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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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Schön's Denkwürdigkeiten und Verwandtes.
Dritter Artikel*).

Bekanntlich erschien im Frühjahre 1875 ein Band von Denkwürdigkeiten
und Papieren aus dem Nachlasse des Staatsministers von Schön, der damals
ZU lebhaften Verhandlungen Anlaß gegeben. In einem Urtheile waren
freilich alle Kritiker einig: einstimmigen harten Tadel sprachen alle aus über
^>e ganz ungenügende und kopflose Art und Weise der Herausgabe. Einer
der Freunde und Vertheidiger Schön's bezeichnete die Auswahl der abge¬
druckten Stücke als "thöricht"; ein Mitglied der Familie Schön's glaubte
^lbst öffentlich die von seinen Verwandten unternommene Publikation aus
diesem Grunde rügen zu sollen; ein begeisterter demokratischer Verehrer Schön's
stimmte laute Klage darüber an, daß der gläubigen Gemeinde der Schönan-
beter die Vertheidigung ihres Heiligen gegen die Angriffe historischer Kritik
durch den Herausgeber erschwert oder unmöglich gemacht würde. Bei meinen
früheren Aeußerungen in der Frage erlaubte ich mir dem Wunsche Ausdruck
W geben, daß die Familie die Fortsetzung ihres Unternehmens einem wissen¬
schaftlich gebildeten Fachhistoriker übertragen möge: ebensowohl Pietätsrück-
stchten auf das Andenken Schön's als die Interessen der historischen Wissen¬
schaft würden eine solche Maßregel empfehlen. Alles war vergebens. Der
gegenwärtige Herausgeber beharrt bei seinem Verfahren. Der zweite Band,
der vor Kurzem ausgegeben ist*"'), trägt denselben Charakter historischer Un¬
wissenheit und literarischer Ungeschicklichkeit an sich. Wiederum haben wir
ZU bedauern, daß das historisch wichtige Quellenmaterial, über das augen¬
scheinlich Schön's Familie verfügt, so jammervoll zugerichtet und so planlos
^U die Oeffentlichkeit hinausgeworfen wird.

Der zweite Band bringt eine neue Reihe von Anlagen zu der im ersten




") Vgl, Ur. 18 vom 30. April und Ur. 26 vom 25. Juni 1875. (S. 161--168, 484--498.)
Aus den Papieren des Ministers und Burggrafen von Manenburg Theodor von
Schön. Anhang zum ersten Theil. Zweiter Band. Berlin, Verlag von F. Duncker 1876.
Grenzboten II. 1876. 31
Schön's Denkwürdigkeiten und Verwandtes.
Dritter Artikel*).

Bekanntlich erschien im Frühjahre 1875 ein Band von Denkwürdigkeiten
und Papieren aus dem Nachlasse des Staatsministers von Schön, der damals
ZU lebhaften Verhandlungen Anlaß gegeben. In einem Urtheile waren
freilich alle Kritiker einig: einstimmigen harten Tadel sprachen alle aus über
^>e ganz ungenügende und kopflose Art und Weise der Herausgabe. Einer
der Freunde und Vertheidiger Schön's bezeichnete die Auswahl der abge¬
druckten Stücke als „thöricht"; ein Mitglied der Familie Schön's glaubte
^lbst öffentlich die von seinen Verwandten unternommene Publikation aus
diesem Grunde rügen zu sollen; ein begeisterter demokratischer Verehrer Schön's
stimmte laute Klage darüber an, daß der gläubigen Gemeinde der Schönan-
beter die Vertheidigung ihres Heiligen gegen die Angriffe historischer Kritik
durch den Herausgeber erschwert oder unmöglich gemacht würde. Bei meinen
früheren Aeußerungen in der Frage erlaubte ich mir dem Wunsche Ausdruck
W geben, daß die Familie die Fortsetzung ihres Unternehmens einem wissen¬
schaftlich gebildeten Fachhistoriker übertragen möge: ebensowohl Pietätsrück-
stchten auf das Andenken Schön's als die Interessen der historischen Wissen¬
schaft würden eine solche Maßregel empfehlen. Alles war vergebens. Der
gegenwärtige Herausgeber beharrt bei seinem Verfahren. Der zweite Band,
der vor Kurzem ausgegeben ist*"'), trägt denselben Charakter historischer Un¬
wissenheit und literarischer Ungeschicklichkeit an sich. Wiederum haben wir
ZU bedauern, daß das historisch wichtige Quellenmaterial, über das augen¬
scheinlich Schön's Familie verfügt, so jammervoll zugerichtet und so planlos
^U die Oeffentlichkeit hinausgeworfen wird.

Der zweite Band bringt eine neue Reihe von Anlagen zu der im ersten




") Vgl, Ur. 18 vom 30. April und Ur. 26 vom 25. Juni 1875. (S. 161—168, 484—498.)
Aus den Papieren des Ministers und Burggrafen von Manenburg Theodor von
Schön. Anhang zum ersten Theil. Zweiter Band. Berlin, Verlag von F. Duncker 1876.
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[0245] Schön's Denkwürdigkeiten und Verwandtes. Dritter Artikel*). Bekanntlich erschien im Frühjahre 1875 ein Band von Denkwürdigkeiten und Papieren aus dem Nachlasse des Staatsministers von Schön, der damals ZU lebhaften Verhandlungen Anlaß gegeben. In einem Urtheile waren freilich alle Kritiker einig: einstimmigen harten Tadel sprachen alle aus über ^>e ganz ungenügende und kopflose Art und Weise der Herausgabe. Einer der Freunde und Vertheidiger Schön's bezeichnete die Auswahl der abge¬ druckten Stücke als „thöricht"; ein Mitglied der Familie Schön's glaubte ^lbst öffentlich die von seinen Verwandten unternommene Publikation aus diesem Grunde rügen zu sollen; ein begeisterter demokratischer Verehrer Schön's stimmte laute Klage darüber an, daß der gläubigen Gemeinde der Schönan- beter die Vertheidigung ihres Heiligen gegen die Angriffe historischer Kritik durch den Herausgeber erschwert oder unmöglich gemacht würde. Bei meinen früheren Aeußerungen in der Frage erlaubte ich mir dem Wunsche Ausdruck W geben, daß die Familie die Fortsetzung ihres Unternehmens einem wissen¬ schaftlich gebildeten Fachhistoriker übertragen möge: ebensowohl Pietätsrück- stchten auf das Andenken Schön's als die Interessen der historischen Wissen¬ schaft würden eine solche Maßregel empfehlen. Alles war vergebens. Der gegenwärtige Herausgeber beharrt bei seinem Verfahren. Der zweite Band, der vor Kurzem ausgegeben ist*"'), trägt denselben Charakter historischer Un¬ wissenheit und literarischer Ungeschicklichkeit an sich. Wiederum haben wir ZU bedauern, daß das historisch wichtige Quellenmaterial, über das augen¬ scheinlich Schön's Familie verfügt, so jammervoll zugerichtet und so planlos ^U die Oeffentlichkeit hinausgeworfen wird. Der zweite Band bringt eine neue Reihe von Anlagen zu der im ersten ") Vgl, Ur. 18 vom 30. April und Ur. 26 vom 25. Juni 1875. (S. 161—168, 484—498.) Aus den Papieren des Ministers und Burggrafen von Manenburg Theodor von Schön. Anhang zum ersten Theil. Zweiter Band. Berlin, Verlag von F. Duncker 1876. Grenzboten II. 1876. 31

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/245>, abgerufen am 27.11.2024.