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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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^ -gebildet hatten, weiter nach Norden. Nur die Spanier und Portugiesen
Icheinen, wenigstens die Lilie, von den Arabern bekommen zu haben.

Nicht minder früh berühmt, als die Rose, war der orientalische Safran,
"der vornehme und erlauchte Verwandte des europäischen bescheidenen Früh-
lingscrocus." Der althebräische Name 1?arlwm bezeugt uns, daß die Griechen
ihn durch den Verkehr mit semitischen Ländern kennen lernten, aus denen sie
zunächst wohl nur die gelben oder gelbgestickten Kleider als kostbare Waare
empfangen hatten. Ob die homerischen Sänger selbst schon die "goldleuchten¬
den Krokosblüten" erblickt hatten, die sie überall auf den mythischen Wiesen
wachsen ließen, ist schwer zu sagen. Erst Theophrast unterscheidet den wil¬
den, nicht duftenden Krokus von dem kultivirten und duftenden, der jedoch
in dem kälteren Europa einen Theil seines Aromas einbüßte, und noch bei
den Römern galt es für einen Triumph der Acclimatisationskunst, in den
Gärten echten Krokus zu ziehen. Den Arabern gelang es, die Kultur des¬
selben im südlichen Spanien einzuführen, und seit jener Aelt hat auch die
arabische Benennung Safran die griechisch-römische mehr und mehr verdrängt.

Die Dattelpalme ist nach Ritter der echte "Repräsentant der subtropischen
Zone ohne Regenniederschlag in der Alten Welt". Man hat es zwar ver¬
sucht, sie auf den Inseln und an den Küsten des mittelländischen und asi¬
atischen Meeres anzupflanzen, aber nach den klimatischen Bedingungen, von
denen sie abhängig ist, kann von einer wirklichen Uebertragung nach Europa
nicht die Rede sein. Daher finden wir außer den bekannten Palmenwäldern
zu Bordighera an der Straße von Genua nach Nizza und zu Elche in Süd¬
spanien nur vereinzelte Exemplare in den Ländern des südlichen Europas,
und wenn in Reisehandbüchern von "zahlreichen Palmen" bei Galipoli die
Rede ist, so liegt dieser Angabe eine Verwechselung des Namens zu Grunde,
indem die Italiener auch die Oelzweige zMme zu nennen pflegen, weil sie am
Palmsonntag statt der eigentlichen Palmzweige geweiht werden.

Die Cypresse, welche nach dem sehn-H-Rauch aus dem Paradiese stammt,
gelangte früh schon aus Persien in die Länder des aramäisch-kanaanitischen
Stammes, und galt im Orient Jahrhunderte hindurch für einen heiligen Baum,
aus dessen Holz bei den Griechen und Römern vorzugsweise die Bilder der
Götter geschnitzt wurden. Den Dichtern des Augusteischen Zeitalters diente
sie bereits als Baum der Trauer, den sie gern in Gegensatz zum Genuß der
Gegenwart stellten, und seit jener Zeit hat sich die Cypresse in Italien ein¬
gebürgert, obwohl eigentliche Cypressenhaine dort vergeblich gesucht werden.
Ihr populärer Name auf Sicilien (nueixersieu) erinnert deutlich an ihre
ursprüngliche Heimath, während ihre griechische Bezeichnung xvTre^lo'o'o^ (alt-
hebräisch goMor) verräth, daß die Griechen sie aus semitischem Gebiet be¬
kommen haben.


^ -gebildet hatten, weiter nach Norden. Nur die Spanier und Portugiesen
Icheinen, wenigstens die Lilie, von den Arabern bekommen zu haben.

Nicht minder früh berühmt, als die Rose, war der orientalische Safran,
„der vornehme und erlauchte Verwandte des europäischen bescheidenen Früh-
lingscrocus." Der althebräische Name 1?arlwm bezeugt uns, daß die Griechen
ihn durch den Verkehr mit semitischen Ländern kennen lernten, aus denen sie
zunächst wohl nur die gelben oder gelbgestickten Kleider als kostbare Waare
empfangen hatten. Ob die homerischen Sänger selbst schon die „goldleuchten¬
den Krokosblüten" erblickt hatten, die sie überall auf den mythischen Wiesen
wachsen ließen, ist schwer zu sagen. Erst Theophrast unterscheidet den wil¬
den, nicht duftenden Krokus von dem kultivirten und duftenden, der jedoch
in dem kälteren Europa einen Theil seines Aromas einbüßte, und noch bei
den Römern galt es für einen Triumph der Acclimatisationskunst, in den
Gärten echten Krokus zu ziehen. Den Arabern gelang es, die Kultur des¬
selben im südlichen Spanien einzuführen, und seit jener Aelt hat auch die
arabische Benennung Safran die griechisch-römische mehr und mehr verdrängt.

Die Dattelpalme ist nach Ritter der echte „Repräsentant der subtropischen
Zone ohne Regenniederschlag in der Alten Welt". Man hat es zwar ver¬
sucht, sie auf den Inseln und an den Küsten des mittelländischen und asi¬
atischen Meeres anzupflanzen, aber nach den klimatischen Bedingungen, von
denen sie abhängig ist, kann von einer wirklichen Uebertragung nach Europa
nicht die Rede sein. Daher finden wir außer den bekannten Palmenwäldern
zu Bordighera an der Straße von Genua nach Nizza und zu Elche in Süd¬
spanien nur vereinzelte Exemplare in den Ländern des südlichen Europas,
und wenn in Reisehandbüchern von „zahlreichen Palmen" bei Galipoli die
Rede ist, so liegt dieser Angabe eine Verwechselung des Namens zu Grunde,
indem die Italiener auch die Oelzweige zMme zu nennen pflegen, weil sie am
Palmsonntag statt der eigentlichen Palmzweige geweiht werden.

Die Cypresse, welche nach dem sehn-H-Rauch aus dem Paradiese stammt,
gelangte früh schon aus Persien in die Länder des aramäisch-kanaanitischen
Stammes, und galt im Orient Jahrhunderte hindurch für einen heiligen Baum,
aus dessen Holz bei den Griechen und Römern vorzugsweise die Bilder der
Götter geschnitzt wurden. Den Dichtern des Augusteischen Zeitalters diente
sie bereits als Baum der Trauer, den sie gern in Gegensatz zum Genuß der
Gegenwart stellten, und seit jener Zeit hat sich die Cypresse in Italien ein¬
gebürgert, obwohl eigentliche Cypressenhaine dort vergeblich gesucht werden.
Ihr populärer Name auf Sicilien (nueixersieu) erinnert deutlich an ihre
ursprüngliche Heimath, während ihre griechische Bezeichnung xvTre^lo'o'o^ (alt-
hebräisch goMor) verräth, daß die Griechen sie aus semitischem Gebiet be¬
kommen haben.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/120>, abgerufen am 22.07.2024.