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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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als er dies nach den erwähnten Erklärungen der meisten republikanischen
Staatsconventionen und nach seinem Briefe vom 29. Mai v. I, war, in
welch letzterem er jede Nomination für das Präfidentenamt ablehnte, "es
sei denn, dieselbe trete unter solchen Umständen an ihn heran, die ihm dieselbe
zu einer gebieterischen Pflicht machen würden."

Die in Rede stehende Botschaft Grant's war, wie gesagt, vornehmlich
auf die bevorstehende Präsidentschafts-Campagne berechnet. Grant behandelte
die Cub "frage in einer im Ganzen zufrieden stellenden Weise, wenn er
sich auch, wie wir in einem frühern Artikel ausführten, für gewisse Fälle
eine Intervention vorbehielt; er machte, was die wichtige Finanzfrage anbe¬
trifft, die zur Erreichung der Baarzahlung von dem tüchtigen Finanzsekretär
Bristow eingereichten und von der Hartgeld-Presse in Amerika im Allgemeinen
gebilligten Vorschläge zu den seinigen, mit der Ausnahme, daß er die einzu¬
ziehenden Greenbacks in 3,63 procentige, statt in 4 procentige Bonds fundiren
will; er sprach über das hundertjährige Jubelfest in würdiger Weise
und brachte endlich in der Schul- und Kirchenfrage so tiefgreifende und
so aufregende Gegenstände zur Sprache, daß es nicht den Anschein gewinnen
konnte, er habe die Absicht, mit dem 4. März 1877 aus dem Weißen Hause
zu scheiden.

Fragen wir nun, ob die republikanische Partei, die bisher
Grant unterstützte, ihm auch ferner, namentlich in Hinsicht auf die dritte
Präsidentur, zur Seite stehen wird, so glauben wir dies, wie die Sachen
jetzt liegen, verneinen zu müssen. Einmal hat das Repräsentantenhaus sich
bald nach Eröffnung des Kongresses mit überwältigender Stimmenmehrheit,
d. h. mit 332 gegen 18 Stimmen, gegen die dritte Prästdentschaftscandi-
datur Grant's ausgesprochen; dann aber haben verschiedene Umstände neue
Schatten auf seinen Namen geworfen, so z. B. die großartigen Betrügereien
bei der Eintreibung von Branntweinsteuern, wobei der langjährige Privat¬
sekretär Grant's, General Babcock betheiligt sein soll, ferner das halsstar¬
rige Beharren Grant's auf der Ernennung E. C> Billings' zum Distrikts¬
richter von Louisiana an die Stelle des verrufenen Durell. Dieser Billings
ist nämlich derselbe Mann, welcher während der Amtsthätigkeit Durell's zur
Ausführung aller Gewalt- und Schandthaten des letzteren willig die Hand
reichte. Gegen die Ernennung des Herrn Billings sind mit Entschiedenheit
vier Minister aufgetreten: der Generalanwalt Pterrepont, der Finanzminister
Bristow, der Generalpostmeister Jewell und der Staatssekretär Fish; allein
Grant war, nach den neuesten Nachrichten, nicht zum Nachgeben zu bewegen.
Das Ernennen unfähiger und corrupter Beamten, nur zu dem Zwecke, die Partei¬
macht als solche zu stärken, hat Grant überhaupt unendlich geschadet und den
Ruf seiner eigenen Ehrlichkeit nicht selten gefährdet. Endlich hat der frühere


als er dies nach den erwähnten Erklärungen der meisten republikanischen
Staatsconventionen und nach seinem Briefe vom 29. Mai v. I, war, in
welch letzterem er jede Nomination für das Präfidentenamt ablehnte, „es
sei denn, dieselbe trete unter solchen Umständen an ihn heran, die ihm dieselbe
zu einer gebieterischen Pflicht machen würden."

Die in Rede stehende Botschaft Grant's war, wie gesagt, vornehmlich
auf die bevorstehende Präsidentschafts-Campagne berechnet. Grant behandelte
die Cub «frage in einer im Ganzen zufrieden stellenden Weise, wenn er
sich auch, wie wir in einem frühern Artikel ausführten, für gewisse Fälle
eine Intervention vorbehielt; er machte, was die wichtige Finanzfrage anbe¬
trifft, die zur Erreichung der Baarzahlung von dem tüchtigen Finanzsekretär
Bristow eingereichten und von der Hartgeld-Presse in Amerika im Allgemeinen
gebilligten Vorschläge zu den seinigen, mit der Ausnahme, daß er die einzu¬
ziehenden Greenbacks in 3,63 procentige, statt in 4 procentige Bonds fundiren
will; er sprach über das hundertjährige Jubelfest in würdiger Weise
und brachte endlich in der Schul- und Kirchenfrage so tiefgreifende und
so aufregende Gegenstände zur Sprache, daß es nicht den Anschein gewinnen
konnte, er habe die Absicht, mit dem 4. März 1877 aus dem Weißen Hause
zu scheiden.

Fragen wir nun, ob die republikanische Partei, die bisher
Grant unterstützte, ihm auch ferner, namentlich in Hinsicht auf die dritte
Präsidentur, zur Seite stehen wird, so glauben wir dies, wie die Sachen
jetzt liegen, verneinen zu müssen. Einmal hat das Repräsentantenhaus sich
bald nach Eröffnung des Kongresses mit überwältigender Stimmenmehrheit,
d. h. mit 332 gegen 18 Stimmen, gegen die dritte Prästdentschaftscandi-
datur Grant's ausgesprochen; dann aber haben verschiedene Umstände neue
Schatten auf seinen Namen geworfen, so z. B. die großartigen Betrügereien
bei der Eintreibung von Branntweinsteuern, wobei der langjährige Privat¬
sekretär Grant's, General Babcock betheiligt sein soll, ferner das halsstar¬
rige Beharren Grant's auf der Ernennung E. C> Billings' zum Distrikts¬
richter von Louisiana an die Stelle des verrufenen Durell. Dieser Billings
ist nämlich derselbe Mann, welcher während der Amtsthätigkeit Durell's zur
Ausführung aller Gewalt- und Schandthaten des letzteren willig die Hand
reichte. Gegen die Ernennung des Herrn Billings sind mit Entschiedenheit
vier Minister aufgetreten: der Generalanwalt Pterrepont, der Finanzminister
Bristow, der Generalpostmeister Jewell und der Staatssekretär Fish; allein
Grant war, nach den neuesten Nachrichten, nicht zum Nachgeben zu bewegen.
Das Ernennen unfähiger und corrupter Beamten, nur zu dem Zwecke, die Partei¬
macht als solche zu stärken, hat Grant überhaupt unendlich geschadet und den
Ruf seiner eigenen Ehrlichkeit nicht selten gefährdet. Endlich hat der frühere


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/165>, abgerufen am 02.10.2024.