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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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den Sieg davon, und es ist für den Zweck dieser Darstellung der Weg. auf
welchem der neue König zum Königthum gelangte, ebenso charakteristisch, wie
seine ganze Persönlichkeit; beides zeichnet das Ziel, wohin wir jetzt streben,
den Mönch auf dem Throne.*)




Ungarische Zustände.

Die jüngste Ministerkrisis in Pest-Ofen, welche schließlich den Führer der
Linken. Kolmar Tisza. zum thatsächlichen Leiter des ungarischen Staates
erhob, hat wieder die Blicke des europäischen Publikums auf die Länder der
Stephanskrone gelenkt, die sonst seinem Interesse ziemlich fern liegen. Wenn
dabei eine Empfindung herrschend war. so war es sicher das Gefühl des
Staunens darüber, wie diese mit allen Hilfsquellen gesegneten und von einem
Adel, der sich mit dem englischen zu vergleichen liebt, beinahe souverän
regierten Lande doch einem solchen finanziellen Abgrunde haben zutreiben
können. Wer sich darüber wie über den ganzen furchtbar raschen Verfall
Ungarns seit dem Jahre des "Ausgleichs" 18K7 aufklären will, der kann
dies kaum besser thun als durch die Lectüre des vortrefflichen Buches von
Franz v. Löser, Die Magyaren und andere Ungarn (1874). Wir
gestatten uns, den Lesern dieser Blätter das Wichtigste aus diesem hoch¬
interessanter Werke in freier Bearbeitung mitzutheilen, weniger allerdings,
um seine Lectüre zu ersetzen, als vielmehr, um zum Genusse des Ganzen an¬
zuregen.

Franz v. Löser. königlich bairischer Archivdirektor und Professor an der
Universität München, bekannt durch mehrere gediegene historische und reise¬
wissenschaftliche Werke, besuchte im Sommer 1871 Ungarn und schilderte seine
Beobachtungen sodann in Reisebriefen, die in der "Augsburger Allgemeinen
Zeitung" erschienen. Aus diesen und verschiedenen Zusätzen entstand dann
das vorliegende Buch. Diesen Ursprung verleugnet es nicht ganz; es erscheint
vielfach skizzenhaft, bringt Verschiedenartiges in bunter Mischung, vermeidet
auch keineswegs Wiederholungen, aber der Verfasser verräth überall scharfe



Hierzu paßt, was Spittler. Geschichte des Papstthums c>. a. O. von den Mönchen
auf dem Papststuhl Saat- Wo irgend ein streng regierender Papst ist. war es ein Mönch .....
Auch Papst Gregor VII war ein Cluniaccnscr Mönch." Baur. Geschichte der K.rede des
Mittelalters Seite 1et9 wendet diese Eigenschaft schon auf Otto III. an. Er sagt: Kann es
einen augenscheinlicheren Beweis des übergreifenden Einflusses geben, welchen die ascettsch -
hierarchischen Ideen auf die damalige Welt gewannen, als das Beispiel eines Herrschers,
welcher wie Otto III. Kaiser und Mönch in Einer Person war ....?" Man ver¬
gleiche die Stelle.

den Sieg davon, und es ist für den Zweck dieser Darstellung der Weg. auf
welchem der neue König zum Königthum gelangte, ebenso charakteristisch, wie
seine ganze Persönlichkeit; beides zeichnet das Ziel, wohin wir jetzt streben,
den Mönch auf dem Throne.*)




Ungarische Zustände.

Die jüngste Ministerkrisis in Pest-Ofen, welche schließlich den Führer der
Linken. Kolmar Tisza. zum thatsächlichen Leiter des ungarischen Staates
erhob, hat wieder die Blicke des europäischen Publikums auf die Länder der
Stephanskrone gelenkt, die sonst seinem Interesse ziemlich fern liegen. Wenn
dabei eine Empfindung herrschend war. so war es sicher das Gefühl des
Staunens darüber, wie diese mit allen Hilfsquellen gesegneten und von einem
Adel, der sich mit dem englischen zu vergleichen liebt, beinahe souverän
regierten Lande doch einem solchen finanziellen Abgrunde haben zutreiben
können. Wer sich darüber wie über den ganzen furchtbar raschen Verfall
Ungarns seit dem Jahre des „Ausgleichs" 18K7 aufklären will, der kann
dies kaum besser thun als durch die Lectüre des vortrefflichen Buches von
Franz v. Löser, Die Magyaren und andere Ungarn (1874). Wir
gestatten uns, den Lesern dieser Blätter das Wichtigste aus diesem hoch¬
interessanter Werke in freier Bearbeitung mitzutheilen, weniger allerdings,
um seine Lectüre zu ersetzen, als vielmehr, um zum Genusse des Ganzen an¬
zuregen.

