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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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und so ist es natürlich, daß auf das Familienleben verhältnismäßig das meiste
Licht fällt.

Das wichtigste Ereigniß, das bei jedem Kinde gleich nach der Geburt
mit großer Umständlichkeit eingetragen ist, ist die Taufe. Bemerkenswerth
ist hierbei, wie zum Theil die Gebräuche entweder im Laufe der Zeit sich
änderten oder an verschiedenen Orten verschieden waren. Der ältere Planck in
Leipzig läßt seine Kinder ausnahmslos am Tage nach der Geburt taufen;
bei den Kindern des jüngeren Planck in Lübben vergehen bis zur Taufe
mindestens vier, bisweilen selbst sieben oder acht Tage. Auffälliger noch ist
der Unterschied in der Anzahl der Taufpathen. Bet den Geschwistern des
älteren Planck, die sämmtlich im dritten Viertel des 16. Jahrhunderts in
Neustadt am Culm geboren waren, wird immer nur ein einziger Taufpathe ge¬
nannt. In der nächsten Generation, bei den Kindern Planck's, die in Leipzig am
Ende des 16. Jahrhunderts geboren waren, steigt die Zahl der Pathen aus
drei. Mit dem jüngeren Planck in Lübben aber treten wir aus bürgerlichen
mit einem Male in gelehrte und aristokratische Kreise ein; er gestattet sich
stets den Luxus von etwa zwanzig Taufzeugen; 12 ist die niedrigste, 23 die
höchste Zahl, welche vorkommt. Außer einigen Familienmitgliedern ist bei
der Taufe regelmäßig ein großer Theil der na>nec vo16v von Lübben und
Umgegend vertreten: der Bürgermeister, Rathsherren, Amtsleute, Pfarrherren,
Offiziere, Gutsbesitzer, der Physicus, der Apotheker, der Landvogt, der Schlo߬
hauptmann, der Stallmeister, der Jägermeister u. a. -- und dies trotz aller
Nöthe des 30jährigen Krieges! -- Bei der Namengebung herrscht die Sitte,
daß das erste Kind nach den Großeltern, das zweite erst nach den Eltern,
die späteren nach irgend welchen Taufpathen benannt werden.

Der Leipziger Planck hat bei den beiden Söhnen, die ihm am Leben
blieben, bet Daniel und Georg, außer der Taufe auch die erste Communion
verzeichnet; sie findet auffällig zeitig statt, bet beiden nämlich bereits in einem
Alter von elf Jahren. Ueber Daniel wird bei dieser Gelegenheit noch fol.
gente interessante Notiz vorausgeschickt: "1602 den 7 Scherer hab ich in
deponiren lasen, dabej sind gewest H. D. Georg Weinrich Superintend,
H. Mag. Schneider diacnus, H. D. Möstell, H. Baumeister Johan Beilig,
H. Baumeister Daniel Leicher, H. Hanß Seidel, H. M. Erhard Lauterbach,
so sie salfirt hat, serner hauß Eissentraut; sind also dabej frolich gewest.
gott geb, daß ime solchs zu ain guten gereichen möge. So ist er auch einge¬
schrieben von dem Rector H. D. Johan Mayer." Planck spricht hier anfangs von
einem, später von mehreren, am Schlüsse wieder bloß von einem Knaben.
Durch einen späteren Eintrag klärt sich dieser Widerspruch auf; vom jüngeren
Bruder Daniel's, Georg, heißt es: "1602 den 7 feberer ist er neben daniel
deponirt worden, weil mein Bruder wilwallt auch ein Sohn hat mir Namen


und so ist es natürlich, daß auf das Familienleben verhältnismäßig das meiste
Licht fällt.

Das wichtigste Ereigniß, das bei jedem Kinde gleich nach der Geburt
mit großer Umständlichkeit eingetragen ist, ist die Taufe. Bemerkenswerth
ist hierbei, wie zum Theil die Gebräuche entweder im Laufe der Zeit sich
änderten oder an verschiedenen Orten verschieden waren. Der ältere Planck in
Leipzig läßt seine Kinder ausnahmslos am Tage nach der Geburt taufen;
bei den Kindern des jüngeren Planck in Lübben vergehen bis zur Taufe
mindestens vier, bisweilen selbst sieben oder acht Tage. Auffälliger noch ist
der Unterschied in der Anzahl der Taufpathen. Bet den Geschwistern des
älteren Planck, die sämmtlich im dritten Viertel des 16. Jahrhunderts in
Neustadt am Culm geboren waren, wird immer nur ein einziger Taufpathe ge¬
nannt. In der nächsten Generation, bei den Kindern Planck's, die in Leipzig am
Ende des 16. Jahrhunderts geboren waren, steigt die Zahl der Pathen aus
drei. Mit dem jüngeren Planck in Lübben aber treten wir aus bürgerlichen
mit einem Male in gelehrte und aristokratische Kreise ein; er gestattet sich
stets den Luxus von etwa zwanzig Taufzeugen; 12 ist die niedrigste, 23 die
höchste Zahl, welche vorkommt. Außer einigen Familienmitgliedern ist bei
der Taufe regelmäßig ein großer Theil der na>nec vo16v von Lübben und
Umgegend vertreten: der Bürgermeister, Rathsherren, Amtsleute, Pfarrherren,
Offiziere, Gutsbesitzer, der Physicus, der Apotheker, der Landvogt, der Schlo߬
hauptmann, der Stallmeister, der Jägermeister u. a. — und dies trotz aller
Nöthe des 30jährigen Krieges! — Bei der Namengebung herrscht die Sitte,
daß das erste Kind nach den Großeltern, das zweite erst nach den Eltern,
die späteren nach irgend welchen Taufpathen benannt werden.

Der Leipziger Planck hat bei den beiden Söhnen, die ihm am Leben
blieben, bet Daniel und Georg, außer der Taufe auch die erste Communion
verzeichnet; sie findet auffällig zeitig statt, bet beiden nämlich bereits in einem
Alter von elf Jahren. Ueber Daniel wird bei dieser Gelegenheit noch fol.
gente interessante Notiz vorausgeschickt: „1602 den 7 Scherer hab ich in
deponiren lasen, dabej sind gewest H. D. Georg Weinrich Superintend,
H. Mag. Schneider diacnus, H. D. Möstell, H. Baumeister Johan Beilig,
H. Baumeister Daniel Leicher, H. Hanß Seidel, H. M. Erhard Lauterbach,
so sie salfirt hat, serner hauß Eissentraut; sind also dabej frolich gewest.
gott geb, daß ime solchs zu ain guten gereichen möge. So ist er auch einge¬
schrieben von dem Rector H. D. Johan Mayer." Planck spricht hier anfangs von
einem, später von mehreren, am Schlüsse wieder bloß von einem Knaben.
Durch einen späteren Eintrag klärt sich dieser Widerspruch auf; vom jüngeren
Bruder Daniel's, Georg, heißt es: „1602 den 7 feberer ist er neben daniel
deponirt worden, weil mein Bruder wilwallt auch ein Sohn hat mir Namen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/224>, abgerufen am 27.07.2024.