Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.sicherere erkannte, denn sie hatte viele augenscheinliche Gefahren, denen sich sicherere erkannte, denn sie hatte viele augenscheinliche Gefahren, denen sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0011" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133829"/> <p xml:id="ID_10" prev="#ID_9" next="#ID_11"> sicherere erkannte, denn sie hatte viele augenscheinliche Gefahren, denen sich<lb/> nothwendig aussetzte, wer des Volkes Sache zu führen erwählte, sondern weil<lb/> er ein Patriot und von Haus aus wackerer Bürger war. Und doch mußte<lb/> er selber sehen, wie die, welche die vaterländische Sache unterstützt hatten,"<lb/> — d. i, Demosthenes und seine Freunde — „unter den eingetretenen Um¬<lb/> ständen machtlos waren, die Gegenpartei aber stark in jeder Beziehung.<lb/> Aber dennoch betrieb jener um nichts weniger das, was nach seiner Ueber¬<lb/> zeugung dem Staate frommte, und auch in der Folgezeit" — d. h. der des<lb/> Alexander — „war er unverdrossen mit Wort und That ein offenkundiger<lb/> Vertreter der guten Sache, wofür alsbald seine Auslieferung gefordert wurde,<lb/> wie alle wissen." Die letzterwähnte Ehre — denn das war sie unter diesen<lb/> Umständen — widerfuhr dem Lykurgos zusammen mit Demosthenes und noch<lb/> sechs andern Rednern und Feldherren nach der Zerstörung Thebens; bekannt¬<lb/> lich ließ sich indeß Alexander noch erbitten. Was im einzelnen damals Ly¬<lb/> kurg für Anträge gestellt hatte, ist uns bei der Dürftigkeit unserer historischen<lb/> Quellen unbekannt; auch seine Biographen beschäftigen sich vorwiegend mit seiner<lb/> Finanzwirthschaft und Gesetzgebung, als dem hauptsächlichsten Theile seiner<lb/> öffentlichen Thätigkeit. Was die erstere betrifft, so war er drei Finanzperio¬<lb/> den hindurch, das heißt zwölf Jahre lang, Vorsteher der Verwaltung, die<lb/> ersten vier Jahre als erwählter Inhaber des höchsten Finanzamtes, die letzten<lb/> acht in der Weise, daß ein Mann seines Vertrauens der Erwählte war, in¬<lb/> dem ein Gesetz untersagte, dieses Amt demselben zweimal zu übertragen.<lb/> Während dieser Thätigkeit, die kurz vor Chaironeia begann und den größten<lb/> Theil von Alexander's Regierung hindurch fortgesetzt wurde, zeigte er sich,<lb/> nach Boeckh's Worten, als einen echten Finanzkünstler, fast den einzigen,<lb/> welchen das Alterthum kennt. Er brachte die jährlichen Einnahmen wieder<lb/> auf 1200 Talente (1,680,000 Thlr.), und verrechnete im ganzen während der<lb/> 12 Jahre über 18000 Talente (21,600,000 Thlr.); von öffentlichen Bauten,<lb/> für die zu Demosthenes' erster Zeit so wenig Mittel gewesen waren, daß man<lb/> nichts mehr als Wegebesserungen, Uebertünchungen und Quellenfassungen zu<lb/> Stande brachte, wurden unter Lykurg die Schiffshäuser, das Zeughaus und<lb/> das Dionysische Theater fertig, auch die panathenäische Rennbahn und die<lb/> Ringschule am Lykeion neu hergerichtet und zahlreiche andre Verschönerungen<lb/> geschaffen; die Kriegsrüstungen endlich betrieb er mit solcher Energie, daß an<lb/> 50,000 Geschosse auf die Burg hinausgeschafft. und 400 seetüchtige Kriegs¬<lb/> schiffe hergestellt wurden. Dafür wurde er vom Volke zu wiederholten Malen,<lb/> ähnlich wie Demosthenes, mit einem goldenen Kranze geehrt, und ein andrer<lb/> Beweis des Zutrauens war es, daß von vielen Anklagen, die von Feinden<lb/> und Neidern gegen ihn erhoben wurden, nicht eine ihren Zweck erreichte.<lb/> Denn in der Zeit von Lykurg's Finanzverwaltung, wo die makedonischer</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0011]
sicherere erkannte, denn sie hatte viele augenscheinliche Gefahren, denen sich
nothwendig aussetzte, wer des Volkes Sache zu führen erwählte, sondern weil
er ein Patriot und von Haus aus wackerer Bürger war. Und doch mußte
er selber sehen, wie die, welche die vaterländische Sache unterstützt hatten,"
— d. i, Demosthenes und seine Freunde — „unter den eingetretenen Um¬
ständen machtlos waren, die Gegenpartei aber stark in jeder Beziehung.
