Volks- und staatswirthschaftliche Kenntnisse unter<lb/> die Prüfungsgegenstände aufgenommen, so ist die einzig mögliche Folge die<lb/> totale Verflachung des Examens. Denn die Examinatoren gelangen dahin,<lb/> vorauszusetzen, daß kein Examinant den gestellten Forderungen ernstlich Ge¬<lb/> nüge leisten kann, außerdem sind aber die Examinatoren, auch wenn sie<lb/> wollten, nicht im Stande, ein so umfangreiches Prüfungsgebiet in den der<lb/> Prüfungszeit gesteckten Grenzen gehörig zu sondiren; drittens endlich giebt<lb/> es gar keine Examinatoren, welche auch nur die Hälfte dieses Gebiets,<lb/> nämlich Staats- und Volkswirthschaft einheitlich beherrschen. Das Haus<lb/> entschied sich nun zwar nicht für den Commissionsvorschlag, aber für einen<lb/> ähnlichen, als Verbesserung eingebrachten Antrag. Nach letzterem soll die<lb/> erste Prüfung zwei Theile umfassen, einen juristischen und einen staatswissen¬<lb/> schaftlicher und der zweite Theil soll facultativ entweder beim Universitätsab¬<lb/> gang oder während der Vorbereitungszeit bei den Gerichtsbehörden, für deren<lb/> Antritt der erste Theil der Prüfung bereits bestanden sein muß, abgelegt<lb/> werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1189"> Am 19. Mai wurden die erwähnten Eisenbahnvorlagen in dritter Le¬<lb/> sung berathen, alsdann die Einzelberathung über die Bedingungen zum Ein¬<lb/> tritt in den höheren Verwaltungsdienst fortgesetzt. In dieser Sitzung han¬<lb/> delte es sich um die Frage, ob die zweite Prüfung zur Befähigung für den<lb/> höheren Verwaltungsdienst auch von den Landräthen gefordert werden soll.<lb/> Die Regierungsvorlage enthielt diese Forderung nicht, die in Preußen bisher<lb/> nicht üblich war. Die Commission aber will die Candidaten des Landraths¬<lb/> amtes den Prüfungen für die höheren Verwaltungsbeamten unterwerfen.<lb/> Das Haus nahm den Commissionsbeschluß an; ob derselbe aber im Herren¬<lb/> haus stehen bleibt, zumal da er auch von der Regierung bekämpft wurde, ist sehr<lb/> Zweifelhaft. Unsererseits halten wir den gefaßten Beschluß nicht für richtig,<lb/> wollen die Frage aber erst erörtern, wenn sie wiederholt zur Sprache kommt<lb/> und zwar mit besserem Eingehen, als in der Sitzung, über welche wir heute<lb/> berichten. Die Frage scheint eine technische, hat aber eine sehr bedeutungs¬<lb/> volle politische Seite.</p><lb/> <p xml:id="ID_1190" next="#ID_1191"> Am 20. Mai wurde ein Gesetz über die Verwaltung der Gemeinde-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0359]
die Bedingungen zum Eintritt in den höheren Verwaltungsdienst. Der Re¬
gierungsentwurf wollte zwei Prüfungen einführen, eine juristische und später
eine staatswissenschaftliche. Die Commission wollte die erste Prüfung für
den Justiz- und Verwaltungsdienst einheitlich gestalten und in dieselbe be¬
reits die Forderung Volks- und staatswirthschastltcher Kenntnisse aufnehmen.
Diese Commissionsvorschläge wurden mit Recht, namentlich von Gneist be¬
kämpft. Das akademische Triennium reicht nicht einmal aus für die mehr
als scheinbare Erwerbung der zur Prüfung erforderlichen juristischen Kennt¬
nisse. Werden auch noch Volks- und staatswirthschaftliche Kenntnisse unter
die Prüfungsgegenstände aufgenommen, so ist die einzig mögliche Folge die
totale Verflachung des Examens. Denn die Examinatoren gelangen dahin,
vorauszusetzen, daß kein Examinant den gestellten Forderungen ernstlich Ge¬
nüge leisten kann, außerdem sind aber die Examinatoren, auch wenn sie
wollten, nicht im Stande, ein so umfangreiches Prüfungsgebiet in den der
Prüfungszeit gesteckten Grenzen gehörig zu sondiren; drittens endlich giebt
es gar keine Examinatoren, welche auch nur die Hälfte dieses Gebiets,
nämlich Staats- und Volkswirthschaft einheitlich beherrschen. Das Haus
entschied sich nun zwar nicht für den Commissionsvorschlag, aber für einen
ähnlichen, als Verbesserung eingebrachten Antrag. Nach letzterem soll die
erste Prüfung zwei Theile umfassen, einen juristischen und einen staatswissen¬
schaftlicher und der zweite Theil soll facultativ entweder beim Universitätsab¬
gang oder während der Vorbereitungszeit bei den Gerichtsbehörden, für deren
Antritt der erste Theil der Prüfung bereits bestanden sein muß, abgelegt
werden.
Am 19. Mai wurden die erwähnten Eisenbahnvorlagen in dritter Le¬
sung berathen, alsdann die Einzelberathung über die Bedingungen zum Ein¬
tritt in den höheren Verwaltungsdienst fortgesetzt. In dieser Sitzung han¬
delte es sich um die Frage, ob die zweite Prüfung zur Befähigung für den
höheren Verwaltungsdienst auch von den Landräthen gefordert werden soll.
Die Regierungsvorlage enthielt diese Forderung nicht, die in Preußen bisher
nicht üblich war. Die Commission aber will die Candidaten des Landraths¬
amtes den Prüfungen für die höheren Verwaltungsbeamten unterwerfen.
Das Haus nahm den Commissionsbeschluß an; ob derselbe aber im Herren¬
haus stehen bleibt, zumal da er auch von der Regierung bekämpft wurde, ist sehr
Zweifelhaft. Unsererseits halten wir den gefaßten Beschluß nicht für richtig,
wollen die Frage aber erst erörtern, wenn sie wiederholt zur Sprache kommt
und zwar mit besserem Eingehen, als in der Sitzung, über welche wir heute
berichten. Die Frage scheint eine technische, hat aber eine sehr bedeutungs¬
volle politische Seite.
Am 20. Mai wurde ein Gesetz über die Verwaltung der Gemeinde-
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