Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.schön. -- Lucian hat neuerdings in dem obern Theil des alten Tusculum Grenzboten I. 187ö. 32
schön. — Lucian hat neuerdings in dem obern Theil des alten Tusculum Grenzboten I. 187ö. 32
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0257" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/135310"/> <p xml:id="ID_702" prev="#ID_701" next="#ID_703"> schön. — Lucian hat neuerdings in dem obern Theil des alten Tusculum<lb/> graben lassen, und einen Schatz von anticken Sachen gefunden, unter denen<lb/> sich der Theil eines Theaters, von welchem mehrere ganz erhalten sind, und<lb/> einige Statuen auszeichnen. Letztere sind im Pallast aufgestellt. Die größte<lb/> davon, eine Matrone, ist ganz vorzüglich er ihrer Drapirung, und wirklich<lb/> von hohem Werth. Unter den architektonischen Ueberresten sind mehrere<lb/> schöne Ornamente. Da Lucian gegenwärtig auf seinem andern Gute Canino<lb/> im Toskanischen ist, so hatten wir die Freiheiten die er durch seine Humanität<lb/> selbst bey seiner Anwesenheit den Fremden gönnt, doch noch erweitern können.<lb/> Der Garderobe, der uns schon kannte, da wir schon im vergangenen Jahre<lb/> einen so himmlischen Tag hier verlebten, war erbötig auch diesmal alles<lb/> beyzutragen, um uns ein Götterleben zu geben. Er bereitete uns ein wahr¬<lb/> haft würzhaftes Frühstück, und ließ uns den ganzen Pallast der auch so<lb/> frey und offen steht, was auch wohl nirgends in der ganzen Welt, wie hier<lb/> seyn mag, ganz zu unserer Disposition. In dem großen Saal von dem man<lb/> unmittelbar in den Blumengarten tritt, der von den schönsten Blumen duftet,<lb/> steht ein herrl. Piano. Unser Freund Hr. Baron Stackelberg machte uns<lb/> durch sein meisterhaftes Spiel wieder recht viel Vergnügen, und lockte sogar<lb/> die entfernt wohnenden von der Familie der Villa herbei, die durch den Gar¬<lb/> derobe der ihn schon bey unserer vorjährigen Hiersein bewundert hatte von<lb/> unserer Anwesenheit gehört, und sich während dem wir frühstückten, im<lb/> Saal versammelt gehabt, und mit Begierde auf den musikalischen Genuß<lb/> gewartet hatten. Koss und Ripeenhausen sangen und ich trieb mich in den<lb/> Zimmern herum, bald sorgfältig examinirend, bald meinen Blick nach den<lb/> göttlichen Aussichten gerichtet, so verlebten wir hier einen halben Tag, wie<lb/> man, was solche Genüsse anbelangt, nur in Italien leben kann. Gegen<lb/> Abend giengen wir nach Grotta Ferrata, einem Closter, wo der Weg Anfangs<lb/> zwischen den Villen durch. dann im kühlen Castanien-Wald führt. Die An¬<lb/> wesenheit der Signora Dionizi, von welcher Sie die „VoM^s <^^us yuelCUkg Villss<lb/> 6s Latium" bey Hrn. Frauenholz sehen können, machte, daß mir kein an¬<lb/> deres Nachtlager als auf einem Billard, wo wir wie die Häringe zu fünf an¬<lb/> einander geschlichtet schliefen, erhalten konnten. Dieß stund freilich mit unsern<lb/> vormittägigen Genüßen im großen Contrast. Ohnerachtet des harten Nacht¬<lb/> lagers hatten wir unser etwas spät bestelltes Abendeßen doch verschlafen und<lb/> Wir genossen es den andern Tag als Frühstück. Ich besahe, ehe wir weiter<lb/> gingen, die Freschi von Dominichino in der Closter-Kirche, die ich schon näher<lb/> kannte. Das Closter macht mahlerische Prospekte und ich hatte mir längst<lb/> vorgenommen Einiges davon zu zeichnen; allein auch dießmcil konnte es nicht<lb/> geschehen. Wir machten den sehr schönen Weg nach dem Closter auf dem<lb/> Monte Cavo über Rocca ti Papa, der Stadt die wie ein Wespen-Nest an</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I. 187ö. 32</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0257]
schön. — Lucian hat neuerdings in dem obern Theil des alten Tusculum
graben lassen, und einen Schatz von anticken Sachen gefunden, unter denen
sich der Theil eines Theaters, von welchem mehrere ganz erhalten sind, und
einige Statuen auszeichnen. Letztere sind im Pallast aufgestellt. Die größte
davon, eine Matrone, ist ganz vorzüglich er ihrer Drapirung, und wirklich
von hohem Werth. Unter den architektonischen Ueberresten sind mehrere
schöne Ornamente. Da Lucian gegenwärtig auf seinem andern Gute Canino
im Toskanischen ist, so hatten wir die Freiheiten die er durch seine Humanität
selbst bey seiner Anwesenheit den Fremden gönnt, doch noch erweitern können.
