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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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parilla-Region. Ich rechne, daß an der Linie von Halt Columbia bis Hark-
From-The-Toad, die das Taschenmesser vorstellt, genug von dieser Waare
wächst, um damit alle Schwindsüchtigen in den Spitälern von Halifax bis
Jerusalem fett machen zu können. Es wächst geradezu wie Unkraut. Ich
habe mir da ganz in der Stille ein Streifchen Sassaparilla-Land erworben,
mit dem ich warten werde, bis mein Allgemeines Lösungsmittel in meinem
Kopfe Gestalt gewonnen hat. Und Du weißt, daß ich das schon fertig
kriegen werde. Einen dieser Tage werde ich sehen, wie alle Nationen der
Erde sich meines Lösungsmittels --"

"Aber liebster Eschol --

"Unterbrich mich nicht, Polly -- ich möchte nicht, daß Du den Lauf der
Bahn auf unsrer Karte aus den Augen verlörest. Laß mich 'mal sehen
wo stand ich nur gleich? Ah so, jetzt fahren wir auf Stores Lar -- jetzt
fahren wir nach Napoleon hinab. Wunderschöne Straße! Sieh 'mal hierher.
Vollkommen gerade Linie -- so gerade wie der Weg zum Grabe. Und sieh
nur, wie sie Hawkeye links liegen läßt, ganz draußen in der kalten Ferne,
meine Liebe. Diese Stadt ist bestimmt, auszusterben -- ja, wenn sie mir
gehörte, würde ich schon jetzt die Anzeige von ihrem Tode zurecht machen
und die Leidtragenden in Kenntniß setzen. Polly, merke Dir meine Worte:
in drei Jahren von jetzt an wird Hawkeye eine Wildniß sein, in der die
Wölfe heulen. -- Und jetzt betrachte nur 'mal diesen Fluß -- der herrlichste
Strom, der sich über die durstige Erde hinschlängelt, die ruhigste, sanfteste
Schlagader, die ihren müden Busen erquickt! Die Eisenbahn geht überall
über ihn und durch ihn hin -- watet geradewegs auf Stelzen durch. Sieb¬
zehn Brücken auf einer Strecke von vierthalb Meilen, neunundvierzig Brücken
von Hart-From-The-Toad bis nach Stores Landing im Ganzen, und Ab-
zugsschleußen genug, um die ganze Schöpfung abfließen zu lassen, vollkommnes
Brückenbockwerk über zweiundsiebzig Meilen hin. Und ich soll das alles zu
bauen kriegen. Geradezu Oceane von Geld bei diesen Brücken zu verdienen,
's ist die einzige Bahnstrecke, an der ich auf der ganzen Linie hinunter be¬
theiligt bin, und es ist alles, was ich haben wollte. Es ist genug, sollt' <H
meinen, -- Nun also, hier wären wir in Napoleon. Land, das hinreichend
gut ist, reichlich gut genug -- alles, was es bedarf, ist Bevölkerung. Das
ist aber schon abgemacht: die Bevölkerung wird sich einstellen. Und schon
jetzt ist es kein übles Land, was Ruhe und Einsamkeit betrifft, das kann ich
Dir versichern -- obwohl damit natürlich kein Geld zu verdienen ist. Ja,
kein Geld, aber man braucht Ruhe, man braucht Frieden -- man will sich
nicht die ganze Zeit herum quälen und placken. Und sieh, jetzt gehen wir
schnurgerade hinauf nach Halleluja -- ein wunderschöner Winkel -- hübscher
Weg immer bergauf -- und dann fährt man weiter nach Corruptionville,


parilla-Region. Ich rechne, daß an der Linie von Halt Columbia bis Hark-
From-The-Toad, die das Taschenmesser vorstellt, genug von dieser Waare
wächst, um damit alle Schwindsüchtigen in den Spitälern von Halifax bis
Jerusalem fett machen zu können. Es wächst geradezu wie Unkraut. Ich
habe mir da ganz in der Stille ein Streifchen Sassaparilla-Land erworben,
mit dem ich warten werde, bis mein Allgemeines Lösungsmittel in meinem
Kopfe Gestalt gewonnen hat. Und Du weißt, daß ich das schon fertig
kriegen werde. Einen dieser Tage werde ich sehen, wie alle Nationen der
Erde sich meines Lösungsmittels —"

