Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.erkannte Vereinsrechte organisatorischer Art. Das gesetzliche Recht und der Die Spritinterpellation des Herrn v, Kardorff in der Sitzung vom Am 5. Februar kam dasselbe Thema nochmals zur Sprache, als es sich erkannte Vereinsrechte organisatorischer Art. Das gesetzliche Recht und der Die Spritinterpellation des Herrn v, Kardorff in der Sitzung vom Am 5. Februar kam dasselbe Thema nochmals zur Sprache, als es sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0322" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/135375"/> <p xml:id="ID_910" prev="#ID_909"> erkannte Vereinsrechte organisatorischer Art. Das gesetzliche Recht und der<lb/> gesetzliche Schutz solcher Organisationen würden vorzugsweise dem Theil der<lb/> Arbeiter zu Gute kommen, welche nicht die sociale Revolution, sondern die<lb/> sociale Reform wollen, welche diese Reform vor allem wollen durch Hebung<lb/> des Arbeiterstandes aus eigner Kraft. Es ist sehr zu beklagen, daß unsere<lb/> Gesetzgebung so lange Zeit braucht, um den Muth zu finden, der gesunden<lb/> Arbeiterbewegung einiges Vertrauen zu zeigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_911"> Die Spritinterpellation des Herrn v, Kardorff in der Sitzung vom<lb/> 4. Februar übergehen wir, da der Präsident Delbrück, um die Einfuhr deutschen<lb/> Sprits im Ausland zu erleichtern, wie sich voraussehen ließ, nur den guten<lb/> Willen der Reichsregierung, aber keinen sichern Erfolg der zu thuenden Schritte<lb/> versprechen, noch etwas Näheres über den einzuschlagenden Weg mittheilen<lb/> konnte. In derselben Sitzung erfolgte die zweite Berathung des Gesetzes über<lb/> die Erweiterung der Zwecke des Reichsinvalidenfonds. Der Inhalt des Ge¬<lb/> setzes beschäftigt uns nicht, wohl aber die Berathung desselben, sofern sie Ge¬<lb/> legenheit gab, die Anklagen gegen die Reichsregierung, daß sie einen zu großen<lb/> Theil des Fonds in Eisenbahn-Prioritäten angelegt, nochmals zu erörtern.<lb/> Das Centrum hatte in dieser Beziehung ein Tadelsvotum beantragt, welches<lb/> mit großer Majorität abgelehnt wurde, nachdem die Verhandlung das tadel¬<lb/> lose Verfahren der Reichsregierung in das klarste Licht gestellt hatte. In<lb/> dieser Verhandlung erhielt auch der Abgeordnete Miquel Gelegenheit, den<lb/> Vorwurf abzulehnen, als habe er als früheres Mitglied des Vorstandes der<lb/> Disconto-Gesellschaft zum Vortheil dieser Gesellschaft die Reichsregierung da¬<lb/> hin beeinflußt, so große Mengen von Prioritäten zu kaufen.</p><lb/> <p xml:id="ID_912" next="#ID_913"> Am 5. Februar kam dasselbe Thema nochmals zur Sprache, als es sich<lb/> um die Berathung des Berichts der Reichs-Schuldencommission über die unter<lb/> ihrer Aufsicht stehende Verwaltung des Jnvalidenfonds handelte. Ein Redner<lb/> des Centrums unternahm es, die Anklagen gegen die Reichsregierung und<lb/> gegen den Abgeordneten Miquel in der Form von Wiedergabe umlaufender<lb/> Gerüchte und Insinuationen zu wiederholen. Dies zog dem Redner bereits<lb/> wiederholte Verweise durch den Präsidenten zu und schließlich wurde der Redner<lb/> durch Herrn Windthorst im Namen des Centrums desavouirt. Noch ehe<lb/> Windthorst das Wort nahm, sprach Laster vortrefflich über das Thema der<lb/> Anklagen ohne beigebrachte Begründung. Er erinnerte daran, daß auch er<lb/> als öffentlicher Ankläger im preußischen Landtag aufgetreten sei, daß er aber<lb/> vor der eingesetzten Untersuchung-Kommission für jedes seiner Worte den<lb/> Beweis geliefert habe. Diese muthige und ehrenhafte Handlungsweise gab<lb/> dem Abgeordneten das volle Recht, die Verdächtigung ohne Beweis auf das<lb/> Strengste zu verurtheilen. Für die gegenwärtig grassirende Verleurndungs-<lb/> cpidemie gab er dann noch eine vortreffliche Erklärung. Er leitete sie nämlich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0322]
erkannte Vereinsrechte organisatorischer Art. Das gesetzliche Recht und der
gesetzliche Schutz solcher Organisationen würden vorzugsweise dem Theil der
Arbeiter zu Gute kommen, welche nicht die sociale Revolution, sondern die
sociale Reform wollen, welche diese Reform vor allem wollen durch Hebung
des Arbeiterstandes aus eigner Kraft. Es ist sehr zu beklagen, daß unsere
Gesetzgebung so lange Zeit braucht, um den Muth zu finden, der gesunden
Arbeiterbewegung einiges Vertrauen zu zeigen.
