Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Der internationale Weinbaucongreß in Colmar, ein theilweiser
Rivale des Kölner Gartenbaufestes, scheint wirklich ein großartiges und ele¬
gantes Fest werden zu wollen. Festtheilnehmer aus aller Herren Länder, be¬
rühmte önologische Capazitäten aus Deutschland, Frankreich, Italien und sogar
Spanien. haben ihre Zusage gegeben und eilen schon von allen Seiten herbei
zu der oberelsässischen Hauptstadt. Die Stadt Colmar macht rühmenswerthe
Anstrengungen, um das Fest ihrer würdig werden zu lassen. Der Park des
"Marsfeldes", ein prächtiges Unicum im Elsaß, das der Stadt sehr zur
Zierde gereicht, ist fast wie im Handumdrehen in einen Bazar für alle mög¬
lichen Geräthschaften des Acker- und Weinbaus, bedeckte Hallen für die ver¬
schiedenen Weinsorten, riesige Blumenbeete u. s. w. umgewandelt worden. Auf
die Sonntage verspricht man sich eine großartige Illumination desselben und
Gartenconzerte, Selbst in das schon so lange leer stehende Theater sollen wieder
einmal die lustigen Kinder Polyhymniens und Euterpens auf kurze Zeit
ihren Einzug halten, wenn auch die hierüber mit der kaiserl. Direction des
Straßburger Stadttheaters geführten Verhandlungen einige Schwierigkeiten zu
machen scheinen.

Die verschiedenen Bezirkstage des Ober- und Unter-Elsaß, sowie
Lothringens sind indessen von den betreffenden Bezirks-Präsidenten eröffnet
und nach kurzer Session wieder geschlossen worden. Allenthalben merkt
man den günstigen Eindruck, den der glückliche Verlauf der Verhandlungen
im ..Landesausschuß" sowohl im Lande als auf dessen Mitglieder, die größten-
theils auch Mitglieder der Bezirkstage sind, hinterlassen hat. Bei Eröffnung
des lothringischen und unterelsässischen Bezirkstages ist diesem Gefühle sogar
öffentlicher, lebhafter und dankbarer Ausdruck gegeben worden. Diese all-
mälige Anbahnung eines freundschaftlichen und cordialen Verhältnisses zwi¬
schen den Delegirten und der Verwaltung des Landes muß Jedem wohlthun,
der es mit dem Reichslande und dessen Interessen gut meint und zu demselben
in nähere oder entferntere Beziehungen getreten ist. Man sollte deshalb auch
in der außerreichsländischen Presse diesem Verhältnisse billig Rechnung tragen
und endlich einmal aufhören, zu schüren und zu Hetzen. Auf diese Weise wird
man nimmer gute Früchte erzielen.

Wenn nun jüngsthin ein "Wandervogel von der preußischen Grenze",
der hin und wieder die Reichslande mit seinem Besuche beehrt, größere Stramm¬
heit des Regiments und sogar einen frohen, frischen "Kulturkampf" gegen die
katholischen Geistlichen im Elsaß oder Krieg mit den Franzosen empfiehlt, um
dadurch den jungen Elsässern deutschen Patriotismus einzuimpfen, dann weiß
man wirklich nicht, was man in gegenwärtiger Zeit zu einem solchen Hexen¬
rezept sagen soll. Wer hier im Lande lebt und hier sein Heim freiwillig oder
gezwungen gefunden hat, der weiß zur Genüge, wie nöthig sowohl dem Be-


Der internationale Weinbaucongreß in Colmar, ein theilweiser
Rivale des Kölner Gartenbaufestes, scheint wirklich ein großartiges und ele¬
gantes Fest werden zu wollen. Festtheilnehmer aus aller Herren Länder, be¬
rühmte önologische Capazitäten aus Deutschland, Frankreich, Italien und sogar
Spanien. haben ihre Zusage gegeben und eilen schon von allen Seiten herbei
zu der oberelsässischen Hauptstadt. Die Stadt Colmar macht rühmenswerthe
Anstrengungen, um das Fest ihrer würdig werden zu lassen. Der Park des
„Marsfeldes", ein prächtiges Unicum im Elsaß, das der Stadt sehr zur
Zierde gereicht, ist fast wie im Handumdrehen in einen Bazar für alle mög¬
lichen Geräthschaften des Acker- und Weinbaus, bedeckte Hallen für die ver¬
schiedenen Weinsorten, riesige Blumenbeete u. s. w. umgewandelt worden. Auf
die Sonntage verspricht man sich eine großartige Illumination desselben und
Gartenconzerte, Selbst in das schon so lange leer stehende Theater sollen wieder
einmal die lustigen Kinder Polyhymniens und Euterpens auf kurze Zeit
ihren Einzug halten, wenn auch die hierüber mit der kaiserl. Direction des
Straßburger Stadttheaters geführten Verhandlungen einige Schwierigkeiten zu
machen scheinen.

