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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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unsre Nachbarn unsre Absicht errathen und darauf bedacht sein, uns eine ent¬
sprechende Antwort zu geben. Die Kosten wären auch dann nicht verloren,
wenn die von uns eröffnete Correspondenz unbeantwortet bliebe; wir wüßten
dann wenigstens, daß es drüben keine Vernunftwesen gäbe." Mädler aber
sagt in Betreff eines derartigen Verkehrs zwischen den Erd- und Mond¬
menschen: "Es ist im höchsten Grade wahrscheinlich, daß nicht der Mond allein,
sondern jeder Weltkörper lebende Bewohner hat." "Wo wir Einrichtungen
treffen, welche Bewohner möglich machen, können wir diese auch als wirklich
annehmen und zugleich versichert sein, daß jeder Weltkörper mit solchen Be¬
wohnern versehen sei. die seiner Naturbeschaffenheit angemessen sind und sich
auf ihm ihres Lebens freuen können." Mit dieser allgemeinen, mehr ethischen
als astronomischen Beantwortung der Frage begnüge man, wie es dann
weiter heißt, sich höchst ungern, vielmehr wolle man eine möglichst specielle
Auskunft über die körperlichen und geistigen Fähigkeiten und die Lebensweise
der Bewohner fremder Welten haben. Insbesondere habe man bei dem uns
verhältnißmäßig so nahen Monde zu der Hoffnung berechtigt zu sein geglaubt,
durch verbesserte Fernröhre einst noch dessen Bewohner zu sehen, ja selbst die
Idee, mit ihnen correspondiren oder gar persönlich zu ihnen zu gelan¬
gen, sei ernstlich verfolgt worden. Diese Hoffnung werde sich aber wahr¬
scheinlich nicht erfüllen. "Wenigstens vergessen diejenigen." sagt Mädler, "welche
von einer fortschreitenden Vergrößerung der Ferngläser Alles erwarten, daß
ein größeres Sehwerkzeug die im Zustande der Erdatmosphäre und der täg¬
lichen Bewegung liegenden Schwierigkeiten nicht allein nicht hebt, sondern
sogar vermehrt, und daß überhaupt stärkere Vergrößerungen nur dann von
Nutzen sein können, wenn die Deutlichkeit des Lichtes sich in ganz gleichem
Maße erhöht. Schon bei den größten jetzt in Anwendung gebrachten Fern¬
röhren zeigen sich diese Schwierigkeiten dergestalt, daß man ihre volle Kraft
nicht bei allen Gegenständen in Anwendung bringen kann, wie denn na¬
mentlich der Mond' zu denjenigen Objecten gehört, für welche die stärksten
Vergrößerungen sich nicht als sonderlich vortheilhaft bewähren. Gelänge es
aber auch, mit einer tausendmaligen Vergrößerung noch gute Beobachtungen
auf der Mondfläche zu machen so würden die Gegenstände auf derselben im¬
mer noch nicht besser erscheinen als mit unbewaffneten Augen in fünfzig
Meilen Entfernung, und auch das schärfste Auge ist nicht im Stande, einen
Menschen, ein Pferd u. tgi. noch wahrzunehmen, wenn sie eine Meile entfernt
sind. Vielleicht aber könnte man Bauwerke auffinden, Heereszüge verfolgen
und Aehnliches? Auch hier ist schwerlich etwas zu erwarten. Wenn es uns
auch gelänge, ein architektonisches Product von der Größe der Cheops-
Pyramide oder der Peterskirche als ein feines Pünktchen wahrzunehmen, wer
deutet uns dieses Pünktchen? Die kleinsten der ihrer Gestalt nach mit einiger


