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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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auf jener und. wenn auch ein scharfer Zugwind von den kahlen Bäumen des
Hofgartens hereinfährt, so ist man doch zufrieden, daß man nicht Gefahr läuft,
mit dem Regenschirm Andern die Augen auszustoßen oder die eigenen aus¬
gestoßen zu bekommen. Es ist ein Glück, daß es nicht immer so kommt,
wie manche Leute es sich denken. Dieser Hofgarten, an dem eigentlich gar
nichts Gartenähnliches ist, der aber eine hübsche Anzahl hoher, im Sommer
äußerst wohlthuenden Schatten gehender Bäume umfaßt, der den Münchnern
der unumgänglich nothwendige Durchgang zu seinem Juwel, dem englischen
Garten, ist -- lief vor etlichen Jahren äußerste Gefahr, einfach aus der Liste der
öffentlichen Plätze gestrichen und dem verehrlichen Publikum vor der Nase zu¬
gemacht zu werden. Das war zur "traurigen Zeit der el-dsvant. Königs¬
braut". Die Dame trug gar hochfahrende Pläne im Kopf: die Absperrung
des Hofgartens, die Verwandlung desselben in einen für sie reservirten Park
gehörte zu diesen. Es war für den idealen König traurig, daß jene Verlobung so
schnell sich wieder löste, weil er vielleicht darin einen Anlaß mehr für seine
Neigung fand, der Menschen Gemeinschaft möglichst zu meiden, aber sein
Land hat es ihm gedankt, daß er gethan, wie er gethan.

Doch wir schweifen ab. wir wollten ja von dem reden. wohin man sich
gern vor Herbst- und Winterunbilden flüchtet -- und zu so was sind wir in
den "Arcaden" auf dem Wege. Fast an ihrem äußersten Ende führt eine
Treppe in den "Kunstverein" hinauf. Die drei Säle desselben sind eigentlich
allerdings nur für die Mitglieder geöffnet, allein es ist leicht, eingeführt zu
werden. Und keinen Fremden wird es gereuen, hier, wenn er kann, alle
8 Tage einmal nachzuschauen. Denn alle Wochen wechselt die Ausstellung der
Bilder, welche hierher zu senden und sie hier zuerst der Kritik zu unterbreiten
jeder Künstler sich zur Ehre rechnet. So ist uns hier die Möglichkeit gegeben,
immer die neuesten, besten Erzeugnisse der Münchner Kunst bei einander zu
sehen. Allerdings sucht diese, um Beschauer und Käufer zu locken, auch noch
andere Ausstellungen auf. So war im entschwundenen Sommer das der
Glypthotek gegenüber liegende Kunstausstellungsgebäude, welches mit jener
und den Propyläen den früher von uns geschilderten schönsten Platz
Münchens begrenzt, mit einer großen Anzahl von Bildern angefüllt. Wir
fanden die ersten Namen der Münchner Malerrvelt, die ältere wie die jüngere
Schule derselben -- aber wir sahen leider auf wenigen der Gemälde das den
Künstlern so ersehnte und erwünschte: "Verkauft" angeschrieben. Die in den
letzten Jahren so außerordentlich rege Kauflust, welche fast den Glanz der
mediceischen Möcensperiode aufzufrischen schien, hat auf einmal nachgelassen-
Der unglückselige "Krach" hält auch die Malerpinsel trocken. Zu den besten
Käufern in München selbst gehörte und gehört verhältnißmäßig noch die Fleijch-
mam.ische Kunsthandlung. In deren Auslage und noch mehr in der von


auf jener und. wenn auch ein scharfer Zugwind von den kahlen Bäumen des
Hofgartens hereinfährt, so ist man doch zufrieden, daß man nicht Gefahr läuft,
mit dem Regenschirm Andern die Augen auszustoßen oder die eigenen aus¬
gestoßen zu bekommen. Es ist ein Glück, daß es nicht immer so kommt,
wie manche Leute es sich denken. Dieser Hofgarten, an dem eigentlich gar
nichts Gartenähnliches ist, der aber eine hübsche Anzahl hoher, im Sommer
äußerst wohlthuenden Schatten gehender Bäume umfaßt, der den Münchnern
der unumgänglich nothwendige Durchgang zu seinem Juwel, dem englischen
Garten, ist — lief vor etlichen Jahren äußerste Gefahr, einfach aus der Liste der
öffentlichen Plätze gestrichen und dem verehrlichen Publikum vor der Nase zu¬
gemacht zu werden. Das war zur „traurigen Zeit der el-dsvant. Königs¬
braut". Die Dame trug gar hochfahrende Pläne im Kopf: die Absperrung
des Hofgartens, die Verwandlung desselben in einen für sie reservirten Park
gehörte zu diesen. Es war für den idealen König traurig, daß jene Verlobung so
schnell sich wieder löste, weil er vielleicht darin einen Anlaß mehr für seine
Neigung fand, der Menschen Gemeinschaft möglichst zu meiden, aber sein
Land hat es ihm gedankt, daß er gethan, wie er gethan.

