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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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Geist des großen Vorbildes getroffen. So konnte er getrost wagen, diese
Worte auf sein Gemälde zu schreiben: 1'oui- tztre Mee Z. evtv an tktdleau
et" unters repl^fendant 1s mens suM. Russe ä'^nvers. Aber mit der
Bescheidenheit des wahren Künstlers setzt er die Worte Diderot's darunter:
"lÄltdlir un Mi-lülöle entre nos oeuvres et celles ach Kranäs eng-etres, e'est
Is plus xmissant, mo^ein ü<z nous intruire et ac nous elsver." Ein anderes
bedeutendes Gemälde dieser Gattung ist Der Triumph Christi. Es stellt
den Moment dar, wo Christus eben verschieden ist. Ein leichter Glanz um¬
giebt das bleiche Antlitz und scheint siegreich das Dunkel, wie die aufgehende
Sonne, zu verscheuchen. Auf der einen Seite flieht das Heer der bösen Geister,
ohnmächtige Wuth und den Hohn der Verzweiflung in den Mienen und Ge¬
berden, hinab zu den Orten ewiger Qual; selbst Satanas, der Oberste der
Teufel, der noch am längsten getrotzt hat, vermag der stummen Majestät des
Erlöserhauptes nicht mehr Stand zu halten, auch er wendet sich zur Flucht,
zum Sturz in den Abgrund. Auf der andern Seite steht abgesondert von
den übrigen Engeln, welche in hastiger Verfolgung die bösen Geister vor sich
her scheuchen, der Erzengel, mit dem flammenden Schwerte; gebieterisch weist
er dem Satan den Ort der Verdammniß zur Wohnung an. Wunderbar
contrastirt das stille Dulderantlitz am Kreuz zu den leidenschaftlich bewegten
Typen der Kampfscene und zu der Herrscherglorie des Erzengels. . Aus jedem
Bilde treten uns plastische, unvergeßlich der Erinnerung sich einprägende Ge¬
stalten entgegen. Wer, der einmal das Museum Wiertz besucht hat, könnte
z. B. den Genius des Bösen, diese Einzelgestalt voll dämonischer Schön¬
heit und teuflischer Tücke je vergessen? Es liegt eine ungemeine Wucht in
der Haltung und dem Ausdruck dieser Gestalt mit dem Raubthierblick und
den tief in die eigene Brust eingekrallten Fingern.


Dr. Gustav Dannehl.

(Schluß folgt.)




Literatur.

Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung
1873. Herausgegeben von Carl von Lützow. Leipzig 1875. E. A. See¬
mann. -- Dieses Werk hat die Aufgabe gelöst, von der Gesammtvertretung
der Kunst und des Kunstgewerbes auf der Wiener Weltausstellung des Jahres
1873 durch Wort und Bild getreue Rechenschaft abzulegen. Da doch der
dauernde Werth und Nutzen dieser glanzvollen Schaustellungen der mensch¬
lichen Arbeit unzweifelhaft in der Belehrung zu suchen sind, die sie uns bieten,
so darf ein Werk wie das im Titel genannte, welches in erster Linie didaktische


Geist des großen Vorbildes getroffen. So konnte er getrost wagen, diese
Worte auf sein Gemälde zu schreiben: 1'oui- tztre Mee Z. evtv an tktdleau
et« unters repl^fendant 1s mens suM. Russe ä'^nvers. Aber mit der
Bescheidenheit des wahren Künstlers setzt er die Worte Diderot's darunter:
„lÄltdlir un Mi-lülöle entre nos oeuvres et celles ach Kranäs eng-etres, e'est
Is plus xmissant, mo^ein ü<z nous intruire et ac nous elsver." Ein anderes
bedeutendes Gemälde dieser Gattung ist Der Triumph Christi. Es stellt
den Moment dar, wo Christus eben verschieden ist. Ein leichter Glanz um¬
giebt das bleiche Antlitz und scheint siegreich das Dunkel, wie die aufgehende
Sonne, zu verscheuchen. Auf der einen Seite flieht das Heer der bösen Geister,
ohnmächtige Wuth und den Hohn der Verzweiflung in den Mienen und Ge¬
berden, hinab zu den Orten ewiger Qual; selbst Satanas, der Oberste der
Teufel, der noch am längsten getrotzt hat, vermag der stummen Majestät des
Erlöserhauptes nicht mehr Stand zu halten, auch er wendet sich zur Flucht,
zum Sturz in den Abgrund. Auf der andern Seite steht abgesondert von
den übrigen Engeln, welche in hastiger Verfolgung die bösen Geister vor sich
her scheuchen, der Erzengel, mit dem flammenden Schwerte; gebieterisch weist
er dem Satan den Ort der Verdammniß zur Wohnung an. Wunderbar
contrastirt das stille Dulderantlitz am Kreuz zu den leidenschaftlich bewegten
Typen der Kampfscene und zu der Herrscherglorie des Erzengels. . Aus jedem
Bilde treten uns plastische, unvergeßlich der Erinnerung sich einprägende Ge¬
stalten entgegen. Wer, der einmal das Museum Wiertz besucht hat, könnte
z. B. den Genius des Bösen, diese Einzelgestalt voll dämonischer Schön¬
heit und teuflischer Tücke je vergessen? Es liegt eine ungemeine Wucht in
der Haltung und dem Ausdruck dieser Gestalt mit dem Raubthierblick und
den tief in die eigene Brust eingekrallten Fingern.


