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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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des "höheren Gentlemanthums" zu vermissen. Wie klein ist dagegen ein
Staatsmann, der sich an den Staatsanwalt wendet, weil er meint, Beleidi¬
gungen zu verachten sei Sache des Privatmanns, aber nicht des Beamten.

Das Pamphlet enthält des Erheiternden noch viel. Aber wer sich er¬
heitern will, mag es lesen. Wir wollen durch weitere Mittheilungen weder
der Firma das Geschäft, noch dem Autor den verdienten Beifall verkürzen.


M -- t -- s.


Literatur.
Beschreibendes Verzeichnis; der Kunstwerke in der königlichen National¬
galerie zu Berlin von Dr. M. Jordan. 1876. Mittler und Sohn.

Am 22. März hat in Berlin in Gegenwart des Kaisers, zahlreicher
deutscher Fürsten und anderer hoher Gäste -- es war zu Kaisers Geburts¬
tag -- die Einweihung der tgi. Nationalgalerie stattgefunden. Die Ent¬
stehungsgeschichte derselben reicht bis in den Anfang der 60 er Jahre zurück.
Im Jahre 1861 starb in Berlin der weiland schwedische und norwegische
Consul I. H. W. Wagener, und seine kostbare, aus etwa drittehalb Hundert
Gemälden neuerer deutscher und ausländischer Meister -- darunter fast alle
Namen ersten Ranges -- bestehende Sammlung, die er in einer langen
Reihe von Jahren mit einem Aufwande von weit über 100,000 Thalern
zusammengebracht hatte, fiel nach testamentarischer Bestimmung an den König
von Preußen. Es war nur der Wunsch des Erblassers, daß die Sammlung
ungetrennt erhalten, in Berlin in einem geeigneten Locale aufgestellt und
Künstlern und Kunstfreunden stets zugänglich gemacht werde. Daran knüpfte
er aber zugleich die, wenn auch nur bescheiden angedeutete, Hoffnung, daß
sie vielleicht auch in Zukunft nach den bisherigen Grundsätzen verstärkt werden
möchte, um so mit der Zeit zu einer nationalen Galerie heranzuwachsen, welche
ein Bild von dem Entwicklungsgange der gesammten neueren Malerei, ni
LWeio der deutschen, zu geben im Stande wäre. König Wilhelm nahm das
patriotische Vermächtniß dankbar entgegen und verfügte, daß mit der Samm¬
lung durchaus den Bestimmungen und Wünschen ihres Urhebers gemäß ver¬
fahren werde. Bereits am Geburtstage des Königs 1861 wurde sie in den
Räumen der tgi. Akademie der Künste zum ersten Male dem Publikum zu¬
gänglich gemacht, und es währte nicht lange, so erfuhr sie von mehreren
Seiten schätzbare Bereicherungen im Sinne ihrer Erweiterung zu einer nationalen
Gemäldegalerie. Aus den Kreisen des Hofes und der Berliner Bürgerschaft


des „höheren Gentlemanthums" zu vermissen. Wie klein ist dagegen ein
Staatsmann, der sich an den Staatsanwalt wendet, weil er meint, Beleidi¬
gungen zu verachten sei Sache des Privatmanns, aber nicht des Beamten.

Das Pamphlet enthält des Erheiternden noch viel. Aber wer sich er¬
heitern will, mag es lesen. Wir wollen durch weitere Mittheilungen weder
der Firma das Geschäft, noch dem Autor den verdienten Beifall verkürzen.


M — t — s.


Literatur.
Beschreibendes Verzeichnis; der Kunstwerke in der königlichen National¬
galerie zu Berlin von Dr. M. Jordan. 1876. Mittler und Sohn.

Am 22. März hat in Berlin in Gegenwart des Kaisers, zahlreicher
deutscher Fürsten und anderer hoher Gäste — es war zu Kaisers Geburts¬
tag — die Einweihung der tgi. Nationalgalerie stattgefunden. Die Ent¬
stehungsgeschichte derselben reicht bis in den Anfang der 60 er Jahre zurück.
Im Jahre 1861 starb in Berlin der weiland schwedische und norwegische
Consul I. H. W. Wagener, und seine kostbare, aus etwa drittehalb Hundert
Gemälden neuerer deutscher und ausländischer Meister — darunter fast alle
Namen ersten Ranges — bestehende Sammlung, die er in einer langen
Reihe von Jahren mit einem Aufwande von weit über 100,000 Thalern
zusammengebracht hatte, fiel nach testamentarischer Bestimmung an den König
von Preußen. Es war nur der Wunsch des Erblassers, daß die Sammlung
ungetrennt erhalten, in Berlin in einem geeigneten Locale aufgestellt und
Künstlern und Kunstfreunden stets zugänglich gemacht werde. Daran knüpfte
er aber zugleich die, wenn auch nur bescheiden angedeutete, Hoffnung, daß
sie vielleicht auch in Zukunft nach den bisherigen Grundsätzen verstärkt werden
möchte, um so mit der Zeit zu einer nationalen Galerie heranzuwachsen, welche
ein Bild von dem Entwicklungsgange der gesammten neueren Malerei, ni
LWeio der deutschen, zu geben im Stande wäre. König Wilhelm nahm das
patriotische Vermächtniß dankbar entgegen und verfügte, daß mit der Samm¬
lung durchaus den Bestimmungen und Wünschen ihres Urhebers gemäß ver¬
fahren werde. Bereits am Geburtstage des Königs 1861 wurde sie in den
Räumen der tgi. Akademie der Künste zum ersten Male dem Publikum zu¬
gänglich gemacht, und es währte nicht lange, so erfuhr sie von mehreren
Seiten schätzbare Bereicherungen im Sinne ihrer Erweiterung zu einer nationalen
Gemäldegalerie. Aus den Kreisen des Hofes und der Berliner Bürgerschaft


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/200>, abgerufen am 27.11.2024.