Die verschiedenen Bezirkstage des Ober- und Unter-Elsaß, sowie
Lothringens sind indessen von den betreffenden Bezirks-Präsidenten eröffnet
und nach kurzer Session wieder geschlossen worden. Allenthalben merkt
man den günstigen Eindruck, den der glückliche Verlauf der Verhandlungen
im ..Landesausschuß" sowohl im Lande als auf dessen Mitglieder, die größten-
theils auch Mitglieder der Bezirkstage sind, hinterlassen hat. Bei Eröffnung
des lothringischen und unterelsässischen Bezirkstages ist diesem Gefühle sogar
öffentlicher, lebhafter und dankbarer Ausdruck gegeben worden. Diese all-
mälige Anbahnung eines freundschaftlichen und cordialen Verhältnisses zwi¬
schen den Delegirten und der Verwaltung des Landes muß Jedem wohlthun,
der es mit dem Reichslande und dessen Interessen gut meint und zu demselben
in nähere oder entferntere Beziehungen getreten ist. Man sollte deshalb auch
in der außerreichsländischen Presse diesem Verhältnisse billig Rechnung tragen
und endlich einmal aufhören, zu schüren und zu Hetzen. Auf diese Weise wird
man nimmer gute Früchte erzielen.

Wenn nun jüngsthin ein „Wandervogel von der preußischen Grenze",
der hin und wieder die Reichslande mit seinem Besuche beehrt, größere Stramm¬
heit des Regiments und sogar einen frohen, frischen „Kulturkampf" gegen die
katholischen Geistlichen im Elsaß oder Krieg mit den Franzosen empfiehlt, um
dadurch den jungen Elsässern deutschen Patriotismus einzuimpfen, dann weiß
man wirklich nicht, was man in gegenwärtiger Zeit zu einem solchen Hexen¬
rezept sagen soll. Wer hier im Lande lebt und hier sein Heim freiwillig oder
gezwungen gefunden hat, der weiß zur Genüge, wie nöthig sowohl dem Be-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0040" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/134386"/>
          <p xml:id="ID_81"> Der internationale Weinbaucongreß in Colmar, ein theilweiser<lb/>
Rivale des Kölner Gartenbaufestes, scheint wirklich ein großartiges und ele¬<lb/>
gantes Fest werden zu wollen. Festtheilnehmer aus aller Herren Länder, be¬<lb/>
rühmte önologische Capazitäten aus Deutschland, Frankreich, Italien und sogar<lb/>
Spanien. haben ihre Zusage gegeben und eilen schon von allen Seiten herbei<lb/>
zu der oberelsässischen Hauptstadt. Die Stadt Colmar macht rühmenswerthe<lb/>
Anstrengungen, um das Fest ihrer würdig werden zu lassen. Der Park des<lb/>
&#x201E;Marsfeldes", ein prächtiges Unicum im Elsaß, das der Stadt sehr zur<lb/>
Zierde gereicht, ist fast wie im Handumdrehen in einen Bazar für alle mög¬<lb/>
lichen Geräthschaften des Acker- und Weinbaus, bedeckte Hallen für die ver¬<lb/>
schiedenen Weinsorten, riesige Blumenbeete u. s. w. umgewandelt worden. Auf<lb/>
die Sonntage verspricht man sich eine großartige Illumination desselben und<lb/>
Gartenconzerte, Selbst in das schon so lange leer stehende Theater sollen wieder<lb/>
einmal die lustigen Kinder Polyhymniens und Euterpens auf kurze Zeit<lb/>
ihren Einzug halten, wenn auch die hierüber mit der kaiserl. Direction des<lb/>
Straßburger Stadttheaters geführten Verhandlungen einige Schwierigkeiten zu<lb/>
machen scheinen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_82"> Die verschiedenen Bezirkstage des Ober- und Unter-Elsaß, sowie<lb/>
Lothringens sind indessen von den betreffenden Bezirks-Präsidenten eröffnet<lb/>
und nach kurzer Session wieder geschlossen worden. Allenthalben merkt<lb/>
man den günstigen Eindruck, den der glückliche Verlauf der Verhandlungen<lb/>
im ..Landesausschuß" sowohl im Lande als auf dessen Mitglieder, die größten-<lb/>
theils auch Mitglieder der Bezirkstage sind, hinterlassen hat. Bei Eröffnung<lb/>
des lothringischen und unterelsässischen Bezirkstages ist diesem Gefühle sogar<lb/>
öffentlicher, lebhafter und dankbarer Ausdruck gegeben worden. Diese all-<lb/>
mälige Anbahnung eines freundschaftlichen und cordialen Verhältnisses zwi¬<lb/>
schen den Delegirten und der Verwaltung des Landes muß Jedem wohlthun,<lb/>
der es mit dem Reichslande und dessen Interessen gut meint und zu demselben<lb/>