Dr. Gustav Dannehl.

(Schluß folgt.)




Literatur.

Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung
1873. Herausgegeben von Carl von Lützow. Leipzig 1875. E. A. See¬
mann. — Dieses Werk hat die Aufgabe gelöst, von der Gesammtvertretung
der Kunst und des Kunstgewerbes auf der Wiener Weltausstellung des Jahres
1873 durch Wort und Bild getreue Rechenschaft abzulegen. Da doch der
dauernde Werth und Nutzen dieser glanzvollen Schaustellungen der mensch¬
lichen Arbeit unzweifelhaft in der Belehrung zu suchen sind, die sie uns bieten,
so darf ein Werk wie das im Titel genannte, welches in erster Linie didaktische


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[0406] Geist des großen Vorbildes getroffen. So konnte er getrost wagen, diese Worte auf sein Gemälde zu schreiben: 1'oui- tztre Mee Z. evtv an tktdleau et« unters repl^fendant 1s mens suM. Russe ä'^nvers. Aber mit der Bescheidenheit des wahren Künstlers setzt er die Worte Diderot's darunter: „lÄltdlir un Mi-lülöle entre nos oeuvres et celles ach Kranäs eng-etres, e'est Is plus xmissant, mo^ein ü<z nous intruire et ac nous elsver." Ein anderes bedeutendes Gemälde dieser Gattung ist Der Triumph Christi. Es stellt den Moment dar, wo Christus eben verschieden ist. Ein leichter Glanz um¬ giebt das bleiche Antlitz und scheint siegreich das Dunkel, wie die aufgehende Sonne, zu verscheuchen. Auf der einen Seite flieht das Heer der bösen Geister, ohnmächtige Wuth und den Hohn der Verzweiflung in den Mienen und Ge¬ berden, hinab zu den Orten ewiger Qual; selbst Satanas, der Oberste der Teufel, der noch am längsten getrotzt hat, vermag der stummen Majestät des Erlöserhauptes nicht mehr Stand zu halten, auch er wendet sich zur Flucht, zum Sturz in den Abgrund. Auf der andern Seite steht abgesondert von den übrigen Engeln, welche in hastiger Verfolgung die bösen Geister vor sich her scheuchen, der Erzengel, mit dem flammenden Schwerte; gebieterisch weist er dem Satan den Ort der Verdammniß zur Wohnung an. Wunderbar contrastirt das stille Dulderantlitz am Kreuz zu den leidenschaftlich bewegten Typen der Kampfscene und zu der Herrscherglorie des Erzengels. . Aus jedem Bilde treten uns plastische, unvergeßlich der Erinnerung sich einprägende Ge¬ stalten entgegen. Wer, der einmal das Museum Wiertz besucht hat, könnte z. B. den Genius des Bösen, diese Einzelgestalt voll dämonischer Schön¬ heit und teuflischer Tücke je vergessen? Es liegt eine ungemeine Wucht in der Haltung und dem Ausdruck dieser Gestalt mit dem Raubthierblick und den tief in die eigene Brust eingekrallten Fingern. Dr. Gustav Dannehl. (Schluß folgt.) Literatur. Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873. Herausgegeben von Carl von Lützow. Leipzig 1875. E. A. See¬ mann. — Dieses Werk hat die Aufgabe gelöst, von der Gesammtvertretung der Kunst und des Kunstgewerbes auf der Wiener Weltausstellung des Jahres 1873 durch Wort und Bild getreue Rechenschaft abzulegen. Da doch der dauernde Werth und Nutzen dieser glanzvollen Schaustellungen der mensch¬ lichen Arbeit unzweifelhaft in der Belehrung zu suchen sind, die sie uns bieten, so darf ein Werk wie das im Titel genannte, welches in erster Linie didaktische

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/406>, abgerufen am 26.06.2024.