Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

sie 985 bei Augsburg auf dem Lechfelde geschlagen waren, konnte sich Otto l.
eben um Italien nicht kümmern.

Aber die Geistlichkeit im Reiche hatte dabei um so mehr gewonnen, als
sie in dem Aufstande Liudolf's und Konrad's hülfreich erkannt worden war.
Die Verwaltung des Konrad abgenommenen Herzogthums Lothringen über¬
gab Otto seinem Bruder, dem Erzbischof Brun von Köln. Auf den Stuhl
des Erzbisthums Mainz brachte er seinen unehelichen Sohn von einer
wendischen Prinzessin, Wilhelm, in Schwaben wurde Liudolf abgesetzt. Unter
solchen Verhältnissen griff mit allem Entgegenkommen gegen die Interessen
der Kirche Otto I. auch wieder in die italienischen Dinge ein.

Der durch Otto's zweiten Römerzug von seinem Bedränger, dem Vice-
könig Berengar befreite Papst erkaufte zwar zunächst mit Unterordnung seiner
Wahl unter die Leitung des zum Kaiser des heiligen römischen
Reichs deutscher Nation gekrönten Otto die Wiederaufrichtung seines
Ansehens; aber auch dieser Papst, mit dem der neue Kaiser zu thun hatte,
steifte sich auf seine Oberherrlichkeit und Kaiser Otto konnte es von seinem
eignen Sohne, Erzbischof Wilhelm von Mainz nicht erreichen, daß derselbe in
die Erfüllung seines Lieblingswunsches der Gründung des Erzbisthums
Magdeburg willigte. Erzbischof Wilhelm wollte von seinem Sprengel nichts
an den neuen Sprengel verlieren und schrieb, sich auf die oben erwähnten
Ansprüche des Bonifacius berufend, und selbst einer seitens Otto's erlangten
Zustimmungsbulle eines willigen Papstes sich entgegenstemmend dem Papste: es
sei ein schlimmes Zeichen der Zeit, daß der Bischof thue, was sich für den
Herzog und Graf gebühre, dagegen aber auch der Herzog und Graf thue, was
des Bischofes sei. Nach den Privilegien, welche ihm früher der Papst ver¬
liehen, mit der Machtfülle, Eingriffe in seinen erzbischöflichen Besitz mit dem
Banne zu bestrafen, werde er nie in die Verkürzung des Mainzer Sprengels
um die Halberstädter Kirche (um die es sich also handelte) einwilligen,
auch wenn der betreffende Bote einen apostolischen Brief mitbringe des Inhalts,
daß es in apostolischer Machtvollkommenheit dem Könige erlaubt sein solle,
Bisthümer nach Belieben zu ordnen. Er sei als Primas in Germanien
Niemand Rechenschaft schuldig (Giesebrecht I. S. 420).

Der Erzbischof Wilhelm verhinderte es bis zu seinem Tode 968, daß
Otto I. das Erzbisthum Magdeburg errichtete. 5 Jahre darauf starb Otto I.
selbst, seinem Sohne Otto II. (nach Luidolf's 957 erfolgtem Ableben und noch
vor Otto's I. Tod bereits erfolgter Wahl zum König 961 und Krönung
zum Kaiser 967) das Reich hinterlassend. Wir übergehen hier nun, wie
ebenfalls Otto II. seine Mühe hatte, seinem gleichfalls nach der Königs¬
krone strebenden Vetter Heinrich (dem Zänker) von Baiern zu steuern und
seine Kräfte an dem erfolglosen Versuche, Apulien und Kalabrien als Erb-


sie 985 bei Augsburg auf dem Lechfelde geschlagen waren, konnte sich Otto l.
eben um Italien nicht kümmern.

Aber die Geistlichkeit im Reiche hatte dabei um so mehr gewonnen, als
sie in dem Aufstande Liudolf's und Konrad's hülfreich erkannt worden war.
Die Verwaltung des Konrad abgenommenen Herzogthums Lothringen über¬
gab Otto seinem Bruder, dem Erzbischof Brun von Köln. Auf den Stuhl
des Erzbisthums Mainz brachte er seinen unehelichen Sohn von einer
wendischen Prinzessin, Wilhelm, in Schwaben wurde Liudolf abgesetzt. Unter
solchen Verhältnissen griff mit allem Entgegenkommen gegen die Interessen
der Kirche Otto I. auch wieder in die italienischen Dinge ein.

