Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Daß die Mutter meines Mündels solche heimliche Versuche auch
schon während seines Aufenthalts im Institute gemacht und daß ihr Umgang
mit dem Mündel von dem Vorsteher des Instituts im höchsten Grade als
verderblich für denselben erkannt wurde, zeigen die Beilagen unter Ut" IZ
und 0 zur Genüge.

IV. Habe ich seit dem Zeitpunkt, als mir das k. k. Landrecht die aus¬
schließende Bormundschaft meines Neffen anvertraute, nicht nur alle Kosten
der Erziehung selbst bestritten (denn der erst seit kurzem als Schadloshaltung
erfolgende geringe Beitrag der Mutter kann in dieser Beziehung kaum in
Betracht kommen), sondern auch alle Mühe und Sorge unablässig angewendet,
um ihn in Allem, was erforderlich ist, um ein guter und brauchbarer Staats¬
bürger zu werden, so gut als möglich unterrichten zu lassen, so zwar, daß
der zärtlichste Vater nicht besser für das eigene Kind sorgen kann. Ich er¬
warte dabei nicht den Dank der Mutter, aber hoffe auf Anerkennung der
hohen Obervormundschaft.

V. Ist der Plan für die künftige höhere Erziehung meines Neffen schon
längst entworfen und darnach gearbeitet worden. Es würde daher nur eine
sehr schädliche Störung in dem Gang der Erziehung entstehen, wenn auf
einmal eine Veränderung nach andern Ansichten erfolgen sollte.

Im übrigen werde ich dem k. k. U. Oe. Landrecht bei jeder vorzunehmen¬
den Veränderung mit meinem Neffen die gehörige Anzeige machen, um im
Einklange mit Demselben das Zweckmäßige zu ergreifen, in welcher Hinsicht es
immer nöthiger werden dürfte, zur Vermeidung jeglicher Störung und Hinde¬
rung die Mutter des Knaben von allem Einflüsse zu entfernen, sowie es
nicht nur in dem sie betreffenden Falle durch den 191 des bürgerlichen Ge¬
setzbuches bestimmt ist -- gewiß eine sehr weise Bestimmung, -- als auch
weil sie ihren intellektuellen und moralischen Eigenschaften nach bei dem höheren
Alter des Knaben überhaupt immer weniger geeignet scheint, aus die männ¬
liche Erziehung einzuwirken.

Auf welche Weise aber die Frau Johanna v. Beethoven dem Vorgange
des Gerichts zu Folge, wornach sie als moralisch unfähig von der Erziehung
und dem Umgange mit ihrem Kinde ausgeschlossen wird, sowie nach der er¬
folgten Entscheidung des k. k. U. Oe. Landrechts vom 19. Januar 1816, wo¬
durch mir allein und ausschließlich als Vormund die Erziehung meines Neffen
anvertraut ist, wie, sage ich, dieselbe sich als Vormünderin ihres minderjähri¬
gen Sohnes aufzutreten getrauen mag, ist mir aus ihrem kühnen Benehmen
in allen Verhältnissen einigermaßen erklärlich.

Wien den 25. Sept. 1818.


Ludwig van Beethoven
als Vormund meines Neffen Karl van Beethoven."

III. Daß die Mutter meines Mündels solche heimliche Versuche auch
schon während seines Aufenthalts im Institute gemacht und daß ihr Umgang
mit dem Mündel von dem Vorsteher des Instituts im höchsten Grade als
verderblich für denselben erkannt wurde, zeigen die Beilagen unter Ut„ IZ
und 0 zur Genüge.

IV. Habe ich seit dem Zeitpunkt, als mir das k. k. Landrecht die aus¬
schließende Bormundschaft meines Neffen anvertraute, nicht nur alle Kosten
der Erziehung selbst bestritten (denn der erst seit kurzem als Schadloshaltung
erfolgende geringe Beitrag der Mutter kann in dieser Beziehung kaum in
Betracht kommen), sondern auch alle Mühe und Sorge unablässig angewendet,
um ihn in Allem, was erforderlich ist, um ein guter und brauchbarer Staats¬
bürger zu werden, so gut als möglich unterrichten zu lassen, so zwar, daß
der zärtlichste Vater nicht besser für das eigene Kind sorgen kann. Ich er¬
warte dabei nicht den Dank der Mutter, aber hoffe auf Anerkennung der
hohen Obervormundschaft.

