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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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das Schloß Meinsberg, wo ihr Feldherr sein Quartier genommen, heißt
bis zur Stunde noch Schloß Marlborough. Aber auch noch andere Heim¬
suchung als die von rauher Menschenhand war der armen Stadt beschicken;
denn zweimal verheerte eine grauenhafte Überschwemmung ihre Häuser, und
doch lacht und blüht sie heute, als wäre nie ein harter Tag über sie da¬
hingegangen.

Das alte Schloß, das einst mit der Kirche in baulicher Verbindung
stand, hat vor den Waffen der Gegenwart natürlich jede Bedeutung ver¬
loren und so hat jetzt das verwitterte Gemäuer, in welchem, einst die Herzoge
von Lothringen geweilt, kaum mehr als eine -- malerische Bedeutung. Auch
die Kirche ward manches Schmuckes beraubt, vor allem durch die Revolution
und nur ganz wenige Häuser zeigen noch die Spuren alterthümlicher Echtheit.
Die immerwährenden Kriege erklären dies zur Genüge.

Im letzten großen Kampfe, der das Geschick der Stadt von neuem um¬
gestaltete, hat Sierck wenig gelitten und wenig von sich reden gemacht, ja
die heutige Generation kennt davon kaum mehr als den Namen. Ist Sierck
deshalb zu beklagen? Wahrhaftig nein! Denn vielleicht geht es mit den
Städten ähnlich wie mit den Frauen, daß die die besten sind, von denen
K -- r. am wenigsten gesprochen wird!




Gom preußischen Landtag.

Die Sitzungen der Abgeordneten in dieser Woche waren zunächst geschäft¬
lich vorbereitender Art. Man hat das Gesetz über die Befähigung für den
höhern Verwaltungsdienst bei der ersten Lesung an eine Commission von
14 Mitgliedern verwiesen, den Gesetzentwurf der Wegeordnung an eine Com¬
mission von 28 Mitgliedern. Einige kleinere technische Gesetze sind in erster
und zweiter Berathung erledigt worden. Alsdann hat sich das Haus der
Einzelberathung des Staatshaushalts zugewendet. Man weiß, wie bei dieser
Berathung alle frommen und unfrommen Wünsche zur Sprache kommen, ohne
daß dabei in der Mehrzahl der Fälle das Geringste erreicht wird. Wir beob¬
achten deshalb unsere alte Regel, nur die bemerkenswertheren Jneidenzvunkte
dieser Berathung zu charakterisiren. Solche Punkte kamen bei den Einnahmen
aus den directen Steuern vor. Der Abg. Duncker bemühte sich, den Miß.


das Schloß Meinsberg, wo ihr Feldherr sein Quartier genommen, heißt
bis zur Stunde noch Schloß Marlborough. Aber auch noch andere Heim¬
suchung als die von rauher Menschenhand war der armen Stadt beschicken;
denn zweimal verheerte eine grauenhafte Überschwemmung ihre Häuser, und
doch lacht und blüht sie heute, als wäre nie ein harter Tag über sie da¬
hingegangen.

Das alte Schloß, das einst mit der Kirche in baulicher Verbindung
stand, hat vor den Waffen der Gegenwart natürlich jede Bedeutung ver¬
loren und so hat jetzt das verwitterte Gemäuer, in welchem, einst die Herzoge
von Lothringen geweilt, kaum mehr als eine — malerische Bedeutung. Auch
die Kirche ward manches Schmuckes beraubt, vor allem durch die Revolution
und nur ganz wenige Häuser zeigen noch die Spuren alterthümlicher Echtheit.
Die immerwährenden Kriege erklären dies zur Genüge.

Im letzten großen Kampfe, der das Geschick der Stadt von neuem um¬
gestaltete, hat Sierck wenig gelitten und wenig von sich reden gemacht, ja
die heutige Generation kennt davon kaum mehr als den Namen. Ist Sierck
deshalb zu beklagen? Wahrhaftig nein! Denn vielleicht geht es mit den
Städten ähnlich wie mit den Frauen, daß die die besten sind, von denen
K — r. am wenigsten gesprochen wird!