Die Spritinterpellation des Herrn v, Kardorff in der Sitzung vom
4. Februar übergehen wir, da der Präsident Delbrück, um die Einfuhr deutschen
Sprits im Ausland zu erleichtern, wie sich voraussehen ließ, nur den guten
Willen der Reichsregierung, aber keinen sichern Erfolg der zu thuenden Schritte
versprechen, noch etwas Näheres über den einzuschlagenden Weg mittheilen
konnte. In derselben Sitzung erfolgte die zweite Berathung des Gesetzes über
die Erweiterung der Zwecke des Reichsinvalidenfonds. Der Inhalt des Ge¬
setzes beschäftigt uns nicht, wohl aber die Berathung desselben, sofern sie Ge¬
legenheit gab, die Anklagen gegen die Reichsregierung, daß sie einen zu großen
Theil des Fonds in Eisenbahn-Prioritäten angelegt, nochmals zu erörtern.
Das Centrum hatte in dieser Beziehung ein Tadelsvotum beantragt, welches
mit großer Majorität abgelehnt wurde, nachdem die Verhandlung das tadel¬
lose Verfahren der Reichsregierung in das klarste Licht gestellt hatte. In
dieser Verhandlung erhielt auch der Abgeordnete Miquel Gelegenheit, den
Vorwurf abzulehnen, als habe er als früheres Mitglied des Vorstandes der
Disconto-Gesellschaft zum Vortheil dieser Gesellschaft die Reichsregierung da¬
hin beeinflußt, so große Mengen von Prioritäten zu kaufen.
Am 5. Februar kam dasselbe Thema nochmals zur Sprache, als es sich
um die Berathung des Berichts der Reichs-Schuldencommission über die unter
ihrer Aufsicht stehende Verwaltung des Jnvalidenfonds handelte. Ein Redner
des Centrums unternahm es, die Anklagen gegen die Reichsregierung und
gegen den Abgeordneten Miquel in der Form von Wiedergabe umlaufender
Gerüchte und Insinuationen zu wiederholen. Dies zog dem Redner bereits
wiederholte Verweise durch den Präsidenten zu und schließlich wurde der Redner
durch Herrn Windthorst im Namen des Centrums desavouirt. Noch ehe
Windthorst das Wort nahm, sprach Laster vortrefflich über das Thema der
Anklagen ohne beigebrachte Begründung. Er erinnerte daran, daß auch er
als öffentlicher Ankläger im preußischen Landtag aufgetreten sei, daß er aber
vor der eingesetzten Untersuchung-Kommission für jedes seiner Worte den
Beweis geliefert habe. Diese muthige und ehrenhafte Handlungsweise gab
dem Abgeordneten das volle Recht, die Verdächtigung ohne Beweis auf das
Strengste zu verurtheilen. Für die gegenwärtig grassirende Verleurndungs-
cpidemie gab er dann noch eine vortreffliche Erklärung. Er leitete sie nämlich
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