V. Ist der Plan für die künftige höhere Erziehung meines Neffen schon
längst entworfen und darnach gearbeitet worden. Es würde daher nur eine
sehr schädliche Störung in dem Gang der Erziehung entstehen, wenn auf
einmal eine Veränderung nach andern Ansichten erfolgen sollte.

Im übrigen werde ich dem k. k. U. Oe. Landrecht bei jeder vorzunehmen¬
den Veränderung mit meinem Neffen die gehörige Anzeige machen, um im
Einklange mit Demselben das Zweckmäßige zu ergreifen, in welcher Hinsicht es
immer nöthiger werden dürfte, zur Vermeidung jeglicher Störung und Hinde¬
rung die Mutter des Knaben von allem Einflüsse zu entfernen, sowie es
nicht nur in dem sie betreffenden Falle durch den 191 des bürgerlichen Ge¬
setzbuches bestimmt ist — gewiß eine sehr weise Bestimmung, — als auch
weil sie ihren intellektuellen und moralischen Eigenschaften nach bei dem höheren
Alter des Knaben überhaupt immer weniger geeignet scheint, aus die männ¬
liche Erziehung einzuwirken.

Auf welche Weise aber die Frau Johanna v. Beethoven dem Vorgange
des Gerichts zu Folge, wornach sie als moralisch unfähig von der Erziehung
und dem Umgange mit ihrem Kinde ausgeschlossen wird, sowie nach der er¬
folgten Entscheidung des k. k. U. Oe. Landrechts vom 19. Januar 1816, wo¬
durch mir allein und ausschließlich als Vormund die Erziehung meines Neffen
anvertraut ist, wie, sage ich, dieselbe sich als Vormünderin ihres minderjähri¬
gen Sohnes aufzutreten getrauen mag, ist mir aus ihrem kühnen Benehmen
in allen Verhältnissen einigermaßen erklärlich.

Wien den 25. Sept. 1818.


