Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.eines Klosters dieses aus Weltlust verlassen, vorher aber dem Bilde der Mutter Auch die "Marmorbraut" (vergl. die Herold'sche Oper "Zampa") kommt eines Klosters dieses aus Weltlust verlassen, vorher aber dem Bilde der Mutter Auch die „Marmorbraut" (vergl. die Herold'sche Oper „Zampa") kommt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0137" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/135718"/> <p xml:id="ID_468" prev="#ID_467"> eines Klosters dieses aus Weltlust verlassen, vorher aber dem Bilde der Mutter<lb/> Gottes die Schlüssel umgehängt, mit dem Bedeuten, sie möchte einstweilen, bis<lb/> Zur Zurückkunft der Flüchtigen deren Amt versehen. Nach langen Jahren habe<lb/> die Nonne, als verheirathete, mit Kindern gesegnete Frau, ihr früheres Heim,<lb/> das Kloster wieder einmal ansetzn wollen und sei sehr erstaunt gewesen, jenes<lb/> Bild der Maria darin schalten und walten zu sehn, noch mehr erstaunt aber,<lb/> als es auf sie zugekommen und ihr die Schlüssel wieder übergeben habe, mit<lb/> der Bemerkung, sie, Maria, habe gewissenhaft den Wunsch der Nonne erfüllt,<lb/> diese sie aber etwas lange warten lassen. — Ein Glöckner zu Köln bezeigt dem<lb/> Bild des Crucifixus keine Achtung und stiehlt sogar die heiligen Kerzen. Als<lb/> er aber daheim im Bett liegt, kommt das Bild zu ihm und schlägt ihn unter<lb/> schweren Vorwürfen (eum poco inerexationis) so heftig (tam valiä« tutuäit),<lb/> daß der arme Sünder Tagelang Blut brach, (s. Lsosar Leisterdaeli Zisl.<lb/> mirae ub. VIII, 23. Caesarius mag sich dieses Wunders, wie er sagt, noch<lb/> gut erinnern.) Ein träger, zum Guten schläfriger Priester sieht zu seinem<lb/> großen Erstaunen, wie der Heiland am Kreuz sich von ihm abwendet und<lb/> ihm den Rücken kehrt (ebenda IV. 29); Johannes der Täufer ferner läßt<lb/> einem Canonicus, der sich im Kloster des Johannes niemals die Mühe nahm,<lb/> sich vor dem Altar zu verneigen, eine noch viel strengere Strafe zu Theil<lb/> werden: Er besucht ihn während des Traums und giebt ihm einen solchen<lb/> Stoß, daß der Canonicus jählings im Schmerz auffährt, hierauf die Wasser¬<lb/> sucht bekommt und stirbt (ebenda VIII. 62.). In seinem „Hyperion" erzählt<lb/> Longfellow die Sage vom '„Christ von Andernach" daß dieser nämlich eine<lb/> Zeitlang allnächtlich vom Kreuz (vor der Kirche) heruntergestiegen und mit<lb/> Leiter und Laterne herumgegangen sei, um den Nothleidenden und Bedräng¬<lb/> ten höchst eigenhändig zu helfen; nach gethaner Arbeit sei er dann wieder<lb/> aufs Kreuz gestiegen und habe sich daselbst angenagelt. In „Perceforest"<lb/> bläst eine Statue in einem Zauberwald bei Ankunft des Königs Betis ein<lb/> elfenbeinernes Horn (s. Dunlop-Liebrecht „Gesch. d. Prosadicht." S. 99); ferner in<lb/> »^rtuL ac 1a LretaZue" ist die Rede von einer Statue, welche dem im gleichen<lb/> Zimmer sich aufhaltenden Arthus den Hut aufsetzt zum Zeichen, daß er der<lb/> bevorzugte Gemahl der Florence sei (Cap. 64).</p><lb/> <p xml:id="ID_469" next="#ID_470"> Auch die „Marmorbraut" (vergl. die Herold'sche Oper „Zampa") kommt<lb/> uns hierbet in den Sinn, denn sie gehört in das gleiche Capitel und hat für<lb/> all ihr Thun ihre Urbilder schon im Mittelalter, ja noch früher. Zur Zeit<lb/> Kaiser Heinrich's III. heißt es in Nicol. lioinigii ciLmonolatr. (deutsche Uebers.<lb/> Hamb. 1693. II. Theil p. 440) steckte ein junger Ehemann, um beim<lb/> Ballspiel nicht gehindert zu werden, einem zufällig in der Nähe stehenden<lb/> steinernen Venusbild seinen Brautring an; aber siehe, als er ihn wieder<lb/> nehmen will, krümmt diese plötzlich den Finger und läßt auch sonst nicht</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0137]