Franz v. Löser. königlich bairischer Archivdirektor und Professor an der
Universität München, bekannt durch mehrere gediegene historische und reise¬
wissenschaftliche Werke, besuchte im Sommer 1871 Ungarn und schilderte seine
Beobachtungen sodann in Reisebriefen, die in der „Augsburger Allgemeinen
Zeitung" erschienen. Aus diesen und verschiedenen Zusätzen entstand dann
das vorliegende Buch. Diesen Ursprung verleugnet es nicht ganz; es erscheint
vielfach skizzenhaft, bringt Verschiedenartiges in bunter Mischung, vermeidet
auch keineswegs Wiederholungen, aber der Verfasser verräth überall scharfe



Hierzu paßt, was Spittler. Geschichte des Papstthums c>. a. O. von den Mönchen
auf dem Papststuhl Saat- Wo irgend ein streng regierender Papst ist. war es ein Mönch .....
Auch Papst Gregor VII war ein Cluniaccnscr Mönch." Baur. Geschichte der K.rede des
Mittelalters Seite 1et9 wendet diese Eigenschaft schon auf Otto III. an. Er sagt: Kann es
einen augenscheinlicheren Beweis des übergreifenden Einflusses geben, welchen die ascettsch -
hierarchischen Ideen auf die damalige Welt gewannen, als das Beispiel eines Herrschers,
welcher wie Otto III. Kaiser und Mönch in Einer Person war ....?" Man ver¬
gleiche die Stelle.
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[0063] den Sieg davon, und es ist für den Zweck dieser Darstellung der Weg. auf welchem der neue König zum Königthum gelangte, ebenso charakteristisch, wie seine ganze Persönlichkeit; beides zeichnet das Ziel, wohin wir jetzt streben, den Mönch auf dem Throne.*) Ungarische Zustände. Die jüngste Ministerkrisis in Pest-Ofen, welche schließlich den Führer der Linken. Kolmar Tisza. zum thatsächlichen Leiter des ungarischen Staates erhob, hat wieder die Blicke des europäischen Publikums auf die Länder der Stephanskrone gelenkt, die sonst seinem Interesse ziemlich fern liegen. Wenn dabei eine Empfindung herrschend war. so war es sicher das Gefühl des Staunens darüber, wie diese mit allen Hilfsquellen gesegneten und von einem Adel, der sich mit dem englischen zu vergleichen liebt, beinahe souverän regierten Lande doch einem solchen finanziellen Abgrunde haben zutreiben können. Wer sich darüber wie über den ganzen furchtbar raschen Verfall Ungarns seit dem Jahre des „Ausgleichs" 18K7 aufklären will, der kann dies kaum besser thun als durch die Lectüre des vortrefflichen Buches von Franz v. Löser, Die Magyaren und andere Ungarn (1874). Wir gestatten uns, den Lesern dieser Blätter das Wichtigste aus diesem hoch¬ interessanter Werke in freier Bearbeitung mitzutheilen, weniger allerdings, um seine Lectüre zu ersetzen, als vielmehr, um zum Genusse des Ganzen an¬ zuregen. Franz v. Löser. königlich bairischer Archivdirektor und Professor an der Universität München, bekannt durch mehrere gediegene historische und reise¬ wissenschaftliche Werke, besuchte im Sommer 1871 Ungarn und schilderte seine Beobachtungen sodann in Reisebriefen, die in der „Augsburger Allgemeinen Zeitung" erschienen. Aus diesen und verschiedenen Zusätzen entstand dann das vorliegende Buch. Diesen Ursprung verleugnet es nicht ganz; es erscheint vielfach skizzenhaft, bringt Verschiedenartiges in bunter Mischung, vermeidet auch keineswegs Wiederholungen, aber der Verfasser verräth überall scharfe Hierzu paßt, was Spittler. Geschichte des Papstthums c>. a. O. von den Mönchen auf dem Papststuhl Saat- Wo irgend ein streng regierender Papst ist. war es ein Mönch ..... Auch Papst Gregor VII war ein Cluniaccnscr Mönch." Baur. Geschichte der K.rede des Mittelalters Seite 1et9 wendet diese Eigenschaft schon auf Otto III. an. Er sagt: Kann es einen augenscheinlicheren Beweis des übergreifenden Einflusses geben, welchen die ascettsch - hierarchischen Ideen auf die damalige Welt gewannen, als das Beispiel eines Herrschers, welcher wie Otto III. Kaiser und Mönch in Einer Person war ....?" Man ver¬ gleiche die Stelle.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/63>, abgerufen am 29.06.2024.