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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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Zunächst hat die römisch-katholische Hierarchie in den Vereinigten Staaten
ihren Angriff auf die dortige freie confessionslose Volksschule gerichtet; bald
genug aber dürften ihre Cohorten in geschlossener Phalanx an den Stimm¬
kästen erscheinen, um die Pläne ihrer geistlichen Führer auch in politischen
Dingen zu verwirklichen. Namentlich hat der katholische Clerus von Ohio
sich entschlossen, den konfessionslosen Freischulen den Krieg zu erklären, auch
>se er in der ganzen Union sehr bemüht, die demokratische Partei für sich zu
gewinnen; daß bereits "ein Bündniß der Ultramontanen mit der demokratischen
Partei abgeschlossen sei", wie kürzlich ein Correspondent der "Allg. Ztg." aus
Washington (vergl. "Allg. Zgt." Ur. 220) behauptete, müssen wir, nach den
uns vorliegenden Nachrichten, entschieden bezweifeln.

Der "Calhoun Telegraph", das amtliche Organ des amerikanischen Erz-
^jchofs Purcell, schürt das Feuer gegen die Freischulen ohne Unterlaß.
Acme Artikel, welche mit specieller Approbation des genannten Kirchenfürsten
^scheinen und zuweilen aus dessen eigener Feder fließen, haben das negative
Verdienst, daß sie über die Stellung der Ultramontanen zur Schulsrage nicht
geringsten Zweifel aufkommen lassen. Protestanten mögen sich das
^"fessionslose Schulsystem gefallen lassen, ruft der "Telegraph" aus, denn
^ Protestantismus sei nur eine Vorschule für den Unglauben und führe
, zur Verdammnis;. Aber Katholiken würden sich der "Staatstyrannei"
" Betreff der öffentlichen Schulen niemals unterwerfen. Der "Telegraph"
^ge wörtlich: "Katholiken können nicht zugeben, daß der Religionsunterricht
"us den öffentlichen Schulen ausgeschlossen werde, ohne aufzuhören Katholiken
^ sein. Der 47. und 48. Satz des Syllabus haben es autoritativ für
^ Zeiten festgestellt, daß die Ausschließung der religiösen Unterweisung aus
^ täglichen Unterricht ein verdammenswerther Irrthum ist, welchen Katho-
ohne Verleugnung des Glaubens und ohne Begehung einer großen Sünde
"icht billigen können."

Das Auftreten des katholischen Clerus von Ohio hat in der ganzen Union
liehen erregt und selbst die Blätter, welche geneigt waren, die ganze "ka-
^lische Fxg^,. für Amerika zu ignoriren, in Harnisch gebracht. Die "Jllin.
antsztg.-^ welche in der deutsch-amerikanischen Presse an der Spitze derer
l"ut. welche den kirchlich-politischen Kampf nicht so bald aufkommen lassen,
""eh. wo er bereits angefacht war, sehen wollten, antwortete auf die obigen
Auslassungen des "Calhoun Telegraph" u. A. wie folgt: "Das heißt denn
och den großen amerikanischen Verfassungsgrundsätzen der Trennung von
'""'che und Staatsschule und der Trennung von Kirche und Staat überhaupt
aufs Frechste ins Gesicht schlagen! Und wenn Herr Purcell sich ernstlich
^dreisten sollte, den mittelalterlichen Syllabus des Papstes dem amerikanischen


Zunächst hat die römisch-katholische Hierarchie in den Vereinigten Staaten
ihren Angriff auf die dortige freie confessionslose Volksschule gerichtet; bald
genug aber dürften ihre Cohorten in geschlossener Phalanx an den Stimm¬
kästen erscheinen, um die Pläne ihrer geistlichen Führer auch in politischen
Dingen zu verwirklichen. Namentlich hat der katholische Clerus von Ohio
sich entschlossen, den konfessionslosen Freischulen den Krieg zu erklären, auch
>se er in der ganzen Union sehr bemüht, die demokratische Partei für sich zu
gewinnen; daß bereits „ein Bündniß der Ultramontanen mit der demokratischen
Partei abgeschlossen sei", wie kürzlich ein Correspondent der „Allg. Ztg." aus
Washington (vergl. „Allg. Zgt." Ur. 220) behauptete, müssen wir, nach den
uns vorliegenden Nachrichten, entschieden bezweifeln.

Der „Calhoun Telegraph", das amtliche Organ des amerikanischen Erz-
^jchofs Purcell, schürt das Feuer gegen die Freischulen ohne Unterlaß.
Acme Artikel, welche mit specieller Approbation des genannten Kirchenfürsten
^scheinen und zuweilen aus dessen eigener Feder fließen, haben das negative
Verdienst, daß sie über die Stellung der Ultramontanen zur Schulsrage nicht
geringsten Zweifel aufkommen lassen. Protestanten mögen sich das
^"fessionslose Schulsystem gefallen lassen, ruft der „Telegraph" aus, denn
^ Protestantismus sei nur eine Vorschule für den Unglauben und führe
, zur Verdammnis;. Aber Katholiken würden sich der „Staatstyrannei"
" Betreff der öffentlichen Schulen niemals unterwerfen. Der „Telegraph"
^ge wörtlich: „Katholiken können nicht zugeben, daß der Religionsunterricht
"us den öffentlichen Schulen ausgeschlossen werde, ohne aufzuhören Katholiken
^ sein. Der 47. und 48. Satz des Syllabus haben es autoritativ für
^ Zeiten festgestellt, daß die Ausschließung der religiösen Unterweisung aus
^ täglichen Unterricht ein verdammenswerther Irrthum ist, welchen Katho-
ohne Verleugnung des Glaubens und ohne Begehung einer großen Sünde
"icht billigen können."

Das Auftreten des katholischen Clerus von Ohio hat in der ganzen Union
liehen erregt und selbst die Blätter, welche geneigt waren, die ganze „ka-
^lische Fxg^,. für Amerika zu ignoriren, in Harnisch gebracht. Die „Jllin.
antsztg.-^ welche in der deutsch-amerikanischen Presse an der Spitze derer
l"ut. welche den kirchlich-politischen Kampf nicht so bald aufkommen lassen,
""eh. wo er bereits angefacht war, sehen wollten, antwortete auf die obigen
Auslassungen des „Calhoun Telegraph" u. A. wie folgt: „Das heißt denn
och den großen amerikanischen Verfassungsgrundsätzen der Trennung von
'""'che und Staatsschule und der Trennung von Kirche und Staat überhaupt
aufs Frechste ins Gesicht schlagen! Und wenn Herr Purcell sich ernstlich
^dreisten sollte, den mittelalterlichen Syllabus des Papstes dem amerikanischen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/79>, abgerufen am 22.07.2024.