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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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einigten Staaten zwei Sorten von Leuten, die einen Krieg mit Spanien
herbeiwünschen. Die eine Sorte dieser Leute besteht aus Geldspekulanten,
die kubanische Bonds in Händen haben und das Steigen dieser jetzt fast
ganz werthlosen Papiere von einem Kriege mit Spanien erhoffen. Diese
Bondshalter treiben sich in Washington City umher und haben Verbindungen,
welche bis in das .Weiße Haus" reichen; es sind, wie das genannte Blatt
sagt, "wenig achtbare Abenteurer" (äisrexutMö ^Äveuwrers). denen man
das Schlimmste zutrauen kann. Mit ihnen im Bunde stehen gewisse Poli¬
tiker, die noch immer die Hoffnung nicht aufgeben, durch einen Krieg die
Wiedererwählung Grant's und damit ihren eigenen Einfluß zu sichern. Die
Leiden der Insel Cuba, das Unrecht, welches amerikanischen Bürgern dort
widerfahren sein soll, die Handelsinteressen der Union, die Emancipation der
Sklaven auf Cuba, die nationale Ehre und der militärische Ruhm sind in
dem Munde dieser Leute nur klingende Worte, mit denen sie das Volk der
Union aufzustacheln suchen; ihr wahrer Zweck ist die Verlängerung der
Grantregierung und ihr eigenes Interesse. Allein auch die ..New-York
Tribune" ist der Ansicht, daß es so bald nicht zu einem Kriege mit Spanien
kommen wird, da die große Mehrzahl der jetzt lebenden Bevölkerung der
Vereinigten Staaten aus guten Gründen den Frieden aufrecht erhalten
haben will.

Die oben erwähnte Botschaft des Präsidenten Grant enthält aber außer
der Cubafrage noch manche interessante Punkte, deren Besprechung wir uns
indeß vorbehalten müssen, bis uns die ganze Botschaft im Wortlaute vor¬
liegt. Nur den einen Punkt möchten wir schon jetzt als wichtig erwähnen,
daß Präsident Grant die Erhebung jedweder Abgaben für die Zwecke von
Schulen von bestimmten Religionssekten als verderblich hinstellt und die
Besteuerung des Eigenthums der Kirchen empfiehlt. Hiermit zielt
er offenbar auf das Umsichgreifen des Ultramontanismus in den Ver¬
einigten Staaten und den wachsenden Reichthum der katholischen Kirche.


Rudolf Doehn.


pariser Ueisebeobachtungen.
3.

Seit Jahren concentrirt sich in Frankreich das politische Interesse auf
die endlosen Schachzüge und Verschiebungen der Parteien im Versailler Schloß-


einigten Staaten zwei Sorten von Leuten, die einen Krieg mit Spanien
herbeiwünschen. Die eine Sorte dieser Leute besteht aus Geldspekulanten,
die kubanische Bonds in Händen haben und das Steigen dieser jetzt fast
ganz werthlosen Papiere von einem Kriege mit Spanien erhoffen. Diese
Bondshalter treiben sich in Washington City umher und haben Verbindungen,
welche bis in das .Weiße Haus" reichen; es sind, wie das genannte Blatt
sagt, „wenig achtbare Abenteurer" (äisrexutMö ^Äveuwrers). denen man
das Schlimmste zutrauen kann. Mit ihnen im Bunde stehen gewisse Poli¬
tiker, die noch immer die Hoffnung nicht aufgeben, durch einen Krieg die
Wiedererwählung Grant's und damit ihren eigenen Einfluß zu sichern. Die
Leiden der Insel Cuba, das Unrecht, welches amerikanischen Bürgern dort
widerfahren sein soll, die Handelsinteressen der Union, die Emancipation der
Sklaven auf Cuba, die nationale Ehre und der militärische Ruhm sind in
dem Munde dieser Leute nur klingende Worte, mit denen sie das Volk der
Union aufzustacheln suchen; ihr wahrer Zweck ist die Verlängerung der
Grantregierung und ihr eigenes Interesse. Allein auch die ..New-York
Tribune" ist der Ansicht, daß es so bald nicht zu einem Kriege mit Spanien
kommen wird, da die große Mehrzahl der jetzt lebenden Bevölkerung der
Vereinigten Staaten aus guten Gründen den Frieden aufrecht erhalten
haben will.