Doch wir schweifen ab. wir wollten ja von dem reden. wohin man sich
gern vor Herbst- und Winterunbilden flüchtet — und zu so was sind wir in
den „Arcaden" auf dem Wege. Fast an ihrem äußersten Ende führt eine
Treppe in den „Kunstverein" hinauf. Die drei Säle desselben sind eigentlich
allerdings nur für die Mitglieder geöffnet, allein es ist leicht, eingeführt zu
werden. Und keinen Fremden wird es gereuen, hier, wenn er kann, alle
8 Tage einmal nachzuschauen. Denn alle Wochen wechselt die Ausstellung der
Bilder, welche hierher zu senden und sie hier zuerst der Kritik zu unterbreiten
jeder Künstler sich zur Ehre rechnet. So ist uns hier die Möglichkeit gegeben,
immer die neuesten, besten Erzeugnisse der Münchner Kunst bei einander zu
sehen. Allerdings sucht diese, um Beschauer und Käufer zu locken, auch noch
andere Ausstellungen auf. So war im entschwundenen Sommer das der
Glypthotek gegenüber liegende Kunstausstellungsgebäude, welches mit jener
und den Propyläen den früher von uns geschilderten schönsten Platz
Münchens begrenzt, mit einer großen Anzahl von Bildern angefüllt. Wir
fanden die ersten Namen der Münchner Malerrvelt, die ältere wie die jüngere
Schule derselben — aber wir sahen leider auf wenigen der Gemälde das den
Künstlern so ersehnte und erwünschte: „Verkauft" angeschrieben. Die in den
letzten Jahren so außerordentlich rege Kauflust, welche fast den Glanz der
mediceischen Möcensperiode aufzufrischen schien, hat auf einmal nachgelassen-
Der unglückselige „Krach" hält auch die Malerpinsel trocken. Zu den besten
Käufern in München selbst gehörte und gehört verhältnißmäßig noch die Fleijch-
mam.ische Kunsthandlung. In deren Auslage und noch mehr in der von


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[0398] auf jener und. wenn auch ein scharfer Zugwind von den kahlen Bäumen des Hofgartens hereinfährt, so ist man doch zufrieden, daß man nicht Gefahr läuft, mit dem Regenschirm Andern die Augen auszustoßen oder die eigenen aus¬ gestoßen zu bekommen. Es ist ein Glück, daß es nicht immer so kommt, wie manche Leute es sich denken. Dieser Hofgarten, an dem eigentlich gar nichts Gartenähnliches ist, der aber eine hübsche Anzahl hoher, im Sommer äußerst wohlthuenden Schatten gehender Bäume umfaßt, der den Münchnern der unumgänglich nothwendige Durchgang zu seinem Juwel, dem englischen Garten, ist — lief vor etlichen Jahren äußerste Gefahr, einfach aus der Liste der öffentlichen Plätze gestrichen und dem verehrlichen Publikum vor der Nase zu¬ gemacht zu werden. Das war zur „traurigen Zeit der el-dsvant. Königs¬ braut". Die Dame trug gar hochfahrende Pläne im Kopf: die Absperrung des Hofgartens, die Verwandlung desselben in einen für sie reservirten Park gehörte zu diesen. Es war für den idealen König traurig, daß jene Verlobung so schnell sich wieder löste, weil er vielleicht darin einen Anlaß mehr für seine Neigung fand, der Menschen Gemeinschaft möglichst zu meiden, aber sein Land hat es ihm gedankt, daß er gethan, wie er gethan. Doch wir schweifen ab. wir wollten ja von dem reden. wohin man sich gern vor Herbst- und Winterunbilden flüchtet — und zu so was sind wir in den „Arcaden" auf dem Wege. Fast an ihrem äußersten Ende führt eine Treppe in den „Kunstverein" hinauf. Die drei Säle desselben sind eigentlich allerdings nur für die Mitglieder geöffnet, allein es ist leicht, eingeführt zu werden. Und keinen Fremden wird es gereuen, hier, wenn er kann, alle 8 Tage einmal nachzuschauen. Denn alle Wochen wechselt die Ausstellung der Bilder, welche hierher zu senden und sie hier zuerst der Kritik zu unterbreiten jeder Künstler sich zur Ehre rechnet. So ist uns hier die Möglichkeit gegeben, immer die neuesten, besten Erzeugnisse der Münchner Kunst bei einander zu sehen. Allerdings sucht diese, um Beschauer und Käufer zu locken, auch noch andere Ausstellungen auf. So war im entschwundenen Sommer das der Glypthotek gegenüber liegende Kunstausstellungsgebäude, welches mit jener und den Propyläen den früher von uns geschilderten schönsten Platz Münchens begrenzt, mit einer großen Anzahl von Bildern angefüllt. Wir fanden die ersten Namen der Münchner Malerrvelt, die ältere wie die jüngere Schule derselben — aber wir sahen leider auf wenigen der Gemälde das den Künstlern so ersehnte und erwünschte: „Verkauft" angeschrieben. Die in den letzten Jahren so außerordentlich rege Kauflust, welche fast den Glanz der mediceischen Möcensperiode aufzufrischen schien, hat auf einmal nachgelassen- Der unglückselige „Krach" hält auch die Malerpinsel trocken. Zu den besten Käufern in München selbst gehörte und gehört verhältnißmäßig noch die Fleijch- mam.ische Kunsthandlung. In deren Auslage und noch mehr in der von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/398>, abgerufen am 22.07.2024.