Ludwig van Beethoven
als Vormund meines Neffen Karl van Beethoven."
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0031" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133849"/>
          <p xml:id="ID_50"> III. Daß die Mutter meines Mündels solche heimliche Versuche auch<lb/>
schon während seines Aufenthalts im Institute gemacht und daß ihr Umgang<lb/>
mit dem Mündel von dem Vorsteher des Instituts im höchsten Grade als<lb/>
verderblich für denselben erkannt wurde, zeigen die Beilagen unter Ut&#x201E; IZ<lb/>
und 0 zur Genüge.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_51"> IV. Habe ich seit dem Zeitpunkt, als mir das k. k. Landrecht die aus¬<lb/>
schließende Bormundschaft meines Neffen anvertraute, nicht nur alle Kosten<lb/>
der Erziehung selbst bestritten (denn der erst seit kurzem als Schadloshaltung<lb/>
erfolgende geringe Beitrag der Mutter kann in dieser Beziehung kaum in<lb/>
Betracht kommen), sondern auch alle Mühe und Sorge unablässig angewendet,<lb/>
um ihn in Allem, was erforderlich ist, um ein guter und brauchbarer Staats¬<lb/>
bürger zu werden, so gut als möglich unterrichten zu lassen, so zwar, daß<lb/>
der zärtlichste Vater nicht besser für das eigene Kind sorgen kann. Ich er¬<lb/>
warte dabei nicht den Dank der Mutter, aber hoffe auf Anerkennung der<lb/>
hohen Obervormundschaft.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_52"> V. Ist der Plan für die künftige höhere Erziehung meines Neffen schon<lb/>
längst entworfen und darnach gearbeitet worden. Es würde daher nur eine<lb/>
sehr schädliche Störung in dem Gang der Erziehung entstehen, wenn auf<lb/>
einmal eine Veränderung nach andern Ansichten erfolgen sollte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_53"> Im übrigen werde ich dem k. k. U. Oe. Landrecht bei jeder vorzunehmen¬<lb/>
den Veränderung mit meinem Neffen die gehörige Anzeige machen, um im<lb/>
Einklange mit Demselben das Zweckmäßige zu ergreifen, in welcher Hinsicht es<lb/>
immer nöthiger werden dürfte, zur Vermeidung jeglicher Störung und Hinde¬<lb/>
rung die Mutter des Knaben von allem Einflüsse zu entfernen, sowie es<lb/>
nicht nur in dem sie betreffenden Falle durch den 191 des bürgerlichen Ge¬<lb/>
setzbuches bestimmt ist &#x2014; gewiß eine sehr weise Bestimmung, &#x2014; als auch<lb/>
weil sie ihren intellektuellen und moralischen Eigenschaften nach bei dem höheren<lb/>
Alter des Knaben überhaupt immer weniger geeignet scheint, aus die männ¬<lb/>
liche Erziehung einzuwirken.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_54"> Auf welche Weise aber die Frau Johanna v. Beethoven dem Vorgange<lb/>
des Gerichts zu Folge, wornach sie als moralisch unfähig von der Erziehung<lb/>
und dem Umgange mit ihrem Kinde ausgeschlossen wird, sowie nach der er¬<lb/>
folgten Entscheidung des k. k. U. Oe. Landrechts vom 19. Januar 1816, wo¬<lb/>
durch mir allein und ausschließlich als Vormund die Erziehung meines Neffen<lb/>
anvertraut ist, wie, sage ich, dieselbe sich als Vormünderin ihres minderjähri¬<lb/>
gen Sohnes aufzutreten getrauen mag, ist mir aus ihrem kühnen Benehmen<lb/>
in allen Verhältnissen einigermaßen erklärlich.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_55"> Wien den 25. Sept. 1818.</p><lb/>
          <note type="bibl"> Ludwig van Beethoven<lb/>
als Vormund meines Neffen Karl van Beethoven."</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0031] III. Daß die Mutter meines Mündels solche heimliche Versuche auch schon während seines Aufenthalts im Institute gemacht und daß ihr Umgang mit dem Mündel von dem Vorsteher des Instituts im höchsten Grade als verderblich für denselben erkannt wurde, zeigen die Beilagen unter Ut„ IZ und 0 zur Genüge. IV. Habe ich seit dem Zeitpunkt, als mir das k. k. Landrecht die aus¬ schließende Bormundschaft meines Neffen anvertraute, nicht nur alle Kosten der Erziehung selbst bestritten (denn der erst seit kurzem als Schadloshaltung erfolgende geringe Beitrag der Mutter kann in dieser Beziehung kaum in Betracht kommen), sondern auch alle Mühe und Sorge unablässig angewendet, um ihn in Allem, was erforderlich ist, um ein guter und brauchbarer Staats¬ bürger zu werden, so gut als möglich unterrichten zu lassen, so zwar, daß der zärtlichste Vater nicht besser für das eigene Kind sorgen kann. Ich er¬ warte dabei nicht den Dank der Mutter, aber hoffe auf Anerkennung der hohen Obervormundschaft. V. Ist der Plan für die künftige höhere Erziehung meines Neffen schon längst entworfen und darnach gearbeitet worden. Es würde daher nur eine sehr schädliche Störung in dem Gang der Erziehung entstehen, wenn auf einmal eine Veränderung nach andern Ansichten erfolgen sollte. Im übrigen werde ich dem k. k. U. Oe. Landrecht bei jeder vorzunehmen¬ den Veränderung mit meinem Neffen die gehörige Anzeige machen, um im Einklange mit Demselben das Zweckmäßige zu ergreifen, in welcher Hinsicht es immer nöthiger werden dürfte, zur Vermeidung jeglicher Störung und Hinde¬ rung die Mutter des Knaben von allem Einflüsse zu entfernen, sowie es nicht nur in dem sie betreffenden Falle durch den 191 des bürgerlichen Ge¬ setzbuches bestimmt ist — gewiß eine sehr weise Bestimmung, — als auch weil sie ihren intellektuellen und moralischen Eigenschaften nach bei dem höheren Alter des Knaben überhaupt immer weniger geeignet scheint, aus die männ¬ liche Erziehung einzuwirken. Auf welche Weise aber die Frau Johanna v. Beethoven dem Vorgange des Gerichts zu Folge, wornach sie als moralisch unfähig von der Erziehung und dem Umgange mit ihrem Kinde ausgeschlossen wird, sowie nach der er¬ folgten Entscheidung des k. k. U. Oe. Landrechts vom 19. Januar 1816, wo¬ durch mir allein und ausschließlich als Vormund die Erziehung meines Neffen anvertraut ist, wie, sage ich, dieselbe sich als Vormünderin ihres minderjähri¬ gen Sohnes aufzutreten getrauen mag, ist mir aus ihrem kühnen Benehmen in allen Verhältnissen einigermaßen erklärlich. Wien den 25. Sept. 1818. Ludwig van Beethoven als Vormund meines Neffen Karl van Beethoven."

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/31
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/31>, abgerufen am 26.06.2024.