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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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Schulen oder öffentlichen Schulen (publie seliools), welche, trotz aller ihnen
anhaftenden Mängel, mit Recht in den Vereinigten Staaten als die Basis
der bürgerlichen Freiheit betrachtet werden, wonach die Ultramontanen ver¬
langend ihre Hände ausstrecken. Da sie sich nun vollständig bewußt sind,
daß sie von diesen Schulen nicht so ohne Weiteres Besitz nehmen können, so
versäumen sie keine Gelegenheit, in das System derselben wenigstens ein Loch
zu bohren, durch welches sie, wenn Zeit und Umstände es erlauben, in die
Schulen selbst einziehen können.

Ein schlagendes Beispiel nun von der Verwegenheit, mit welcher der
Ultramontanismus in der angedeuteten Richtung vorangeht, ist kürzlich von
dem katholischen Bischof von C o l o r a d o, jenem Territorium der Vereinigten
Staaten, welches durch Kongreßbeschluß das Recht erhalten hat, als Staat
in die Union einzutreten, geliefert worden. Eine ausführliche Beschreibung
des kecken Auftretens dieses Kirchenfürsten giebt ein Artikel des "Colorado
Journals", welcher "der Kulturkampf in Colorado" betitelt ist und dem wir
nachstehende Einzelheiten entnehmen:

"Wir Katholiken und Bürger", so beginnt die Einleitung einer Eingabe
des Bischofs Machebeuf an die Verfassungs-Convention von Colorado, worin
er das Verlangen ausspricht, daß der für die öffentlichen Schulen seitens des
Staates bestimmte Fond theilweise an katholische Parochialschulen bewilligt
werden soll. Mit diesem Verlangen hat der genannte Bischof, als Haupt
seiner Kirche in Colorado, daselbst den Kulturkampf begonnen und die
dortigen Vertreter der freisinnigen Ideen und der staatlichen Rechte haben
den ihnen hingeworfenen Fehdehandschuh aufgenommen, allem Anscheine nach
bis jetzt mit siegreichem Erfolge. Der erste Schritt, den die Mitglieder der
Verfassungs-Convention von Colorado, in der auch mehrere Deutsch-Ameri¬
kaner sitzen, in Bezug auf die erwähnte bischöfliche Eingabe thaten, bestand
darin, daß sie Proteste in Umlauf setzten gegen das Verlangen des Bischofs
und seiner ultramontanen Anhänger, die in erster Reihe Katholiken und dann
erst Bürger sein wollten. In dem kurzen Zeitraum von einer Woche liefen
Zehn zahlreich unterzeichnete Proteste gegen das Vorangehen des Herrn Mache¬
beuf und Genossen bei der Verfassungs-Convention ein. Die Mitglieder dieser
Convention, die vielleicht die Erledigung der fatalen Frage aus verschiedenen
Gründen der nächsten Legislatur von Colorado überlassen haben würden, wie
dies thatsächlich von einem englisch-amerikanischen Blatte empfohlen wurde,
fühlten sich aber gerade durch die dreiste Eingabe des Bischofs, sowie infolge
der durch dieselbe hervorgerufenen Proteste veranlaßt, die wichtige Angelegen¬
heit ein für allemal durch eine Bestimmung in den Grundgesetzen, in der Ver¬
fassung von Colorado, zu erledigen. Bischof Machebeuf hatte unkluger Weise
seiner Eingabe noch die Drohung beigefügt, daß, falls die Constitution das


Schulen oder öffentlichen Schulen (publie seliools), welche, trotz aller ihnen
anhaftenden Mängel, mit Recht in den Vereinigten Staaten als die Basis
der bürgerlichen Freiheit betrachtet werden, wonach die Ultramontanen ver¬
langend ihre Hände ausstrecken. Da sie sich nun vollständig bewußt sind,
daß sie von diesen Schulen nicht so ohne Weiteres Besitz nehmen können, so
versäumen sie keine Gelegenheit, in das System derselben wenigstens ein Loch
zu bohren, durch welches sie, wenn Zeit und Umstände es erlauben, in die
Schulen selbst einziehen können.

Ein schlagendes Beispiel nun von der Verwegenheit, mit welcher der
Ultramontanismus in der angedeuteten Richtung vorangeht, ist kürzlich von
dem katholischen Bischof von C o l o r a d o, jenem Territorium der Vereinigten
Staaten, welches durch Kongreßbeschluß das Recht erhalten hat, als Staat
in die Union einzutreten, geliefert worden. Eine ausführliche Beschreibung
des kecken Auftretens dieses Kirchenfürsten giebt ein Artikel des „Colorado
Journals", welcher „der Kulturkampf in Colorado" betitelt ist und dem wir
nachstehende Einzelheiten entnehmen:

