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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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der Betreffende im Unterlassungsfalle mit Ermordung bedroht sein sollte, vier
Punkte hinzu.

Andere geheime Gesellschaften jener Zeit waren die " H end e n l osen
die von einem gewissen Manuel gegründet wurden, Simson als ihren Patron
verehrten und nur kurze Zeit bestanden, die "Gespenster in der Gruft",
die 1822 cristirten und den Sturz der Bourbonen in Neapel erstrebten, und
die "Neue Reform", die, etwas später auftretend, nur solche ausnahm,
die schon den Carbonari, den Freimaurern oder den Europäischen Patrioten
angehört hatten, und aus deren Ritual wir den Eid und eine Stelle des
Katechismus mittheilen. Jener lautete: "Ich X. 5l, verspreche und schwöre,
in Ewigkeit ein Feind der Tyrannen zu sein, nie sterbenden Haß gegen sie
zu hegen und, wenn sich Gelegenheit bietet, sie zu erschlagen." In dem Kate¬
chismus aber finden wir folgendes Zwiegespräch: "Wer bist Du?" -- "Dein
Freund." -- "Woher kennst Du mich?" -- "Ich sehe die Last, die Deine
Stirn drückt, auf der ich in blutigen Buchstaben lese: Siegen oder Sterben."
-- "Was willst Du?" -- "Die Throne zerstören und Galgen aufrichten."---
"Mit welchem Rechte?" -- "Mit dem Rechte der Natur." -- "Zu welchem
Zwecke?" -- "Um mir den glorreichen Namen eines Bürgers zu verdienen."
-- "Und willst Du Dein Leben wagen?" -- ,,Jch achte das Leben geringer
als die Freiheit."

Schön gegeben, nicht? Aber herausgekommen ist bei diesen blutigen
Großsprechereien nicht das Geringste. Die guten Leute verschworen sich eben¬
so wie die meisten andern nur, um sich zu verschwören.

Wieder eine andere politische Secte Italiens in der Restaurationszeit
waren die "Neuen Französischen Liberalen". Sie zählte nur
wenige, darunter aber einige vornehme Mitglieder und erwartete bei ihrem
Streben nach Freiheit amerikanische Hülfe. Sie trugen an ihren Uhren ein
schwarzes Band mit einem goldenen Petschaft, einem Stückchen Koralle und
einem stählernen Ringe. Das Band sollte ein Symbol des ewigen Hasses
der Freigesinnten gegen die Unterdrücker sein, das goldne Petschaft sollte an¬
deuten, daß man zu Erfolgen viel Geld bedürfe, der Stahlring, daß man
dazu auch Waffen nöthig habe.

Einer der neuesten mit den Carbonari verwandten politischen Geheim¬
bünde Italiens war der Verein, der sich das "Ap ost via t D ante's" nannte.
Derselbe wurde 18S5 gegründet, hatte vorzüglich in der Romagna viele An¬
hänger und bemühte sich, nationale Ideen zu verbreiten. An der Spitze
stand Tamburini, ein wohlbekannter Patriot, und auch sonst zählte die Ge¬
sellschaft Leute zu Mitgliedern, die auf politischen und literarischem Gebiete
Ruf und Ansehen genossen. Von unmittelbarem Erfolg aber waren ihre
Bemühungen nicht. Im December 1836 wurden Tamburint und seine Ge-


der Betreffende im Unterlassungsfalle mit Ermordung bedroht sein sollte, vier
Punkte hinzu.

Andere geheime Gesellschaften jener Zeit waren die „ H end e n l osen
die von einem gewissen Manuel gegründet wurden, Simson als ihren Patron
verehrten und nur kurze Zeit bestanden, die „Gespenster in der Gruft",
die 1822 cristirten und den Sturz der Bourbonen in Neapel erstrebten, und
die „Neue Reform", die, etwas später auftretend, nur solche ausnahm,
die schon den Carbonari, den Freimaurern oder den Europäischen Patrioten
angehört hatten, und aus deren Ritual wir den Eid und eine Stelle des
Katechismus mittheilen. Jener lautete: „Ich X. 5l, verspreche und schwöre,
in Ewigkeit ein Feind der Tyrannen zu sein, nie sterbenden Haß gegen sie
zu hegen und, wenn sich Gelegenheit bietet, sie zu erschlagen." In dem Kate¬
chismus aber finden wir folgendes Zwiegespräch: „Wer bist Du?" — „Dein
Freund." — „Woher kennst Du mich?" — „Ich sehe die Last, die Deine
Stirn drückt, auf der ich in blutigen Buchstaben lese: Siegen oder Sterben."
— „Was willst Du?" — „Die Throne zerstören und Galgen aufrichten."---
„Mit welchem Rechte?" — „Mit dem Rechte der Natur." — „Zu welchem
Zwecke?" — „Um mir den glorreichen Namen eines Bürgers zu verdienen."
— „Und willst Du Dein Leben wagen?" — ,,Jch achte das Leben geringer
als die Freiheit."

Schön gegeben, nicht? Aber herausgekommen ist bei diesen blutigen
Großsprechereien nicht das Geringste. Die guten Leute verschworen sich eben¬
so wie die meisten andern nur, um sich zu verschwören.

Wieder eine andere politische Secte Italiens in der Restaurationszeit
waren die „Neuen Französischen Liberalen". Sie zählte nur
wenige, darunter aber einige vornehme Mitglieder und erwartete bei ihrem
Streben nach Freiheit amerikanische Hülfe. Sie trugen an ihren Uhren ein
schwarzes Band mit einem goldenen Petschaft, einem Stückchen Koralle und
einem stählernen Ringe. Das Band sollte ein Symbol des ewigen Hasses
der Freigesinnten gegen die Unterdrücker sein, das goldne Petschaft sollte an¬
deuten, daß man zu Erfolgen viel Geld bedürfe, der Stahlring, daß man
dazu auch Waffen nöthig habe.

Einer der neuesten mit den Carbonari verwandten politischen Geheim¬
bünde Italiens war der Verein, der sich das „Ap ost via t D ante's" nannte.
Derselbe wurde 18S5 gegründet, hatte vorzüglich in der Romagna viele An¬
hänger und bemühte sich, nationale Ideen zu verbreiten. An der Spitze
stand Tamburini, ein wohlbekannter Patriot, und auch sonst zählte die Ge¬
sellschaft Leute zu Mitgliedern, die auf politischen und literarischem Gebiete
Ruf und Ansehen genossen. Von unmittelbarem Erfolg aber waren ihre
Bemühungen nicht. Im December 1836 wurden Tamburint und seine Ge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/502>, abgerufen am 25.08.2024.