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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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deutsche Pfirsich, das russische porsil: entstanden. Unter den populäre.,,,^.
Nennungen der Aprikose sind die eigenthümlichsten das neapolitanische Misvinvlci
oder erisuommolo, dem das griechische /^vo'vM^o^ goldner Apfel, (ursprüng¬
lich der Name einer Quitte.) zu Grunde liegt, und das tirolische marille, wo¬
runter man anderwärts eine Kirschenart versteht.

Von den Mandeln, Walnüssen und Kastanien tritt die Mandel am
frühesten auf, da ihr Name schon bei den attischen Komikern gewöhnlich ist.
Die Kastanie soll zwar nach der Behauptung der Naturforscher stets zu den
heimischen Gewächsen der Apenninischen Halbinsel gehört haben, kann aber
erst im Augusteischen Zeitalter nach Italien gekommen sein, da bis dahin
sogar eine bestimmte Benennung ihrer Frucht fehlt. Auch schreiben ihr die
Alten ausdrücklich kleinasiatischen Ursprung zu. Erwähnung unter ihrem
jetzigen Namen finden die Kastanien zuerst bei Mrgil. und seit jener Zeit
haben sie sich so verbreitet, daß es in Italien, Frankreich und Spanien
wirkliche Kastanienwälder gibt, und der Gebirgsbewohner im rauhen Apennin,
wo der Ackerbau unmöglich ist, in große Noth geräth, wenn die Kastanien-
ernte spärlich ausfällt.

Der populäre Name "Jupiter's Eichel" (^'5 /?"^e>?), den in Griechen¬
land meistens die Kastanie führte, ging in der lateinischen Uebersetzung juglan-z
auf die Walruß über, deren deutsche Benennung wiederum sie als Produkt
Italiens kennzeichnet.

Der Oleander oder Lorbeerrosenbaum, der schon zu Pltnius Zeiten in
Italien und Griechenland "den Schein eines freien Naturkindes" angenommen
hatte, ist wahrscheinlich aus Kleinasien nach Griechenland gekommen, und
galt bereits damals für giftig. Der bis zum heutigen Tage in Süditalien
übliche Name amas^s, 1'asino. Eselstödter, bekundet deutlich das alte Vor¬
urtheil des Volkes, und in Venedig schreibt man noch jetzt dem Oleander .die
Macht zu, großes Unheil in einer Familie nach sich zu ziehen, wenn er ein¬
geht. In Sicilien dagegen pflegen die Landleute am Aetna das Holz des
Oleanders zu benutzen, um Stöcke für Greise daraus zu schnitzen.

Rose und Lilie dienten schon zur Zeit des Epos den Griechen zu mannig¬
fachen Vergleichen, obgleich die Blumen selbst erst in der Mitte des 7. Jahr¬
hunderts v. Chr. erwähnt werden. Hundert Jahr später ward die Rose von
der Dichterin Sappho gepriesen und verherrlicht, und von da an gehörten
Nosen und Lilien zum Fest- und Blumenschmuck der Griechen. Ihre Namen
lassen uns Medien als Heimath beider Blumen erkennen, und noch jetzt ge°
^ihm die Rosen nirgends in solcher Vollkommenheit, wie in Persien. Nach
Italien kamen sie mit den griechischen Colontsten, und von dort aus ver¬
breiteten sie sich unter den lateinischen Benennungen, die sich aus den griechi-


deutsche Pfirsich, das russische porsil: entstanden. Unter den populäre.,,,^.
Nennungen der Aprikose sind die eigenthümlichsten das neapolitanische Misvinvlci
oder erisuommolo, dem das griechische /^vo'vM^o^ goldner Apfel, (ursprüng¬
lich der Name einer Quitte.) zu Grunde liegt, und das tirolische marille, wo¬
runter man anderwärts eine Kirschenart versteht.

Von den Mandeln, Walnüssen und Kastanien tritt die Mandel am
frühesten auf, da ihr Name schon bei den attischen Komikern gewöhnlich ist.
Die Kastanie soll zwar nach der Behauptung der Naturforscher stets zu den
heimischen Gewächsen der Apenninischen Halbinsel gehört haben, kann aber
erst im Augusteischen Zeitalter nach Italien gekommen sein, da bis dahin
sogar eine bestimmte Benennung ihrer Frucht fehlt. Auch schreiben ihr die
Alten ausdrücklich kleinasiatischen Ursprung zu. Erwähnung unter ihrem
jetzigen Namen finden die Kastanien zuerst bei Mrgil. und seit jener Zeit
haben sie sich so verbreitet, daß es in Italien, Frankreich und Spanien
wirkliche Kastanienwälder gibt, und der Gebirgsbewohner im rauhen Apennin,
wo der Ackerbau unmöglich ist, in große Noth geräth, wenn die Kastanien-
ernte spärlich ausfällt.

