Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.aller der genannten Mittel eine kleine Anzahl von Büchern, in denen man Da wären wir ja nun dort, wo wir sein wollten? Da hätten wir ja Ehrlich gestanden: es scheint mir doch zu viel des "Imitirten" an diesen aller der genannten Mittel eine kleine Anzahl von Büchern, in denen man Da wären wir ja nun dort, wo wir sein wollten? Da hätten wir ja Ehrlich gestanden: es scheint mir doch zu viel des „Imitirten" an diesen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0335" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/135388"/> <p xml:id="ID_943" prev="#ID_942"> aller der genannten Mittel eine kleine Anzahl von Büchern, in denen man<lb/> auf den ersten Blick voll Ueberraschung getreue Nachahmungen alter Drucke<lb/> zu sehen meint. Wir denken hierbei an Publicationen wie die bei L. Rosner<lb/> in Wien erschienenen Beiträge zur deutschen Literaturgeschichte von Griesebach,<lb/> an die Jubiläumsausgabe der Gedichte Michel Angelo's, die A. Dürr ge¬<lb/> bracht hat, an den ersten Band eines ursprünglich als „Salonausgabe" an¬<lb/> gekündigten, dann als „Elzevierausgabe" erschienenen Druckes von Schiller's<lb/> Werken, mit dem O. Schulze in Leipzig debütirt hat, endlich an die beiden<lb/> ersten Bände einer „Ausgabe für Bücherfreunde", mit der die Firma Velhagen<lb/> und Klasing einen Anfang gemacht hat: Kleine Schriften von M. Luther und<lb/> Btsmarck's Briefe. Die Schillerausgabe hat D. Jouaust in Paris gedruckt;<lb/> leider ist sie nicht frei von ärgerlichen Druckfehlern. Alles übrige ist aus der<lb/> Drugulin'schen Osftcin hervorgegangen. Die Gedichte Michel Angelo's und<lb/> die „Ausgabe für Bücherfreunde" waren bei der Leipziger Ausstellung mit<lb/> vorgelegt. Um die Illusion vollständig zu machen, hatte man solche Drucke<lb/> in Umschläge broschirt, die aus einer Art imitirten Pergament bestehen —<lb/> man konnte sich des Verdachtes nicht erwehren, daß es vielleicht gar die¬<lb/> selbe Masse sei, aus der seit einiger Zeit auch die künstlichen Därme zur Cer-<lb/> velatwurst fabricirt werden! — oder man hatte sie in die schon erwähnten,<lb/> ebenfalls imitirten, Schweinslederbände gebunden, mit reicher Deckelvergoldung<lb/> in italienischem oder deutschem Renaissancestil.</p><lb/> <p xml:id="ID_944"> Da wären wir ja nun dort, wo wir sein wollten? Da hätten wir ja<lb/> in der Buchausstattung jene in unserem Kunstgewerbe aller Orten angestrebte<lb/> zweite Renaissance? Was wollen wir noch weiter? Nur fort auf der glück¬<lb/> lich betretenen Bahn!</p><lb/> <p xml:id="ID_945" next="#ID_946"> Ehrlich gestanden: es scheint mir doch zu viel des „Imitirten" an diesen<lb/> Reformversuchen zu sein. Daß man wieder zu den schönen alten Schrift¬<lb/> schnitten zurückkehrt, wird jeder Urtheilsfähige mit Freuden begrüßen. Hier<lb/> brauchen wir nicht viel zu experimentiren, wie es wunderlicher Weise in den<lb/> „Bismarck-Briesen" geschehen ist, die man in einer, wie es scheint, besonders<lb/> dazu angefertigten, ideal construirten, entfernt an Schriften aus dem Ende des<lb/> 18. Jahrhunderts erinnernden deutschen Type hat drucken lassen, sondern man<lb/> braucht sich nur einfach an die lateinische Antiqua zu halten, denn ihr gehört,<lb/> auch in der deutschen Typographie, jedenfalls die Zukunft, und man braucht sich<lb/> nur fern zu halten von jener häßlichen Schriftmengerei, die z, B. in allen den<lb/> genannten Griesebach'schen Büchern zu finden ist, die aber ihr Vorbild nicht in<lb/> der Blüthezeit, sondern im Verfall der Druckerei im 17. Jahrhundert hat.<lb/> Daß man den Satz wieder mit typographischen Verzierungen auszustatten an¬<lb/> fängt, auch das ist nur zu loben. Freilich ist es hier schon weniger mit<lb/> einem äußerlichen Copiren der alten Bücher gethan. Ein Drucker des 16.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0335]