Aber dennoch betrieb jener um nichts weniger das, was nach seiner Ueber¬
zeugung dem Staate frommte, und auch in der Folgezeit" — d. h. der des
Alexander — „war er unverdrossen mit Wort und That ein offenkundiger
Vertreter der guten Sache, wofür alsbald seine Auslieferung gefordert wurde,
wie alle wissen." Die letzterwähnte Ehre — denn das war sie unter diesen
Umständen — widerfuhr dem Lykurgos zusammen mit Demosthenes und noch
sechs andern Rednern und Feldherren nach der Zerstörung Thebens; bekannt¬
lich ließ sich indeß Alexander noch erbitten. Was im einzelnen damals Ly¬
kurg für Anträge gestellt hatte, ist uns bei der Dürftigkeit unserer historischen
Quellen unbekannt; auch seine Biographen beschäftigen sich vorwiegend mit seiner
Finanzwirthschaft und Gesetzgebung, als dem hauptsächlichsten Theile seiner
öffentlichen Thätigkeit. Was die erstere betrifft, so war er drei Finanzperio¬
den hindurch, das heißt zwölf Jahre lang, Vorsteher der Verwaltung, die
ersten vier Jahre als erwählter Inhaber des höchsten Finanzamtes, die letzten
acht in der Weise, daß ein Mann seines Vertrauens der Erwählte war, in¬
dem ein Gesetz untersagte, dieses Amt demselben zweimal zu übertragen.
Während dieser Thätigkeit, die kurz vor Chaironeia begann und den größten
Theil von Alexander's Regierung hindurch fortgesetzt wurde, zeigte er sich,
nach Boeckh's Worten, als einen echten Finanzkünstler, fast den einzigen,
welchen das Alterthum kennt. Er brachte die jährlichen Einnahmen wieder
auf 1200 Talente (1,680,000 Thlr.), und verrechnete im ganzen während der
12 Jahre über 18000 Talente (21,600,000 Thlr.); von öffentlichen Bauten,
für die zu Demosthenes' erster Zeit so wenig Mittel gewesen waren, daß man
nichts mehr als Wegebesserungen, Uebertünchungen und Quellenfassungen zu
Stande brachte, wurden unter Lykurg die Schiffshäuser, das Zeughaus und
das Dionysische Theater fertig, auch die panathenäische Rennbahn und die
Ringschule am Lykeion neu hergerichtet und zahlreiche andre Verschönerungen
geschaffen; die Kriegsrüstungen endlich betrieb er mit solcher Energie, daß an
50,000 Geschosse auf die Burg hinausgeschafft. und 400 seetüchtige Kriegs¬
schiffe hergestellt wurden. Dafür wurde er vom Volke zu wiederholten Malen,
ähnlich wie Demosthenes, mit einem goldenen Kranze geehrt, und ein andrer
Beweis des Zutrauens war es, daß von vielen Anklagen, die von Feinden
und Neidern gegen ihn erhoben wurden, nicht eine ihren Zweck erreichte.
Denn in der Zeit von Lykurg's Finanzverwaltung, wo die makedonischer
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