eines Klosters dieses aus Weltlust verlassen, vorher aber dem Bilde der Mutter
Gottes die Schlüssel umgehängt, mit dem Bedeuten, sie möchte einstweilen, bis
Zur Zurückkunft der Flüchtigen deren Amt versehen. Nach langen Jahren habe
die Nonne, als verheirathete, mit Kindern gesegnete Frau, ihr früheres Heim,
das Kloster wieder einmal ansetzn wollen und sei sehr erstaunt gewesen, jenes
Bild der Maria darin schalten und walten zu sehn, noch mehr erstaunt aber,
als es auf sie zugekommen und ihr die Schlüssel wieder übergeben habe, mit
der Bemerkung, sie, Maria, habe gewissenhaft den Wunsch der Nonne erfüllt,
diese sie aber etwas lange warten lassen. — Ein Glöckner zu Köln bezeigt dem
Bild des Crucifixus keine Achtung und stiehlt sogar die heiligen Kerzen. Als
er aber daheim im Bett liegt, kommt das Bild zu ihm und schlägt ihn unter
schweren Vorwürfen (eum poco inerexationis) so heftig (tam valiä« tutuäit),
daß der arme Sünder Tagelang Blut brach, (s. Lsosar Leisterdaeli Zisl.
mirae ub. VIII, 23. Caesarius mag sich dieses Wunders, wie er sagt, noch
gut erinnern.) Ein träger, zum Guten schläfriger Priester sieht zu seinem
großen Erstaunen, wie der Heiland am Kreuz sich von ihm abwendet und
ihm den Rücken kehrt (ebenda IV. 29); Johannes der Täufer ferner läßt
einem Canonicus, der sich im Kloster des Johannes niemals die Mühe nahm,
sich vor dem Altar zu verneigen, eine noch viel strengere Strafe zu Theil
werden: Er besucht ihn während des Traums und giebt ihm einen solchen
Stoß, daß der Canonicus jählings im Schmerz auffährt, hierauf die Wasser¬
sucht bekommt und stirbt (ebenda VIII. 62.). In seinem „Hyperion" erzählt
Longfellow die Sage vom '„Christ von Andernach" daß dieser nämlich eine
Zeitlang allnächtlich vom Kreuz (vor der Kirche) heruntergestiegen und mit
Leiter und Laterne herumgegangen sei, um den Nothleidenden und Bedräng¬
ten höchst eigenhändig zu helfen; nach gethaner Arbeit sei er dann wieder
aufs Kreuz gestiegen und habe sich daselbst angenagelt. In „Perceforest"
bläst eine Statue in einem Zauberwald bei Ankunft des Königs Betis ein
elfenbeinernes Horn (s. Dunlop-Liebrecht „Gesch. d. Prosadicht." S. 99); ferner in
»^rtuL ac 1a LretaZue" ist die Rede von einer Statue, welche dem im gleichen
Zimmer sich aufhaltenden Arthus den Hut aufsetzt zum Zeichen, daß er der
bevorzugte Gemahl der Florence sei (Cap. 64).
Auch die „Marmorbraut" (vergl. die Herold'sche Oper „Zampa") kommt
uns hierbet in den Sinn, denn sie gehört in das gleiche Capitel und hat für
all ihr Thun ihre Urbilder schon im Mittelalter, ja noch früher. Zur Zeit
Kaiser Heinrich's III. heißt es in Nicol. lioinigii ciLmonolatr. (deutsche Uebers.
Hamb. 1693. II. Theil p. 440) steckte ein junger Ehemann, um beim
Ballspiel nicht gehindert zu werden, einem zufällig in der Nähe stehenden
steinernen Venusbild seinen Brautring an; aber siehe, als er ihn wieder
nehmen will, krümmt diese plötzlich den Finger und läßt auch sonst nicht
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