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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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nur wenig Ehre, von denen besiegt zu werden, ewige Schande bringen
würde."*) -- Leider hatte Matthias Corvinus. was das Einschreiten des
Reiches betrifft, nicht Recht. Einen Tag bevor der Magyarenfürst zu Ofen
jenen Brief schrieb, hatten die Unterhändler Kaiser Friedrich's III. zu Lau¬
sanne einen Vertrag geschlossen. welcher gegen das erneuerte Versprechen der
künftigen Vermählung der Erbtochter von Burgund mit dem Erzherzoge
Maximilian die reichsangehörigen Verbündeten preisgab. Abermals hatte
also das Habsburgische Hausinteresse die Rechte des Reichs verrathen; aber-
wals war ein Schritt geschehn, die Eidgenossenschaft und das Elsaß loszulösen
v°in deutschen Reich.

Um dem angedrohten Abzüge seiner italienischen Söldner vorzubeugen,
verkündete der Herzog Karl, daß er Geld erwarte und der Mannschaft 4
Monatssölde zahlen werde; doch nicht auf einmal; sondern zunächst nur
°'nen; den zweiten dann nach dem Aufbruch von Lausanne im ersten neuen
^ger, die beiden übrigen in dem darauf folgenden Lager. Er hielt also die
Truppen durch Versprechungen zusammen und befahl für den 9. Mai eine
Krosze Musterung. -- Uebereifrig wie er war. fand er sich zu dieser schon
^n. als die Truppen noch auf dem Wege zum Revueplatz waren. Er ließ
^ halten. Emsig ritt er die Reihen auf und nieder, bald vorn bald hinten
thätig; jede Hilfe bei besserem Ordnen der Truppen lehnte er heftig ab. er¬
zürnte sich über wahrgenommene Fehler und theilte eigenhändig viele Stock¬
schläge aus. Endlich zog man weiter zur Revue, welche die Herzogin von
Savoyen abnahm und welcher sich Manövers anschlössen, die bis zum Dunkel-
Werden dauerten. - Die italienischen Botschafter meldeten ihren Herren nach
dieser Heerschau: die Armee habe an Reisigen, einschließlich der Leibwache.
1600 Lanzen gezählt, hiezu 3200 Bogenschützen zu Pferde, ebensoviele Knappen
und Coustiliers. in Allem also 8000 Reiter. An Fußvolk seien gemustert
worden ungefähr 11000 Büchsen- und Bogenschützen; das ganze Heer könne
wan danach auf 20.000 Mann anschlagen. Die Ausrüstung und Remon-
"rung sei allerdings von ungleichem Werthe; alle Welt aber wundere sich,
^e so zahlreiches Kriegsvolk ohne Geld habe ins Feld gestellt werden können,
iumal noch 3000 Mann in Besatzungen an der Schweizer Grenze ständen und
etwa Koog Niederländer binnen Kurzem eintreffen würden. Auch die Savoyer.
welche in bedeutender Stärke jenseits des Genfer Sees standen. waren nicht
mitgezählt. Jedermann war die Geschäftigkeit des Herzogs aufgefallen, über
welche sich die HauptleUte bitter beschwerten. Gerade so sei er auch in der
Schlacht und eben dadurch habe er sich die Schlappe von Grandson zuge-



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' -v-M I47ö. Archiv zu Mailand. Bei v. Note.

nur wenig Ehre, von denen besiegt zu werden, ewige Schande bringen
würde."*) — Leider hatte Matthias Corvinus. was das Einschreiten des
Reiches betrifft, nicht Recht. Einen Tag bevor der Magyarenfürst zu Ofen
jenen Brief schrieb, hatten die Unterhändler Kaiser Friedrich's III. zu Lau¬
sanne einen Vertrag geschlossen. welcher gegen das erneuerte Versprechen der
künftigen Vermählung der Erbtochter von Burgund mit dem Erzherzoge
Maximilian die reichsangehörigen Verbündeten preisgab. Abermals hatte
also das Habsburgische Hausinteresse die Rechte des Reichs verrathen; aber-
wals war ein Schritt geschehn, die Eidgenossenschaft und das Elsaß loszulösen
v°in deutschen Reich.