in nähere oder entferntere Beziehungen getreten ist. Man sollte deshalb auch<lb/>
in der außerreichsländischen Presse diesem Verhältnisse billig Rechnung tragen<lb/>
und endlich einmal aufhören, zu schüren und zu Hetzen. Auf diese Weise wird<lb/>
man nimmer gute Früchte erzielen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_83" next="#ID_84"> Wenn nun jüngsthin ein &#x201E;Wandervogel von der preußischen Grenze",<lb/>
der hin und wieder die Reichslande mit seinem Besuche beehrt, größere Stramm¬<lb/>
heit des Regiments und sogar einen frohen, frischen &#x201E;Kulturkampf" gegen die<lb/>
katholischen Geistlichen im Elsaß oder Krieg mit den Franzosen empfiehlt, um<lb/>
dadurch den jungen Elsässern deutschen Patriotismus einzuimpfen, dann weiß<lb/>
man wirklich nicht, was man in gegenwärtiger Zeit zu einem solchen Hexen¬<lb/>
rezept sagen soll. Wer hier im Lande lebt und hier sein Heim freiwillig oder<lb/>
gezwungen gefunden hat, der weiß zur Genüge, wie nöthig sowohl dem Be-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0040] Der internationale Weinbaucongreß in Colmar, ein theilweiser Rivale des Kölner Gartenbaufestes, scheint wirklich ein großartiges und ele¬ gantes Fest werden zu wollen. Festtheilnehmer aus aller Herren Länder, be¬ rühmte önologische Capazitäten aus Deutschland, Frankreich, Italien und sogar Spanien. haben ihre Zusage gegeben und eilen schon von allen Seiten herbei zu der oberelsässischen Hauptstadt. Die Stadt Colmar macht rühmenswerthe Anstrengungen, um das Fest ihrer würdig werden zu lassen. Der Park des „Marsfeldes", ein prächtiges Unicum im Elsaß, das der Stadt sehr zur Zierde gereicht, ist fast wie im Handumdrehen in einen Bazar für alle mög¬ lichen Geräthschaften des Acker- und Weinbaus, bedeckte Hallen für die ver¬ schiedenen Weinsorten, riesige Blumenbeete u. s. w. umgewandelt worden. Auf die Sonntage verspricht man sich eine großartige Illumination desselben und Gartenconzerte, Selbst in das schon so lange leer stehende Theater sollen wieder einmal die lustigen Kinder Polyhymniens und Euterpens auf kurze Zeit ihren Einzug halten, wenn auch die hierüber mit der kaiserl. Direction des Straßburger Stadttheaters geführten Verhandlungen einige Schwierigkeiten zu machen scheinen. Die verschiedenen Bezirkstage des Ober- und Unter-Elsaß, sowie Lothringens sind indessen von den betreffenden Bezirks-Präsidenten eröffnet und nach kurzer Session wieder geschlossen worden. Allenthalben merkt man den günstigen Eindruck, den der glückliche Verlauf der Verhandlungen im ..Landesausschuß" sowohl im Lande als auf dessen Mitglieder, die größten- theils auch Mitglieder der Bezirkstage sind, hinterlassen hat. Bei Eröffnung des lothringischen und unterelsässischen Bezirkstages ist diesem Gefühle sogar öffentlicher, lebhafter und dankbarer Ausdruck gegeben worden. Diese all- mälige Anbahnung eines freundschaftlichen und cordialen Verhältnisses zwi¬ schen den Delegirten und der Verwaltung des Landes muß Jedem wohlthun, der es mit dem Reichslande und dessen Interessen gut meint und zu demselben in nähere oder entferntere Beziehungen getreten ist. Man sollte deshalb auch in der außerreichsländischen Presse diesem Verhältnisse billig Rechnung tragen und endlich einmal aufhören, zu schüren und zu Hetzen. Auf diese Weise wird man nimmer gute Früchte erzielen. Wenn nun jüngsthin ein „Wandervogel von der preußischen Grenze", der hin und wieder die Reichslande mit seinem Besuche beehrt, größere Stramm¬ heit des Regiments und sogar einen frohen, frischen „Kulturkampf" gegen die katholischen Geistlichen im Elsaß oder Krieg mit den Franzosen empfiehlt, um dadurch den jungen Elsässern deutschen Patriotismus einzuimpfen, dann weiß man wirklich nicht, was man in gegenwärtiger Zeit zu einem solchen Hexen¬ rezept sagen soll. Wer hier im Lande lebt und hier sein Heim freiwillig oder gezwungen gefunden hat, der weiß zur Genüge, wie nöthig sowohl dem Be-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/40
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/40>, abgerufen am 29.06.2024.