Die oben erwähnte Botschaft des Präsidenten Grant enthält aber außer
der Cubafrage noch manche interessante Punkte, deren Besprechung wir uns
indeß vorbehalten müssen, bis uns die ganze Botschaft im Wortlaute vor¬
liegt. Nur den einen Punkt möchten wir schon jetzt als wichtig erwähnen,
daß Präsident Grant die Erhebung jedweder Abgaben für die Zwecke von
Schulen von bestimmten Religionssekten als verderblich hinstellt und die
Besteuerung des Eigenthums der Kirchen empfiehlt. Hiermit zielt
er offenbar auf das Umsichgreifen des Ultramontanismus in den Ver¬
einigten Staaten und den wachsenden Reichthum der katholischen Kirche.


Rudolf Doehn.


pariser Ueisebeobachtungen.
3.

Seit Jahren concentrirt sich in Frankreich das politische Interesse auf
die endlosen Schachzüge und Verschiebungen der Parteien im Versailler Schloß-


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[0511] einigten Staaten zwei Sorten von Leuten, die einen Krieg mit Spanien herbeiwünschen. Die eine Sorte dieser Leute besteht aus Geldspekulanten, die kubanische Bonds in Händen haben und das Steigen dieser jetzt fast ganz werthlosen Papiere von einem Kriege mit Spanien erhoffen. Diese Bondshalter treiben sich in Washington City umher und haben Verbindungen, welche bis in das .Weiße Haus" reichen; es sind, wie das genannte Blatt sagt, „wenig achtbare Abenteurer" (äisrexutMö ^Äveuwrers). denen man das Schlimmste zutrauen kann. Mit ihnen im Bunde stehen gewisse Poli¬ tiker, die noch immer die Hoffnung nicht aufgeben, durch einen Krieg die Wiedererwählung Grant's und damit ihren eigenen Einfluß zu sichern. Die Leiden der Insel Cuba, das Unrecht, welches amerikanischen Bürgern dort widerfahren sein soll, die Handelsinteressen der Union, die Emancipation der Sklaven auf Cuba, die nationale Ehre und der militärische Ruhm sind in dem Munde dieser Leute nur klingende Worte, mit denen sie das Volk der Union aufzustacheln suchen; ihr wahrer Zweck ist die Verlängerung der Grantregierung und ihr eigenes Interesse. Allein auch die ..New-York Tribune" ist der Ansicht, daß es so bald nicht zu einem Kriege mit Spanien kommen wird, da die große Mehrzahl der jetzt lebenden Bevölkerung der Vereinigten Staaten aus guten Gründen den Frieden aufrecht erhalten haben will. Die oben erwähnte Botschaft des Präsidenten Grant enthält aber außer der Cubafrage noch manche interessante Punkte, deren Besprechung wir uns indeß vorbehalten müssen, bis uns die ganze Botschaft im Wortlaute vor¬ liegt. Nur den einen Punkt möchten wir schon jetzt als wichtig erwähnen, daß Präsident Grant die Erhebung jedweder Abgaben für die Zwecke von Schulen von bestimmten Religionssekten als verderblich hinstellt und die Besteuerung des Eigenthums der Kirchen empfiehlt. Hiermit zielt er offenbar auf das Umsichgreifen des Ultramontanismus in den Ver¬ einigten Staaten und den wachsenden Reichthum der katholischen Kirche. Rudolf Doehn. pariser Ueisebeobachtungen. 3. Seit Jahren concentrirt sich in Frankreich das politische Interesse auf die endlosen Schachzüge und Verschiebungen der Parteien im Versailler Schloß-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/511>, abgerufen am 01.07.2024.