Um dem angedrohten Abzüge seiner italienischen Söldner vorzubeugen,
verkündete der Herzog Karl, daß er Geld erwarte und der Mannschaft 4
Monatssölde zahlen werde; doch nicht auf einmal; sondern zunächst nur
°'nen; den zweiten dann nach dem Aufbruch von Lausanne im ersten neuen
^ger, die beiden übrigen in dem darauf folgenden Lager. Er hielt also die
Truppen durch Versprechungen zusammen und befahl für den 9. Mai eine
Krosze Musterung. — Uebereifrig wie er war. fand er sich zu dieser schon
^n. als die Truppen noch auf dem Wege zum Revueplatz waren. Er ließ
^ halten. Emsig ritt er die Reihen auf und nieder, bald vorn bald hinten
thätig; jede Hilfe bei besserem Ordnen der Truppen lehnte er heftig ab. er¬
zürnte sich über wahrgenommene Fehler und theilte eigenhändig viele Stock¬
schläge aus. Endlich zog man weiter zur Revue, welche die Herzogin von
Savoyen abnahm und welcher sich Manövers anschlössen, die bis zum Dunkel-
Werden dauerten. - Die italienischen Botschafter meldeten ihren Herren nach
dieser Heerschau: die Armee habe an Reisigen, einschließlich der Leibwache.
1600 Lanzen gezählt, hiezu 3200 Bogenschützen zu Pferde, ebensoviele Knappen
und Coustiliers. in Allem also 8000 Reiter. An Fußvolk seien gemustert
worden ungefähr 11000 Büchsen- und Bogenschützen; das ganze Heer könne
wan danach auf 20.000 Mann anschlagen. Die Ausrüstung und Remon-
"rung sei allerdings von ungleichem Werthe; alle Welt aber wundere sich,
^e so zahlreiches Kriegsvolk ohne Geld habe ins Feld gestellt werden können,
iumal noch 3000 Mann in Besatzungen an der Schweizer Grenze ständen und
etwa Koog Niederländer binnen Kurzem eintreffen würden. Auch die Savoyer.
welche in bedeutender Stärke jenseits des Genfer Sees standen. waren nicht
mitgezählt. Jedermann war die Geschäftigkeit des Herzogs aufgefallen, über
welche sich die HauptleUte bitter beschwerten. Gerade so sei er auch in der
Schlacht und eben dadurch habe er sich die Schlappe von Grandson zuge-



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[0107] nur wenig Ehre, von denen besiegt zu werden, ewige Schande bringen würde."*) — Leider hatte Matthias Corvinus. was das Einschreiten des Reiches betrifft, nicht Recht. Einen Tag bevor der Magyarenfürst zu Ofen jenen Brief schrieb, hatten die Unterhändler Kaiser Friedrich's III. zu Lau¬ sanne einen Vertrag geschlossen. welcher gegen das erneuerte Versprechen der künftigen Vermählung der Erbtochter von Burgund mit dem Erzherzoge Maximilian die reichsangehörigen Verbündeten preisgab. Abermals hatte also das Habsburgische Hausinteresse die Rechte des Reichs verrathen; aber- wals war ein Schritt geschehn, die Eidgenossenschaft und das Elsaß loszulösen v°in deutschen Reich. Um dem angedrohten Abzüge seiner italienischen Söldner vorzubeugen, verkündete der Herzog Karl, daß er Geld erwarte und der Mannschaft 4 Monatssölde zahlen werde; doch nicht auf einmal; sondern zunächst nur °'nen; den zweiten dann nach dem Aufbruch von Lausanne im ersten neuen ^ger, die beiden übrigen in dem darauf folgenden Lager. Er hielt also die Truppen durch Versprechungen zusammen und befahl für den 9. Mai eine Krosze Musterung. — Uebereifrig wie er war. fand er sich zu dieser schon ^n. als die Truppen noch auf dem Wege zum Revueplatz waren. Er ließ ^ halten. Emsig ritt er die Reihen auf und nieder, bald vorn bald hinten thätig; jede Hilfe bei besserem Ordnen der Truppen lehnte er heftig ab. er¬ zürnte sich über wahrgenommene Fehler und theilte eigenhändig viele Stock¬ schläge aus. Endlich zog man weiter zur Revue, welche die Herzogin von Savoyen abnahm und welcher sich Manövers anschlössen, die bis zum Dunkel- Werden dauerten. - Die italienischen Botschafter meldeten ihren Herren nach dieser Heerschau: die Armee habe an Reisigen, einschließlich der Leibwache. 1600 Lanzen gezählt, hiezu 3200 Bogenschützen zu Pferde, ebensoviele Knappen und Coustiliers. in Allem also 8000 Reiter. An Fußvolk seien gemustert worden ungefähr 11000 Büchsen- und Bogenschützen; das ganze Heer könne wan danach auf 20.000 Mann anschlagen. Die Ausrüstung und Remon- "rung sei allerdings von ungleichem Werthe; alle Welt aber wundere sich, ^e so zahlreiches Kriegsvolk ohne Geld habe ins Feld gestellt werden können, iumal noch 3000 Mann in Besatzungen an der Schweizer Grenze ständen und etwa Koog Niederländer binnen Kurzem eintreffen würden. Auch die Savoyer. welche in bedeutender Stärke jenseits des Genfer Sees standen. waren nicht mitgezählt. Jedermann war die Geschäftigkeit des Herzogs aufgefallen, über welche sich die HauptleUte bitter beschwerten. Gerade so sei er auch in der Schlacht und eben dadurch habe er sich die Schlappe von Grandson zuge- 7 !w ^ Ink<zrg.rlllll Rsgis lluvkitriss -Z,Ä ^s. 17. OllLSM LurZuuäws, Ost. IZuSg,. ' -v-M I47ö. Archiv zu Mailand. Bei v. Note.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/107>, abgerufen am 24.07.2024.