unsre Nachbarn unsre Absicht errathen und darauf bedacht sein, uns eine ent¬
sprechende Antwort zu geben. Die Kosten wären auch dann nicht verloren,
wenn die von uns eröffnete Correspondenz unbeantwortet bliebe; wir wüßten
dann wenigstens, daß es drüben keine Vernunftwesen gäbe." Mädler aber
sagt in Betreff eines derartigen Verkehrs zwischen den Erd- und Mond¬
menschen: „Es ist im höchsten Grade wahrscheinlich, daß nicht der Mond allein,
sondern jeder Weltkörper lebende Bewohner hat." „Wo wir Einrichtungen
treffen, welche Bewohner möglich machen, können wir diese auch als wirklich
annehmen und zugleich versichert sein, daß jeder Weltkörper mit solchen Be¬
wohnern versehen sei. die seiner Naturbeschaffenheit angemessen sind und sich
auf ihm ihres Lebens freuen können." Mit dieser allgemeinen, mehr ethischen
als astronomischen Beantwortung der Frage begnüge man, wie es dann
weiter heißt, sich höchst ungern, vielmehr wolle man eine möglichst specielle
Auskunft über die körperlichen und geistigen Fähigkeiten und die Lebensweise
der Bewohner fremder Welten haben. Insbesondere habe man bei dem uns
verhältnißmäßig so nahen Monde zu der Hoffnung berechtigt zu sein geglaubt,
durch verbesserte Fernröhre einst noch dessen Bewohner zu sehen, ja selbst die
Idee, mit ihnen correspondiren oder gar persönlich zu ihnen zu gelan¬
gen, sei ernstlich verfolgt worden. Diese Hoffnung werde sich aber wahr¬
scheinlich nicht erfüllen. „Wenigstens vergessen diejenigen." sagt Mädler, „welche
von einer fortschreitenden Vergrößerung der Ferngläser Alles erwarten, daß
ein größeres Sehwerkzeug die im Zustande der Erdatmosphäre und der täg¬
lichen Bewegung liegenden Schwierigkeiten nicht allein nicht hebt, sondern
sogar vermehrt, und daß überhaupt stärkere Vergrößerungen nur dann von
Nutzen sein können, wenn die Deutlichkeit des Lichtes sich in ganz gleichem
Maße erhöht. Schon bei den größten jetzt in Anwendung gebrachten Fern¬
röhren zeigen sich diese Schwierigkeiten dergestalt, daß man ihre volle Kraft
nicht bei allen Gegenständen in Anwendung bringen kann, wie denn na¬
mentlich der Mond' zu denjenigen Objecten gehört, für welche die stärksten
Vergrößerungen sich nicht als sonderlich vortheilhaft bewähren. Gelänge es
aber auch, mit einer tausendmaligen Vergrößerung noch gute Beobachtungen
auf der Mondfläche zu machen so würden die Gegenstände auf derselben im¬
mer noch nicht besser erscheinen als mit unbewaffneten Augen in fünfzig
Meilen Entfernung, und auch das schärfste Auge ist nicht im Stande, einen
Menschen, ein Pferd u. tgi. noch wahrzunehmen, wenn sie eine Meile entfernt
sind. Vielleicht aber könnte man Bauwerke auffinden, Heereszüge verfolgen
und Aehnliches? Auch hier ist schwerlich etwas zu erwarten. Wenn es uns
auch gelänge, ein architektonisches Product von der Größe der Cheops-
Pyramide oder der Peterskirche als ein feines Pünktchen wahrzunehmen, wer
deutet uns dieses Pünktchen? Die kleinsten der ihrer Gestalt nach mit einiger


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[0313] unsre Nachbarn unsre Absicht errathen und darauf bedacht sein, uns eine ent¬ sprechende Antwort zu geben. Die Kosten wären auch dann nicht verloren, wenn die von uns eröffnete Correspondenz unbeantwortet bliebe; wir wüßten dann wenigstens, daß es drüben keine Vernunftwesen gäbe." Mädler aber sagt in Betreff eines derartigen Verkehrs zwischen den Erd- und Mond¬ menschen: „Es ist im höchsten Grade wahrscheinlich, daß nicht der Mond allein, sondern jeder Weltkörper lebende Bewohner hat." „Wo wir Einrichtungen treffen, welche Bewohner möglich machen, können wir diese auch als wirklich annehmen und zugleich versichert sein, daß jeder Weltkörper mit solchen Be¬ wohnern versehen sei. die seiner Naturbeschaffenheit angemessen sind und sich auf ihm ihres Lebens freuen können." Mit dieser allgemeinen, mehr ethischen als astronomischen Beantwortung der Frage begnüge man, wie es dann weiter heißt, sich höchst ungern, vielmehr wolle man eine möglichst specielle Auskunft über die körperlichen und geistigen Fähigkeiten und die Lebensweise der Bewohner fremder Welten haben. Insbesondere habe man bei dem uns verhältnißmäßig so nahen Monde zu der Hoffnung berechtigt zu sein geglaubt, durch verbesserte Fernröhre einst noch dessen Bewohner zu sehen, ja selbst die Idee, mit ihnen correspondiren oder gar persönlich zu ihnen zu gelan¬ gen, sei ernstlich verfolgt worden. Diese Hoffnung werde sich aber wahr¬ scheinlich nicht erfüllen. „Wenigstens vergessen diejenigen." sagt Mädler, „welche von einer fortschreitenden Vergrößerung der Ferngläser Alles erwarten, daß ein größeres Sehwerkzeug die im Zustande der Erdatmosphäre und der täg¬ lichen Bewegung liegenden Schwierigkeiten nicht allein nicht hebt, sondern sogar vermehrt, und daß überhaupt stärkere Vergrößerungen nur dann von Nutzen sein können, wenn die Deutlichkeit des Lichtes sich in ganz gleichem Maße erhöht. Schon bei den größten jetzt in Anwendung gebrachten Fern¬ röhren zeigen sich diese Schwierigkeiten dergestalt, daß man ihre volle Kraft nicht bei allen Gegenständen in Anwendung bringen kann, wie denn na¬ mentlich der Mond' zu denjenigen Objecten gehört, für welche die stärksten Vergrößerungen sich nicht als sonderlich vortheilhaft bewähren. Gelänge es aber auch, mit einer tausendmaligen Vergrößerung noch gute Beobachtungen auf der Mondfläche zu machen so würden die Gegenstände auf derselben im¬ mer noch nicht besser erscheinen als mit unbewaffneten Augen in fünfzig Meilen Entfernung, und auch das schärfste Auge ist nicht im Stande, einen Menschen, ein Pferd u. tgi. noch wahrzunehmen, wenn sie eine Meile entfernt sind. Vielleicht aber könnte man Bauwerke auffinden, Heereszüge verfolgen und Aehnliches? Auch hier ist schwerlich etwas zu erwarten. Wenn es uns auch gelänge, ein architektonisches Product von der Größe der Cheops- Pyramide oder der Peterskirche als ein feines Pünktchen wahrzunehmen, wer deutet uns dieses Pünktchen? Die kleinsten der ihrer Gestalt nach mit einiger

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/313>, abgerufen am 22.07.2024.