Der durch Otto's zweiten Römerzug von seinem Bedränger, dem Vice-
könig Berengar befreite Papst erkaufte zwar zunächst mit Unterordnung seiner
Wahl unter die Leitung des zum Kaiser des heiligen römischen
Reichs deutscher Nation gekrönten Otto die Wiederaufrichtung seines
Ansehens; aber auch dieser Papst, mit dem der neue Kaiser zu thun hatte,
steifte sich auf seine Oberherrlichkeit und Kaiser Otto konnte es von seinem
eignen Sohne, Erzbischof Wilhelm von Mainz nicht erreichen, daß derselbe in
die Erfüllung seines Lieblingswunsches der Gründung des Erzbisthums
Magdeburg willigte. Erzbischof Wilhelm wollte von seinem Sprengel nichts
an den neuen Sprengel verlieren und schrieb, sich auf die oben erwähnten
Ansprüche des Bonifacius berufend, und selbst einer seitens Otto's erlangten
Zustimmungsbulle eines willigen Papstes sich entgegenstemmend dem Papste: es
sei ein schlimmes Zeichen der Zeit, daß der Bischof thue, was sich für den
Herzog und Graf gebühre, dagegen aber auch der Herzog und Graf thue, was
des Bischofes sei. Nach den Privilegien, welche ihm früher der Papst ver¬
liehen, mit der Machtfülle, Eingriffe in seinen erzbischöflichen Besitz mit dem
Banne zu bestrafen, werde er nie in die Verkürzung des Mainzer Sprengels
um die Halberstädter Kirche (um die es sich also handelte) einwilligen,
auch wenn der betreffende Bote einen apostolischen Brief mitbringe des Inhalts,
daß es in apostolischer Machtvollkommenheit dem Könige erlaubt sein solle,
Bisthümer nach Belieben zu ordnen. Er sei als Primas in Germanien
Niemand Rechenschaft schuldig (Giesebrecht I. S. 420).