Der Garderobe, der uns schon kannte, da wir schon im vergangenen Jahre
einen so himmlischen Tag hier verlebten, war erbötig auch diesmal alles
beyzutragen, um uns ein Götterleben zu geben. Er bereitete uns ein wahr¬
haft würzhaftes Frühstück, und ließ uns den ganzen Pallast der auch so
frey und offen steht, was auch wohl nirgends in der ganzen Welt, wie hier
seyn mag, ganz zu unserer Disposition. In dem großen Saal von dem man
unmittelbar in den Blumengarten tritt, der von den schönsten Blumen duftet,
steht ein herrl. Piano. Unser Freund Hr. Baron Stackelberg machte uns
durch sein meisterhaftes Spiel wieder recht viel Vergnügen, und lockte sogar
die entfernt wohnenden von der Familie der Villa herbei, die durch den Gar¬
derobe der ihn schon bey unserer vorjährigen Hiersein bewundert hatte von
unserer Anwesenheit gehört, und sich während dem wir frühstückten, im
Saal versammelt gehabt, und mit Begierde auf den musikalischen Genuß
gewartet hatten. Koss und Ripeenhausen sangen und ich trieb mich in den
Zimmern herum, bald sorgfältig examinirend, bald meinen Blick nach den
göttlichen Aussichten gerichtet, so verlebten wir hier einen halben Tag, wie
man, was solche Genüsse anbelangt, nur in Italien leben kann. Gegen
Abend giengen wir nach Grotta Ferrata, einem Closter, wo der Weg Anfangs
zwischen den Villen durch. dann im kühlen Castanien-Wald führt. Die An¬
wesenheit der Signora Dionizi, von welcher Sie die „VoM^s <^^us yuelCUkg Villss
6s Latium" bey Hrn. Frauenholz sehen können, machte, daß mir kein an¬
deres Nachtlager als auf einem Billard, wo wir wie die Häringe zu fünf an¬
einander geschlichtet schliefen, erhalten konnten. Dieß stund freilich mit unsern
vormittägigen Genüßen im großen Contrast. Ohnerachtet des harten Nacht¬
lagers hatten wir unser etwas spät bestelltes Abendeßen doch verschlafen und
Wir genossen es den andern Tag als Frühstück. Ich besahe, ehe wir weiter
gingen, die Freschi von Dominichino in der Closter-Kirche, die ich schon näher
kannte. Das Closter macht mahlerische Prospekte und ich hatte mir längst
vorgenommen Einiges davon zu zeichnen; allein auch dießmcil konnte es nicht
geschehen. Wir machten den sehr schönen Weg nach dem Closter auf dem
Monte Cavo über Rocca ti Papa, der Stadt die wie ein Wespen-Nest an
Grenzboten I. 187ö. 32
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