„Wir Katholiken und Bürger", so beginnt die Einleitung einer Eingabe
des Bischofs Machebeuf an die Verfassungs-Convention von Colorado, worin
er das Verlangen ausspricht, daß der für die öffentlichen Schulen seitens des
Staates bestimmte Fond theilweise an katholische Parochialschulen bewilligt
werden soll. Mit diesem Verlangen hat der genannte Bischof, als Haupt
seiner Kirche in Colorado, daselbst den Kulturkampf begonnen und die
dortigen Vertreter der freisinnigen Ideen und der staatlichen Rechte haben
den ihnen hingeworfenen Fehdehandschuh aufgenommen, allem Anscheine nach
bis jetzt mit siegreichem Erfolge. Der erste Schritt, den die Mitglieder der
Verfassungs-Convention von Colorado, in der auch mehrere Deutsch-Ameri¬
kaner sitzen, in Bezug auf die erwähnte bischöfliche Eingabe thaten, bestand
darin, daß sie Proteste in Umlauf setzten gegen das Verlangen des Bischofs
und seiner ultramontanen Anhänger, die in erster Reihe Katholiken und dann
erst Bürger sein wollten. In dem kurzen Zeitraum von einer Woche liefen
Zehn zahlreich unterzeichnete Proteste gegen das Vorangehen des Herrn Mache¬
beuf und Genossen bei der Verfassungs-Convention ein. Die Mitglieder dieser
Convention, die vielleicht die Erledigung der fatalen Frage aus verschiedenen
Gründen der nächsten Legislatur von Colorado überlassen haben würden, wie
dies thatsächlich von einem englisch-amerikanischen Blatte empfohlen wurde,
fühlten sich aber gerade durch die dreiste Eingabe des Bischofs, sowie infolge
der durch dieselbe hervorgerufenen Proteste veranlaßt, die wichtige Angelegen¬
heit ein für allemal durch eine Bestimmung in den Grundgesetzen, in der Ver¬
fassung von Colorado, zu erledigen. Bischof Machebeuf hatte unkluger Weise
seiner Eingabe noch die Drohung beigefügt, daß, falls die Constitution das


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[0239] Schulen oder öffentlichen Schulen (publie seliools), welche, trotz aller ihnen anhaftenden Mängel, mit Recht in den Vereinigten Staaten als die Basis der bürgerlichen Freiheit betrachtet werden, wonach die Ultramontanen ver¬ langend ihre Hände ausstrecken. Da sie sich nun vollständig bewußt sind, daß sie von diesen Schulen nicht so ohne Weiteres Besitz nehmen können, so versäumen sie keine Gelegenheit, in das System derselben wenigstens ein Loch zu bohren, durch welches sie, wenn Zeit und Umstände es erlauben, in die Schulen selbst einziehen können. Ein schlagendes Beispiel nun von der Verwegenheit, mit welcher der Ultramontanismus in der angedeuteten Richtung vorangeht, ist kürzlich von dem katholischen Bischof von C o l o r a d o, jenem Territorium der Vereinigten Staaten, welches durch Kongreßbeschluß das Recht erhalten hat, als Staat in die Union einzutreten, geliefert worden. Eine ausführliche Beschreibung des kecken Auftretens dieses Kirchenfürsten giebt ein Artikel des „Colorado Journals", welcher „der Kulturkampf in Colorado" betitelt ist und dem wir nachstehende Einzelheiten entnehmen: „Wir Katholiken und Bürger", so beginnt die Einleitung einer Eingabe des Bischofs Machebeuf an die Verfassungs-Convention von Colorado, worin er das Verlangen ausspricht, daß der für die öffentlichen Schulen seitens des Staates bestimmte Fond theilweise an katholische Parochialschulen bewilligt werden soll. Mit diesem Verlangen hat der genannte Bischof, als Haupt seiner Kirche in Colorado, daselbst den Kulturkampf begonnen und die dortigen Vertreter der freisinnigen Ideen und der staatlichen Rechte haben den ihnen hingeworfenen Fehdehandschuh aufgenommen, allem Anscheine nach bis jetzt mit siegreichem Erfolge. Der erste Schritt, den die Mitglieder der Verfassungs-Convention von Colorado, in der auch mehrere Deutsch-Ameri¬ kaner sitzen, in Bezug auf die erwähnte bischöfliche Eingabe thaten, bestand darin, daß sie Proteste in Umlauf setzten gegen das Verlangen des Bischofs und seiner ultramontanen Anhänger, die in erster Reihe Katholiken und dann erst Bürger sein wollten. In dem kurzen Zeitraum von einer Woche liefen Zehn zahlreich unterzeichnete Proteste gegen das Vorangehen des Herrn Mache¬ beuf und Genossen bei der Verfassungs-Convention ein. Die Mitglieder dieser Convention, die vielleicht die Erledigung der fatalen Frage aus verschiedenen Gründen der nächsten Legislatur von Colorado überlassen haben würden, wie dies thatsächlich von einem englisch-amerikanischen Blatte empfohlen wurde, fühlten sich aber gerade durch die dreiste Eingabe des Bischofs, sowie infolge der durch dieselbe hervorgerufenen Proteste veranlaßt, die wichtige Angelegen¬ heit ein für allemal durch eine Bestimmung in den Grundgesetzen, in der Ver¬ fassung von Colorado, zu erledigen. Bischof Machebeuf hatte unkluger Weise seiner Eingabe noch die Drohung beigefügt, daß, falls die Constitution das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/239>, abgerufen am 27.11.2024.