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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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zur Subvention solcher Rheder in Trieft, Jstrien und Dalmatien für
die Dauer von fünf Jahren zu vier Procent. Die Durchführung des ganzen
Geschäftes, auf dessen Details die Nationalbank keinerlei Einfluß nehmen
wollte, wurde der Börsen-Deputation in Trieft übertragen, welche sich zur
Bezahlung der Zinsen in halbjährigen Raten verpflichtete. Die mit Vor¬
schüssen betheiligten Rheder hatten 6 pCt. zu zahlen; aus dem Ueberschusse
dieser Zinsen schuf man einen Reservefonds. Die Vorschüsse durften ein Drit¬
theil des genau erhobenen Werthes des zu belehrenden Schiffes nicht über¬
schreiten. Ein eigenes Comitö bei der genannten Börsen-Deputation leitete
die Operationen an der Hand eines besonderen Reglements. Nach diesem war
die Versicherungs-Police des belehnten Schiffes in. Pfand zu geben und durfte
auch von einem solchen Schiffe keine Bodmerei eingegangen werden, außer in
Fällen dringendster Noth um einer Havarie willen. Die ganze Operation
war von wohlthätigsten Einflüsse auf die Rhederei und wickelte sich
ohne irgend welchen Anstand ab. Nicht einmal der Reservefonds wurde
erschöpft, sondern es konnte derselbe zur Rückerstattung an die einzelnen Rhe¬
der, welche dazu beigetragen hatten, gelangen. Nach Abschluß des ganzen
Geschäftes blieb ein verfügbarer Rest von 7133 Fi. in diesem Reservefonds,
welcher im Jahre 1869 dem Tuchter Marine-Unterstützungsfonds zugewendet
wurde.

Nachdem sich die Oesterreichische Handelsmarine von dieser Krisis erholt
hatte, fand sie sich bereits mannigfach geänderten Verhältnissen gegenüber.
Jene Momente, die auf den Seehandel einen so nachtheiligen Einfluß üben,
und mit demselben in einem unzertrennlichen Zusammenhange stehen, kamen
mehr und mehr zur Geltung: wir meinen die Verrückung handelsgeographischer
Positionen durch das Eisenbahnwesen. Wohl verstand es nebenher die Rhe¬
derei, sich manches vordem weniger gepflegte Feld zu erschließen, besonders
nahmen die österreichischen Schiffe ihren Curs gern über den Ocean nach
Amerika, aber dies allein vermochte nicht die Anpassung an eine neue Situa¬
tion zu erleichtern. Und diese Situation wurde noch mehr gekennzeichnet,
als endlich die von Lesseps mit soviel Eifer aufgegriffene und mit so großer
Beharrlichkeit durchgeführte Idee des Durchstiches des Suez-Isthmus zur
Thatsache reifte.

Am 17. November 1869 ward der Suezkanal eröffnet. Lange ange¬
zweifelt und selbst nach seiner Eröffnung ein Gegenstand vielfacher Bedenken,
ist der Kanal rasch zu einem wichtigen Factor des Weltverkehrs geworden
und beeinflußt in ganz entschiedener Weise dessen Richtung. Konnte die
österreichische Marine auch nur im geringen Maße von den unmittelbaren Vor¬
theilen des Kanales Nutzen ziehen, weil ihr die Verfügung über zahlreiche


zur Subvention solcher Rheder in Trieft, Jstrien und Dalmatien für
die Dauer von fünf Jahren zu vier Procent. Die Durchführung des ganzen
Geschäftes, auf dessen Details die Nationalbank keinerlei Einfluß nehmen
wollte, wurde der Börsen-Deputation in Trieft übertragen, welche sich zur
Bezahlung der Zinsen in halbjährigen Raten verpflichtete. Die mit Vor¬
schüssen betheiligten Rheder hatten 6 pCt. zu zahlen; aus dem Ueberschusse
dieser Zinsen schuf man einen Reservefonds. Die Vorschüsse durften ein Drit¬
theil des genau erhobenen Werthes des zu belehrenden Schiffes nicht über¬
schreiten. Ein eigenes Comitö bei der genannten Börsen-Deputation leitete
die Operationen an der Hand eines besonderen Reglements. Nach diesem war
die Versicherungs-Police des belehnten Schiffes in. Pfand zu geben und durfte
auch von einem solchen Schiffe keine Bodmerei eingegangen werden, außer in
Fällen dringendster Noth um einer Havarie willen. Die ganze Operation
war von wohlthätigsten Einflüsse auf die Rhederei und wickelte sich
ohne irgend welchen Anstand ab. Nicht einmal der Reservefonds wurde
erschöpft, sondern es konnte derselbe zur Rückerstattung an die einzelnen Rhe¬
der, welche dazu beigetragen hatten, gelangen. Nach Abschluß des ganzen
Geschäftes blieb ein verfügbarer Rest von 7133 Fi. in diesem Reservefonds,
welcher im Jahre 1869 dem Tuchter Marine-Unterstützungsfonds zugewendet
wurde.

Nachdem sich die Oesterreichische Handelsmarine von dieser Krisis erholt
hatte, fand sie sich bereits mannigfach geänderten Verhältnissen gegenüber.
Jene Momente, die auf den Seehandel einen so nachtheiligen Einfluß üben,
und mit demselben in einem unzertrennlichen Zusammenhange stehen, kamen
mehr und mehr zur Geltung: wir meinen die Verrückung handelsgeographischer
Positionen durch das Eisenbahnwesen. Wohl verstand es nebenher die Rhe¬
derei, sich manches vordem weniger gepflegte Feld zu erschließen, besonders
nahmen die österreichischen Schiffe ihren Curs gern über den Ocean nach
Amerika, aber dies allein vermochte nicht die Anpassung an eine neue Situa¬
tion zu erleichtern. Und diese Situation wurde noch mehr gekennzeichnet,
als endlich die von Lesseps mit soviel Eifer aufgegriffene und mit so großer
Beharrlichkeit durchgeführte Idee des Durchstiches des Suez-Isthmus zur
Thatsache reifte.

Am 17. November 1869 ward der Suezkanal eröffnet. Lange ange¬
zweifelt und selbst nach seiner Eröffnung ein Gegenstand vielfacher Bedenken,
ist der Kanal rasch zu einem wichtigen Factor des Weltverkehrs geworden
und beeinflußt in ganz entschiedener Weise dessen Richtung. Konnte die
österreichische Marine auch nur im geringen Maße von den unmittelbaren Vor¬
theilen des Kanales Nutzen ziehen, weil ihr die Verfügung über zahlreiche


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/445>, abgerufen am 26.06.2024.