Der Erzbischof Wilhelm verhinderte es bis zu seinem Tode 968, daß
Otto I. das Erzbisthum Magdeburg errichtete. 5 Jahre darauf starb Otto I.
selbst, seinem Sohne Otto II. (nach Luidolf's 957 erfolgtem Ableben und noch
vor Otto's I. Tod bereits erfolgter Wahl zum König 961 und Krönung
zum Kaiser 967) das Reich hinterlassend. Wir übergehen hier nun, wie
ebenfalls Otto II. seine Mühe hatte, seinem gleichfalls nach der Königs¬
krone strebenden Vetter Heinrich (dem Zänker) von Baiern zu steuern und
seine Kräfte an dem erfolglosen Versuche, Apulien und Kalabrien als Erb-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0056" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133874"/>
          <p xml:id="ID_144" prev="#ID_143"> sie 985 bei Augsburg auf dem Lechfelde geschlagen waren, konnte sich Otto l.<lb/>
eben um Italien nicht kümmern.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_145"> Aber die Geistlichkeit im Reiche hatte dabei um so mehr gewonnen, als<lb/>
sie in dem Aufstande Liudolf's und Konrad's hülfreich erkannt worden war.<lb/>
Die Verwaltung des Konrad abgenommenen Herzogthums Lothringen über¬<lb/>
gab Otto seinem Bruder, dem Erzbischof Brun von Köln. Auf den Stuhl<lb/>
des Erzbisthums Mainz brachte er seinen unehelichen Sohn von einer<lb/>
wendischen Prinzessin, Wilhelm, in Schwaben wurde Liudolf abgesetzt. Unter<lb/>
solchen Verhältnissen griff mit allem Entgegenkommen gegen die Interessen<lb/>
der Kirche Otto I. auch wieder in die italienischen Dinge ein.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_146"> Der durch Otto's zweiten Römerzug von seinem Bedränger, dem Vice-<lb/>
könig Berengar befreite Papst erkaufte zwar zunächst mit Unterordnung seiner<lb/>
Wahl unter die Leitung des zum Kaiser des heiligen römischen<lb/>
Reichs deutscher Nation gekrönten Otto die Wiederaufrichtung seines<lb/>
Ansehens; aber auch dieser Papst, mit dem der neue Kaiser zu thun hatte,<lb/>
steifte sich auf seine Oberherrlichkeit und Kaiser Otto konnte es von seinem<lb/>
eignen Sohne, Erzbischof Wilhelm von Mainz nicht erreichen, daß derselbe in<lb/>
die Erfüllung seines Lieblingswunsches der Gründung des Erzbisthums<lb/>
Magdeburg willigte. Erzbischof Wilhelm wollte von seinem Sprengel nichts<lb/>
an den neuen Sprengel verlieren und schrieb, sich auf die oben erwähnten<lb/>
Ansprüche des Bonifacius berufend, und selbst einer seitens Otto's erlangten<lb/>
Zustimmungsbulle eines willigen Papstes sich entgegenstemmend dem Papste: es<lb/>
sei ein schlimmes Zeichen der Zeit, daß der Bischof thue, was sich für den<lb/>
Herzog und Graf gebühre, dagegen aber auch der Herzog und Graf thue, was<lb/>
des Bischofes sei. Nach den Privilegien, welche ihm früher der Papst ver¬<lb/>
liehen, mit der Machtfülle, Eingriffe in seinen erzbischöflichen Besitz mit dem<lb/>
Banne zu bestrafen, werde er nie in die Verkürzung des Mainzer Sprengels<lb/>
um die Halberstädter Kirche (um die es sich also handelte) einwilligen,<lb/>
auch wenn der betreffende Bote einen apostolischen Brief mitbringe des Inhalts,<lb/>
daß es in apostolischer Machtvollkommenheit dem Könige erlaubt sein solle,<lb/>
Bisthümer nach Belieben zu ordnen. Er sei als Primas in Germanien<lb/>
Niemand Rechenschaft schuldig (Giesebrecht I. S. 420).</p><lb/>
          <p xml:id="ID_147" next="#ID_148"> Der Erzbischof Wilhelm verhinderte es bis zu seinem Tode 968, daß<lb/>
Otto I. das Erzbisthum Magdeburg errichtete. 5 Jahre darauf starb Otto I.<lb/>
selbst, seinem Sohne Otto II. (nach Luidolf's 957 erfolgtem Ableben und noch<lb/>
vor Otto's I. Tod bereits erfolgter Wahl zum König 961 und Krönung<lb/>
zum Kaiser 967) das Reich hinterlassend. Wir übergehen hier nun, wie<lb/>
ebenfalls Otto II. seine Mühe hatte, seinem gleichfalls nach der Königs¬<lb/>
krone strebenden Vetter Heinrich (dem Zänker) von Baiern zu steuern und<lb/>
seine Kräfte an dem erfolglosen Versuche, Apulien und Kalabrien als Erb-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0056] sie 985 bei Augsburg auf dem Lechfelde geschlagen waren, konnte sich Otto l. eben um Italien nicht kümmern. Aber die Geistlichkeit im Reiche hatte dabei um so mehr gewonnen, als sie in dem Aufstande Liudolf's und Konrad's hülfreich erkannt worden war. Die Verwaltung des Konrad abgenommenen Herzogthums Lothringen über¬ gab Otto seinem Bruder, dem Erzbischof Brun von Köln. Auf den Stuhl des Erzbisthums Mainz brachte er seinen unehelichen Sohn von einer wendischen Prinzessin, Wilhelm, in Schwaben wurde Liudolf abgesetzt. Unter solchen Verhältnissen griff mit allem Entgegenkommen gegen die Interessen der Kirche Otto I. auch wieder in die italienischen Dinge ein. Der durch Otto's zweiten Römerzug von seinem Bedränger, dem Vice- könig Berengar befreite Papst erkaufte zwar zunächst mit Unterordnung seiner Wahl unter die Leitung des zum Kaiser des heiligen römischen Reichs deutscher Nation gekrönten Otto die Wiederaufrichtung seines Ansehens; aber auch dieser Papst, mit dem der neue Kaiser zu thun hatte, steifte sich auf seine Oberherrlichkeit und Kaiser Otto konnte es von seinem eignen Sohne, Erzbischof Wilhelm von Mainz nicht erreichen, daß derselbe in die Erfüllung seines Lieblingswunsches der Gründung des Erzbisthums Magdeburg willigte. Erzbischof Wilhelm wollte von seinem Sprengel nichts an den neuen Sprengel verlieren und schrieb, sich auf die oben erwähnten Ansprüche des Bonifacius berufend, und selbst einer seitens Otto's erlangten Zustimmungsbulle eines willigen Papstes sich entgegenstemmend dem Papste: es sei ein schlimmes Zeichen der Zeit, daß der Bischof thue, was sich für den Herzog und Graf gebühre, dagegen aber auch der Herzog und Graf thue, was des Bischofes sei. Nach den Privilegien, welche ihm früher der Papst ver¬ liehen, mit der Machtfülle, Eingriffe in seinen erzbischöflichen Besitz mit dem Banne zu bestrafen, werde er nie in die Verkürzung des Mainzer Sprengels um die Halberstädter Kirche (um die es sich also handelte) einwilligen, auch wenn der betreffende Bote einen apostolischen Brief mitbringe des Inhalts, daß es in apostolischer Machtvollkommenheit dem Könige erlaubt sein solle, Bisthümer nach Belieben zu ordnen. Er sei als Primas in Germanien Niemand Rechenschaft schuldig (Giesebrecht I. S. 420). Der Erzbischof Wilhelm verhinderte es bis zu seinem Tode 968, daß Otto I. das Erzbisthum Magdeburg errichtete. 5 Jahre darauf starb Otto I. selbst, seinem Sohne Otto II. (nach Luidolf's 957 erfolgtem Ableben und noch vor Otto's I. Tod bereits erfolgter Wahl zum König 961 und Krönung zum Kaiser 967) das Reich hinterlassend. Wir übergehen hier nun, wie ebenfalls Otto II. seine Mühe hatte, seinem gleichfalls nach der Königs¬ krone strebenden Vetter Heinrich (dem Zänker) von Baiern zu steuern und seine Kräfte an dem erfolglosen Versuche, Apulien und Kalabrien als Erb-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/56
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/56>, abgerufen am 28.09.2024.