„Aber liebster Eschol —

„Unterbrich mich nicht, Polly — ich möchte nicht, daß Du den Lauf der
Bahn auf unsrer Karte aus den Augen verlörest. Laß mich 'mal sehen
wo stand ich nur gleich? Ah so, jetzt fahren wir auf Stores Lar — jetzt
fahren wir nach Napoleon hinab. Wunderschöne Straße! Sieh 'mal hierher.
Vollkommen gerade Linie — so gerade wie der Weg zum Grabe. Und sieh
nur, wie sie Hawkeye links liegen läßt, ganz draußen in der kalten Ferne,
meine Liebe. Diese Stadt ist bestimmt, auszusterben — ja, wenn sie mir
gehörte, würde ich schon jetzt die Anzeige von ihrem Tode zurecht machen
und die Leidtragenden in Kenntniß setzen. Polly, merke Dir meine Worte:
in drei Jahren von jetzt an wird Hawkeye eine Wildniß sein, in der die
Wölfe heulen. — Und jetzt betrachte nur 'mal diesen Fluß — der herrlichste
Strom, der sich über die durstige Erde hinschlängelt, die ruhigste, sanfteste
Schlagader, die ihren müden Busen erquickt! Die Eisenbahn geht überall
über ihn und durch ihn hin — watet geradewegs auf Stelzen durch. Sieb¬
zehn Brücken auf einer Strecke von vierthalb Meilen, neunundvierzig Brücken
von Hart-From-The-Toad bis nach Stores Landing im Ganzen, und Ab-
zugsschleußen genug, um die ganze Schöpfung abfließen zu lassen, vollkommnes
Brückenbockwerk über zweiundsiebzig Meilen hin. Und ich soll das alles zu
bauen kriegen. Geradezu Oceane von Geld bei diesen Brücken zu verdienen,
's ist die einzige Bahnstrecke, an der ich auf der ganzen Linie hinunter be¬
theiligt bin, und es ist alles, was ich haben wollte. Es ist genug, sollt' <H
meinen, — Nun also, hier wären wir in Napoleon. Land, das hinreichend
gut ist, reichlich gut genug — alles, was es bedarf, ist Bevölkerung. Das
ist aber schon abgemacht: die Bevölkerung wird sich einstellen. Und schon
jetzt ist es kein übles Land, was Ruhe und Einsamkeit betrifft, das kann ich
Dir versichern — obwohl damit natürlich kein Geld zu verdienen ist. Ja,
kein Geld, aber man braucht Ruhe, man braucht Frieden — man will sich
nicht die ganze Zeit herum quälen und placken. Und sieh, jetzt gehen wir
schnurgerade hinauf nach Halleluja — ein wunderschöner Winkel — hübscher
Weg immer bergauf — und dann fährt man weiter nach Corruptionville,


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[0354] parilla-Region. Ich rechne, daß an der Linie von Halt Columbia bis Hark- From-The-Toad, die das Taschenmesser vorstellt, genug von dieser Waare wächst, um damit alle Schwindsüchtigen in den Spitälern von Halifax bis Jerusalem fett machen zu können. Es wächst geradezu wie Unkraut. Ich habe mir da ganz in der Stille ein Streifchen Sassaparilla-Land erworben, mit dem ich warten werde, bis mein Allgemeines Lösungsmittel in meinem Kopfe Gestalt gewonnen hat. Und Du weißt, daß ich das schon fertig kriegen werde. Einen dieser Tage werde ich sehen, wie alle Nationen der Erde sich meines Lösungsmittels —" „Aber liebster Eschol — „Unterbrich mich nicht, Polly — ich möchte nicht, daß Du den Lauf der Bahn auf unsrer Karte aus den Augen verlörest. Laß mich 'mal sehen wo stand ich nur gleich? Ah so, jetzt fahren wir auf Stores Lar — jetzt fahren wir nach Napoleon hinab. Wunderschöne Straße! Sieh 'mal hierher. Vollkommen gerade Linie — so gerade wie der Weg zum Grabe. Und sieh nur, wie sie Hawkeye links liegen läßt, ganz draußen in der kalten Ferne, meine Liebe. Diese Stadt ist bestimmt, auszusterben — ja, wenn sie mir gehörte, würde ich schon jetzt die Anzeige von ihrem Tode zurecht machen und die Leidtragenden in Kenntniß setzen. Polly, merke Dir meine Worte: in drei Jahren von jetzt an wird Hawkeye eine Wildniß sein, in der die Wölfe heulen. — Und jetzt betrachte nur 'mal diesen Fluß — der herrlichste Strom, der sich über die durstige Erde hinschlängelt, die ruhigste, sanfteste Schlagader, die ihren müden Busen erquickt! Die Eisenbahn geht überall über ihn und durch ihn hin — watet geradewegs auf Stelzen durch. Sieb¬ zehn Brücken auf einer Strecke von vierthalb Meilen, neunundvierzig Brücken von Hart-From-The-Toad bis nach Stores Landing im Ganzen, und Ab- zugsschleußen genug, um die ganze Schöpfung abfließen zu lassen, vollkommnes Brückenbockwerk über zweiundsiebzig Meilen hin. Und ich soll das alles zu bauen kriegen. Geradezu Oceane von Geld bei diesen Brücken zu verdienen, 's ist die einzige Bahnstrecke, an der ich auf der ganzen Linie hinunter be¬ theiligt bin, und es ist alles, was ich haben wollte. Es ist genug, sollt' <H meinen, — Nun also, hier wären wir in Napoleon. Land, das hinreichend gut ist, reichlich gut genug — alles, was es bedarf, ist Bevölkerung. Das ist aber schon abgemacht: die Bevölkerung wird sich einstellen. Und schon jetzt ist es kein übles Land, was Ruhe und Einsamkeit betrifft, das kann ich Dir versichern — obwohl damit natürlich kein Geld zu verdienen ist. Ja, kein Geld, aber man braucht Ruhe, man braucht Frieden — man will sich nicht die ganze Zeit herum quälen und placken. Und sieh, jetzt gehen wir schnurgerade hinauf nach Halleluja — ein wunderschöner Winkel — hübscher Weg immer bergauf — und dann fährt man weiter nach Corruptionville,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/354>, abgerufen am 22.07.2024.