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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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thun. Meine Stellung zur republikanischen Partei ist kein Geheimniß. Ich
hielt es für meine Pflicht, als Bundessenator und als Bürger den Irr¬
thümern und Ausschreitungen jener Politiker entgegenzutreten, welche die Con¬
trolle über die genannte Partei führten, sowie die Mißbräuche anzugreifen,
welche sich unter Führerschaft dieser Herren entwickelten. Ich war dabei im
Ernst. Ich war zur Zeit, wo ich so handelte, der Ansicht, daß ich Recht
hätte, und es ist keine bloße Halsstarrigkeit (not mers stubdorusLs), wenn
ich sage, daß ich auch jetzt noch derselben Ansicht bin. Ich habe nicht nur
Nichts zurückzunehmen, sondern ich bin auch dessen gewiß, daß die kürzlich
erfolgten Enthüllungen von Corrupttonen manchen guten und gewissenhaften
Republikaner davon überzeugt haben, daß die Organisation der republikanischen
Partei sich manche Erniedrigungen (dumiliativns) erspart haben würde, wenn
man meine und meiner Freunde Mahnrufe seiner Zeit beachtet hätte.-- Es
ist deshalb keine sentimentale Parteinahme (no sentimental partis-litz?) für
die republikanische Partei, was mich hierher führt. Es bleibt abzuwarten,
ob die republikanische Partei eine solche Stellung einnehmen wird, daß sie bei
der nächsten Präsidentenwahl der Unterstützung werth ist. Es bleibt auch ab
zuwarten, ob die Demokraten dieses thun werden. Meine Ansicht war schon
seit längerer Zeit, und ich habe dieselbe niemals verheimlicht, daß die wahr¬
haft patriotischgesinnten Bürger der Republik sich auf keine von beiden Par¬
teien unbedingt verlassen sollten. Daß wohlmeinende Bürger sich so häufig
in der Lage befanden, eine Partei unterstützen zu müssen, nicht weil dieselbe
ihren Beifall oder ihr Vertrauen besaß, sondern weil die Gegenpartei noch
schlechter zu sein schien, das ist nicht nur eine politische Sachlage, die eines
freien, intelligenten und hochherzigen Volkes unwürdig ist, sondern es ist auch
eine der Hauptursachen der Corruption und Demoralisation unseres politischen
Lebens überhaupt. In dieser nicht beneidenswerthen Lage haben wir uns
seit Jahren befunden, und im Staate Ohio ist jetzt Etwas im Gange, das
diese Sachlage nur in noch verschlimmerter Form (in an SMr".va.tea tora)
auf den Wahlkampf von 1876 zu übertragen droht."

Nach dieser Einleitung ging dann Schurz auf die eigentliche Behandlung
der brennenden Geldfrage selbst ein und wies durch eine Unzahl schlagender
Argumente nach, daß nicht nur die materiellen Interessen, sondern auch der
Charakter, der gute Name und das innerste Wesen des amerikanischen Volkes
großen, unersetzlichen Schaden leiden würden, wenn die Befürworter der Jn-
flationspolitik zunächst in der Staatswahl den Sieg davon trügen.

Eine New-Uorker Correspondenz der "Köln. Zeitung", datirt vom An¬
fang dieses Monats, bestätigt unser Urtheil über die Schurz'sche Rede und
fügt dann hinzu, daß der frühere Senator von Missouri stets und unter
allen Umständen das Ohr der amerikanischen Nation haben, stets und unter


thun. Meine Stellung zur republikanischen Partei ist kein Geheimniß. Ich
hielt es für meine Pflicht, als Bundessenator und als Bürger den Irr¬
thümern und Ausschreitungen jener Politiker entgegenzutreten, welche die Con¬
trolle über die genannte Partei führten, sowie die Mißbräuche anzugreifen,
welche sich unter Führerschaft dieser Herren entwickelten. Ich war dabei im
Ernst. Ich war zur Zeit, wo ich so handelte, der Ansicht, daß ich Recht
hätte, und es ist keine bloße Halsstarrigkeit (not mers stubdorusLs), wenn
ich sage, daß ich auch jetzt noch derselben Ansicht bin. Ich habe nicht nur
Nichts zurückzunehmen, sondern ich bin auch dessen gewiß, daß die kürzlich
erfolgten Enthüllungen von Corrupttonen manchen guten und gewissenhaften
Republikaner davon überzeugt haben, daß die Organisation der republikanischen
Partei sich manche Erniedrigungen (dumiliativns) erspart haben würde, wenn
man meine und meiner Freunde Mahnrufe seiner Zeit beachtet hätte.— Es
ist deshalb keine sentimentale Parteinahme (no sentimental partis-litz?) für
die republikanische Partei, was mich hierher führt. Es bleibt abzuwarten,
ob die republikanische Partei eine solche Stellung einnehmen wird, daß sie bei
der nächsten Präsidentenwahl der Unterstützung werth ist. Es bleibt auch ab
zuwarten, ob die Demokraten dieses thun werden. Meine Ansicht war schon
seit längerer Zeit, und ich habe dieselbe niemals verheimlicht, daß die wahr¬
haft patriotischgesinnten Bürger der Republik sich auf keine von beiden Par¬
teien unbedingt verlassen sollten. Daß wohlmeinende Bürger sich so häufig
in der Lage befanden, eine Partei unterstützen zu müssen, nicht weil dieselbe
ihren Beifall oder ihr Vertrauen besaß, sondern weil die Gegenpartei noch
schlechter zu sein schien, das ist nicht nur eine politische Sachlage, die eines
freien, intelligenten und hochherzigen Volkes unwürdig ist, sondern es ist auch
eine der Hauptursachen der Corruption und Demoralisation unseres politischen
Lebens überhaupt. In dieser nicht beneidenswerthen Lage haben wir uns
seit Jahren befunden, und im Staate Ohio ist jetzt Etwas im Gange, das
diese Sachlage nur in noch verschlimmerter Form (in an SMr».va.tea tora)
auf den Wahlkampf von 1876 zu übertragen droht."

Nach dieser Einleitung ging dann Schurz auf die eigentliche Behandlung
der brennenden Geldfrage selbst ein und wies durch eine Unzahl schlagender
Argumente nach, daß nicht nur die materiellen Interessen, sondern auch der
Charakter, der gute Name und das innerste Wesen des amerikanischen Volkes
großen, unersetzlichen Schaden leiden würden, wenn die Befürworter der Jn-
flationspolitik zunächst in der Staatswahl den Sieg davon trügen.

Eine New-Uorker Correspondenz der „Köln. Zeitung", datirt vom An¬
fang dieses Monats, bestätigt unser Urtheil über die Schurz'sche Rede und
fügt dann hinzu, daß der frühere Senator von Missouri stets und unter
allen Umständen das Ohr der amerikanischen Nation haben, stets und unter


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/182>, abgerufen am 22.07.2024.