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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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(1- 1072) sogar 12, dann hat Bischof Otto von Bamberg 1124 (in der Ab¬
schiedsrede an die Pommerschen Neubekehrten) zuerst bestimmt die Zahl 7,
diese wird durch die Autorität des Petrus Lombardus herrschend, und von
dem (nomen. I''Ioröntinc> 1439 durch Eugen IV. erst Namens der Kirche aner¬
kannt und bestätigt, woran sich dann das Tridentinum anschloß.

Also ist die Ehe als Sacrament erst 1439 von der Kirche anerkannt und
bestätigt worden.

Darum darf nicht unbemerkt bleiben, daß das Tridentinum die ganze
Lehre als I'iües (in den Decreten as nao) sehr kurz behandelt, wohl in dem
Gefühle, daß sie gar nicht zur?la<zö gehört, ferner, daß das Concil mit
der Behauptung, die Väter, Concilien und die allgemeine Ueberlieferung der
Kirche hätten immer gelehrt, die Ehe sei ein Sacrament, einfach die Un¬
wahrheit sagt, ferner, daß es sich dann auf kurze Verdammungssätze
(eanouLs) beschränkt, und unter oder mit diesen die Widersprüche der Lehre
verbirgt, und endlich, daß es das Gebot des Cölibats unter die äoerota. as
Käs einschmuggelt, wohin es gar nicht gehört.

Ausführlicher behandelt dann erst der Oatselusmus Romnnus die Frage,
fälscht dabei aber wieder die Lehre Augustin's, mit der Behauptung, daß
Augustin so gelehrt, während der LateeK. Rom. sich in Wahrheit an Thomas
de Aquino anschließt, denn die Verfasser waren Dominicaner.

Man würde nun freilich der katholischen Kirche und auch dem Tridentinum
großes Unrecht thun, wenn man behaupten wollte, sie hätten bloß aus hier¬
archischen Interesse die Ehe zu einem Sacramente gemacht. Ohne in Abrede
stellen zu wollen, daß, bewußt oder unbewußt, stets der Gedanke mitgewirkt
habe, die Ehesachen der Kirche zu überweisen und zu erhalten, um durch die Hut
dieser Interessen überhaupt größeren Einfluß auf das Leben der Gläubigen
zu erhalten, und zu behalten, liegt einmal überhaupt bei der Natur dieser
Interessen und ihrer Bedeutung für das ganze Leben in diesem Streben der
Kirche an sich, solange es nicht gemißbraucht wird, durchaus nichts Unwür¬
diges. Was dann aber die Erklärung der Ehe zum Sacramente im Beson¬
deren (womit freilich erst der Grund gelegt wurde, auf dem die Kirche die
Ehesachen für sich in Anspruch nehmen konnte) anlangt, so ist sicher dabei
das Haupt Moment der würdige Gedanke gewesen, das Wort Christi, daß
die Ehe von Gott geschlossen werde, auch in der äußeren Ein¬
richtung und Behandlung der Eheschließung darzustellen. Es
ist nicht gleichgültig, wie nur der landläufige oberflächliche Liberalismus ur¬
theilt, ob man die Ehe als im Geiste, im Sinne Gottes, oder von Gott
(im rechten Verstände) geschlossen, oder nur als eine Narurordnung
ansieht, welcher der Mensch folgt, wie die übrige Creatur. Jener höhere
Gedanke nach der Mahnung Christi giebt eine ganz andere Stellung des Ge-


(1- 1072) sogar 12, dann hat Bischof Otto von Bamberg 1124 (in der Ab¬
schiedsrede an die Pommerschen Neubekehrten) zuerst bestimmt die Zahl 7,
diese wird durch die Autorität des Petrus Lombardus herrschend, und von
dem (nomen. I''Ioröntinc> 1439 durch Eugen IV. erst Namens der Kirche aner¬
kannt und bestätigt, woran sich dann das Tridentinum anschloß.

Also ist die Ehe als Sacrament erst 1439 von der Kirche anerkannt und
bestätigt worden.

Darum darf nicht unbemerkt bleiben, daß das Tridentinum die ganze
Lehre als I'iües (in den Decreten as nao) sehr kurz behandelt, wohl in dem
Gefühle, daß sie gar nicht zur?la<zö gehört, ferner, daß das Concil mit
der Behauptung, die Väter, Concilien und die allgemeine Ueberlieferung der
Kirche hätten immer gelehrt, die Ehe sei ein Sacrament, einfach die Un¬
wahrheit sagt, ferner, daß es sich dann auf kurze Verdammungssätze
(eanouLs) beschränkt, und unter oder mit diesen die Widersprüche der Lehre
verbirgt, und endlich, daß es das Gebot des Cölibats unter die äoerota. as
Käs einschmuggelt, wohin es gar nicht gehört.

Ausführlicher behandelt dann erst der Oatselusmus Romnnus die Frage,
fälscht dabei aber wieder die Lehre Augustin's, mit der Behauptung, daß
Augustin so gelehrt, während der LateeK. Rom. sich in Wahrheit an Thomas
de Aquino anschließt, denn die Verfasser waren Dominicaner.

Man würde nun freilich der katholischen Kirche und auch dem Tridentinum
großes Unrecht thun, wenn man behaupten wollte, sie hätten bloß aus hier¬
archischen Interesse die Ehe zu einem Sacramente gemacht. Ohne in Abrede
stellen zu wollen, daß, bewußt oder unbewußt, stets der Gedanke mitgewirkt
habe, die Ehesachen der Kirche zu überweisen und zu erhalten, um durch die Hut
dieser Interessen überhaupt größeren Einfluß auf das Leben der Gläubigen
zu erhalten, und zu behalten, liegt einmal überhaupt bei der Natur dieser
Interessen und ihrer Bedeutung für das ganze Leben in diesem Streben der
Kirche an sich, solange es nicht gemißbraucht wird, durchaus nichts Unwür¬
diges. Was dann aber die Erklärung der Ehe zum Sacramente im Beson¬
deren (womit freilich erst der Grund gelegt wurde, auf dem die Kirche die
Ehesachen für sich in Anspruch nehmen konnte) anlangt, so ist sicher dabei
das Haupt Moment der würdige Gedanke gewesen, das Wort Christi, daß
die Ehe von Gott geschlossen werde, auch in der äußeren Ein¬
richtung und Behandlung der Eheschließung darzustellen. Es
ist nicht gleichgültig, wie nur der landläufige oberflächliche Liberalismus ur¬
theilt, ob man die Ehe als im Geiste, im Sinne Gottes, oder von Gott
(im rechten Verstände) geschlossen, oder nur als eine Narurordnung
ansieht, welcher der Mensch folgt, wie die übrige Creatur. Jener höhere
Gedanke nach der Mahnung Christi giebt eine ganz andere Stellung des Ge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/414>, abgerufen am 22.07.2024.