aller der genannten Mittel eine kleine Anzahl von Büchern, in denen man
auf den ersten Blick voll Ueberraschung getreue Nachahmungen alter Drucke
zu sehen meint. Wir denken hierbei an Publicationen wie die bei L. Rosner
in Wien erschienenen Beiträge zur deutschen Literaturgeschichte von Griesebach,
an die Jubiläumsausgabe der Gedichte Michel Angelo's, die A. Dürr ge¬
bracht hat, an den ersten Band eines ursprünglich als „Salonausgabe" an¬
gekündigten, dann als „Elzevierausgabe" erschienenen Druckes von Schiller's
Werken, mit dem O. Schulze in Leipzig debütirt hat, endlich an die beiden
ersten Bände einer „Ausgabe für Bücherfreunde", mit der die Firma Velhagen
und Klasing einen Anfang gemacht hat: Kleine Schriften von M. Luther und
Btsmarck's Briefe. Die Schillerausgabe hat D. Jouaust in Paris gedruckt;
leider ist sie nicht frei von ärgerlichen Druckfehlern. Alles übrige ist aus der
Drugulin'schen Osftcin hervorgegangen. Die Gedichte Michel Angelo's und
die „Ausgabe für Bücherfreunde" waren bei der Leipziger Ausstellung mit
vorgelegt. Um die Illusion vollständig zu machen, hatte man solche Drucke
in Umschläge broschirt, die aus einer Art imitirten Pergament bestehen —
man konnte sich des Verdachtes nicht erwehren, daß es vielleicht gar die¬
selbe Masse sei, aus der seit einiger Zeit auch die künstlichen Därme zur Cer-
velatwurst fabricirt werden! — oder man hatte sie in die schon erwähnten,
ebenfalls imitirten, Schweinslederbände gebunden, mit reicher Deckelvergoldung
in italienischem oder deutschem Renaissancestil.
Da wären wir ja nun dort, wo wir sein wollten? Da hätten wir ja
in der Buchausstattung jene in unserem Kunstgewerbe aller Orten angestrebte
zweite Renaissance? Was wollen wir noch weiter? Nur fort auf der glück¬
lich betretenen Bahn!
Ehrlich gestanden: es scheint mir doch zu viel des „Imitirten" an diesen
Reformversuchen zu sein. Daß man wieder zu den schönen alten Schrift¬
schnitten zurückkehrt, wird jeder Urtheilsfähige mit Freuden begrüßen. Hier
brauchen wir nicht viel zu experimentiren, wie es wunderlicher Weise in den
„Bismarck-Briesen" geschehen ist, die man in einer, wie es scheint, besonders
dazu angefertigten, ideal construirten, entfernt an Schriften aus dem Ende des
18. Jahrhunderts erinnernden deutschen Type hat drucken lassen, sondern man
braucht sich nur einfach an die lateinische Antiqua zu halten, denn ihr gehört,
auch in der deutschen Typographie, jedenfalls die Zukunft, und man braucht sich
nur fern zu halten von jener häßlichen Schriftmengerei, die z, B. in allen den
genannten Griesebach'schen Büchern zu finden ist, die aber ihr Vorbild nicht in
der Blüthezeit, sondern im Verfall der Druckerei im 17. Jahrhundert hat.
Daß man den Satz wieder mit typographischen Verzierungen auszustatten an¬
fängt, auch das ist nur zu loben. Freilich ist es hier schon weniger mit
einem äußerlichen Copiren der alten Bücher gethan. Ein Drucker des 16.
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