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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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in sich schließt, so werden wir den Gedanken zulässig finden, daß auf den
Weltkörpern, deren physiologischer Zustand von dem unserer Erde abweicht,
und aus denen daher das Thierleben in einer von der bei uns zu beobachten¬
den ganz verschiedenen Weise eingerichtet ist, die menschliche Urform, welche
dort wie hier die Formen aller Arten des Thierreichs abspiegelt, in gleichem
Grade von dem Organismus des Erdenmenschen verschieden sein muß. Die
Meinung, die Natur habe alle denkenden und empfindenden Wesen der Welt
in eine und dieselbe Form gegossen, spricht gegen das Verfahren, das sie überall
auf der Erde einschlägt und gegen das Gesetz der Anbequemung, nach dem
sie herrscht und schafft.

Indeß will unser Autor damit die Möglichkeit menschlicher Individuali¬
täten, die der unsrigen ähnlich sind, für andere Gestirne nicht unbedingt von
der Hand weisen. "Bei allen diesen Betrachtungen und Erwägungen", so
schließt er das betreffende Kapitel, "muß man stets im Auge behalten, daß
der göttliche Plan für uns in tiefes Geheimniß gehüllt ist, und daß wir, UM
eine bestimmte Behauptung in vernünftiger Weise aufzustellen, uns nicht blos
auf die Unterweisung der Natur, wie dieselbe auf der Erde erscheint, stützen
dürfen. Gott kann gewollt haben, daß die Substanz der Seele überall die¬
selbe sei, und daß eine einzige Urform an allen denkenden Wesen sich aus¬
präge, er kann die Dinge so geordnet haben, daß diese Urform, je nach Be¬
schaffenheit des betreffenden Weltkörpers hier so, dort anders abgewandelt,
überall mehr oder minder deutlich hervortritt. Aber eine Begründung in der
Natur findet diese Annahme nicht. In zwingender Weise können wir aus
der Betrachtung der Welten nur folgende Sätze ableiten:

1. Die verschiedenen Kräfte, die beim Uranfange der Dinge wirkten,
erzeugten auf den Weltkörpern eine große Mannichfaltigkeit von Wesen und
Dingen;

2. Die belebten Wesen waren von Anfang an dem physiologischen Zu¬
stande der betreffenden Weltkörper entsprechend geformt und organisirt;

3. Die Menschen der andern Planeten sowie die der ferner kreisenden
Weltkugeln unterscheiden sich von uns sowohl in ihrer innern Organisation
als auch in ihrer physischen Urform.




in sich schließt, so werden wir den Gedanken zulässig finden, daß auf den
Weltkörpern, deren physiologischer Zustand von dem unserer Erde abweicht,
und aus denen daher das Thierleben in einer von der bei uns zu beobachten¬
den ganz verschiedenen Weise eingerichtet ist, die menschliche Urform, welche
dort wie hier die Formen aller Arten des Thierreichs abspiegelt, in gleichem
Grade von dem Organismus des Erdenmenschen verschieden sein muß. Die
Meinung, die Natur habe alle denkenden und empfindenden Wesen der Welt
in eine und dieselbe Form gegossen, spricht gegen das Verfahren, das sie überall
auf der Erde einschlägt und gegen das Gesetz der Anbequemung, nach dem
sie herrscht und schafft.

Indeß will unser Autor damit die Möglichkeit menschlicher Individuali¬
täten, die der unsrigen ähnlich sind, für andere Gestirne nicht unbedingt von
der Hand weisen. „Bei allen diesen Betrachtungen und Erwägungen", so
schließt er das betreffende Kapitel, „muß man stets im Auge behalten, daß
der göttliche Plan für uns in tiefes Geheimniß gehüllt ist, und daß wir, UM
eine bestimmte Behauptung in vernünftiger Weise aufzustellen, uns nicht blos
auf die Unterweisung der Natur, wie dieselbe auf der Erde erscheint, stützen
dürfen. Gott kann gewollt haben, daß die Substanz der Seele überall die¬
selbe sei, und daß eine einzige Urform an allen denkenden Wesen sich aus¬
präge, er kann die Dinge so geordnet haben, daß diese Urform, je nach Be¬
schaffenheit des betreffenden Weltkörpers hier so, dort anders abgewandelt,
überall mehr oder minder deutlich hervortritt. Aber eine Begründung in der
Natur findet diese Annahme nicht. In zwingender Weise können wir aus
der Betrachtung der Welten nur folgende Sätze ableiten:

1. Die verschiedenen Kräfte, die beim Uranfange der Dinge wirkten,
erzeugten auf den Weltkörpern eine große Mannichfaltigkeit von Wesen und
Dingen;

2. Die belebten Wesen waren von Anfang an dem physiologischen Zu¬
stande der betreffenden Weltkörper entsprechend geformt und organisirt;

3. Die Menschen der andern Planeten sowie die der ferner kreisenden
Weltkugeln unterscheiden sich von uns sowohl in ihrer innern Organisation
als auch in ihrer physischen Urform.




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[0344] in sich schließt, so werden wir den Gedanken zulässig finden, daß auf den Weltkörpern, deren physiologischer Zustand von dem unserer Erde abweicht, und aus denen daher das Thierleben in einer von der bei uns zu beobachten¬ den ganz verschiedenen Weise eingerichtet ist, die menschliche Urform, welche dort wie hier die Formen aller Arten des Thierreichs abspiegelt, in gleichem Grade von dem Organismus des Erdenmenschen verschieden sein muß. Die Meinung, die Natur habe alle denkenden und empfindenden Wesen der Welt in eine und dieselbe Form gegossen, spricht gegen das Verfahren, das sie überall auf der Erde einschlägt und gegen das Gesetz der Anbequemung, nach dem sie herrscht und schafft. Indeß will unser Autor damit die Möglichkeit menschlicher Individuali¬ täten, die der unsrigen ähnlich sind, für andere Gestirne nicht unbedingt von der Hand weisen. „Bei allen diesen Betrachtungen und Erwägungen", so schließt er das betreffende Kapitel, „muß man stets im Auge behalten, daß der göttliche Plan für uns in tiefes Geheimniß gehüllt ist, und daß wir, UM eine bestimmte Behauptung in vernünftiger Weise aufzustellen, uns nicht blos auf die Unterweisung der Natur, wie dieselbe auf der Erde erscheint, stützen dürfen. Gott kann gewollt haben, daß die Substanz der Seele überall die¬ selbe sei, und daß eine einzige Urform an allen denkenden Wesen sich aus¬ präge, er kann die Dinge so geordnet haben, daß diese Urform, je nach Be¬ schaffenheit des betreffenden Weltkörpers hier so, dort anders abgewandelt, überall mehr oder minder deutlich hervortritt. Aber eine Begründung in der Natur findet diese Annahme nicht. In zwingender Weise können wir aus der Betrachtung der Welten nur folgende Sätze ableiten: 1. Die verschiedenen Kräfte, die beim Uranfange der Dinge wirkten, erzeugten auf den Weltkörpern eine große Mannichfaltigkeit von Wesen und Dingen; 2. Die belebten Wesen waren von Anfang an dem physiologischen Zu¬ stande der betreffenden Weltkörper entsprechend geformt und organisirt; 3. Die Menschen der andern Planeten sowie die der ferner kreisenden Weltkugeln unterscheiden sich von uns sowohl in ihrer innern Organisation als auch in ihrer physischen Urform.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/344>, abgerufen am 25.08.2024.