Gom preußischen Landtag.

Die Sitzungen der Abgeordneten in dieser Woche waren zunächst geschäft¬
lich vorbereitender Art. Man hat das Gesetz über die Befähigung für den
höhern Verwaltungsdienst bei der ersten Lesung an eine Commission von
14 Mitgliedern verwiesen, den Gesetzentwurf der Wegeordnung an eine Com¬
mission von 28 Mitgliedern. Einige kleinere technische Gesetze sind in erster
und zweiter Berathung erledigt worden. Alsdann hat sich das Haus der
Einzelberathung des Staatshaushalts zugewendet. Man weiß, wie bei dieser
Berathung alle frommen und unfrommen Wünsche zur Sprache kommen, ohne
daß dabei in der Mehrzahl der Fälle das Geringste erreicht wird. Wir beob¬
achten deshalb unsere alte Regel, nur die bemerkenswertheren Jneidenzvunkte
dieser Berathung zu charakterisiren. Solche Punkte kamen bei den Einnahmen
aus den directen Steuern vor. Der Abg. Duncker bemühte sich, den Miß.


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[0360] das Schloß Meinsberg, wo ihr Feldherr sein Quartier genommen, heißt bis zur Stunde noch Schloß Marlborough. Aber auch noch andere Heim¬ suchung als die von rauher Menschenhand war der armen Stadt beschicken; denn zweimal verheerte eine grauenhafte Überschwemmung ihre Häuser, und doch lacht und blüht sie heute, als wäre nie ein harter Tag über sie da¬ hingegangen. Das alte Schloß, das einst mit der Kirche in baulicher Verbindung stand, hat vor den Waffen der Gegenwart natürlich jede Bedeutung ver¬ loren und so hat jetzt das verwitterte Gemäuer, in welchem, einst die Herzoge von Lothringen geweilt, kaum mehr als eine — malerische Bedeutung. Auch die Kirche ward manches Schmuckes beraubt, vor allem durch die Revolution und nur ganz wenige Häuser zeigen noch die Spuren alterthümlicher Echtheit. Die immerwährenden Kriege erklären dies zur Genüge. Im letzten großen Kampfe, der das Geschick der Stadt von neuem um¬ gestaltete, hat Sierck wenig gelitten und wenig von sich reden gemacht, ja die heutige Generation kennt davon kaum mehr als den Namen. Ist Sierck deshalb zu beklagen? Wahrhaftig nein! Denn vielleicht geht es mit den Städten ähnlich wie mit den Frauen, daß die die besten sind, von denen K — r. am wenigsten gesprochen wird! Gom preußischen Landtag. Die Sitzungen der Abgeordneten in dieser Woche waren zunächst geschäft¬ lich vorbereitender Art. Man hat das Gesetz über die Befähigung für den höhern Verwaltungsdienst bei der ersten Lesung an eine Commission von 14 Mitgliedern verwiesen, den Gesetzentwurf der Wegeordnung an eine Com¬ mission von 28 Mitgliedern. Einige kleinere technische Gesetze sind in erster und zweiter Berathung erledigt worden. Alsdann hat sich das Haus der Einzelberathung des Staatshaushalts zugewendet. Man weiß, wie bei dieser Berathung alle frommen und unfrommen Wünsche zur Sprache kommen, ohne daß dabei in der Mehrzahl der Fälle das Geringste erreicht wird. Wir beob¬ achten deshalb unsere alte Regel, nur die bemerkenswertheren Jneidenzvunkte dieser Berathung zu charakterisiren. Solche Punkte kamen bei den Einnahmen aus den directen Steuern vor. Der Abg. Duncker bemühte sich, den Miß.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/360>, abgerufen am 22.07.2024.