Der populäre Name „Jupiter's Eichel" (^'5 /?«^e>?), den in Griechen¬
land meistens die Kastanie führte, ging in der lateinischen Uebersetzung juglan-z
auf die Walruß über, deren deutsche Benennung wiederum sie als Produkt
Italiens kennzeichnet.

Der Oleander oder Lorbeerrosenbaum, der schon zu Pltnius Zeiten in
Italien und Griechenland „den Schein eines freien Naturkindes" angenommen
hatte, ist wahrscheinlich aus Kleinasien nach Griechenland gekommen, und
galt bereits damals für giftig. Der bis zum heutigen Tage in Süditalien
übliche Name amas^s, 1'asino. Eselstödter, bekundet deutlich das alte Vor¬
urtheil des Volkes, und in Venedig schreibt man noch jetzt dem Oleander .die
Macht zu, großes Unheil in einer Familie nach sich zu ziehen, wenn er ein¬
geht. In Sicilien dagegen pflegen die Landleute am Aetna das Holz des
Oleanders zu benutzen, um Stöcke für Greise daraus zu schnitzen.

Rose und Lilie dienten schon zur Zeit des Epos den Griechen zu mannig¬
fachen Vergleichen, obgleich die Blumen selbst erst in der Mitte des 7. Jahr¬
hunderts v. Chr. erwähnt werden. Hundert Jahr später ward die Rose von
der Dichterin Sappho gepriesen und verherrlicht, und von da an gehörten
Nosen und Lilien zum Fest- und Blumenschmuck der Griechen. Ihre Namen
lassen uns Medien als Heimath beider Blumen erkennen, und noch jetzt ge°
^ihm die Rosen nirgends in solcher Vollkommenheit, wie in Persien. Nach
Italien kamen sie mit den griechischen Colontsten, und von dort aus ver¬
breiteten sie sich unter den lateinischen Benennungen, die sich aus den griechi-


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[0119] deutsche Pfirsich, das russische porsil: entstanden. Unter den populäre.,,,^. Nennungen der Aprikose sind die eigenthümlichsten das neapolitanische Misvinvlci oder erisuommolo, dem das griechische /^vo'vM^o^ goldner Apfel, (ursprüng¬ lich der Name einer Quitte.) zu Grunde liegt, und das tirolische marille, wo¬ runter man anderwärts eine Kirschenart versteht. Von den Mandeln, Walnüssen und Kastanien tritt die Mandel am frühesten auf, da ihr Name schon bei den attischen Komikern gewöhnlich ist. Die Kastanie soll zwar nach der Behauptung der Naturforscher stets zu den heimischen Gewächsen der Apenninischen Halbinsel gehört haben, kann aber erst im Augusteischen Zeitalter nach Italien gekommen sein, da bis dahin sogar eine bestimmte Benennung ihrer Frucht fehlt. Auch schreiben ihr die Alten ausdrücklich kleinasiatischen Ursprung zu. Erwähnung unter ihrem jetzigen Namen finden die Kastanien zuerst bei Mrgil. und seit jener Zeit haben sie sich so verbreitet, daß es in Italien, Frankreich und Spanien wirkliche Kastanienwälder gibt, und der Gebirgsbewohner im rauhen Apennin, wo der Ackerbau unmöglich ist, in große Noth geräth, wenn die Kastanien- ernte spärlich ausfällt. Der populäre Name „Jupiter's Eichel" (^'5 /?«^e>?), den in Griechen¬ land meistens die Kastanie führte, ging in der lateinischen Uebersetzung juglan-z auf die Walruß über, deren deutsche Benennung wiederum sie als Produkt Italiens kennzeichnet. Der Oleander oder Lorbeerrosenbaum, der schon zu Pltnius Zeiten in Italien und Griechenland „den Schein eines freien Naturkindes" angenommen hatte, ist wahrscheinlich aus Kleinasien nach Griechenland gekommen, und galt bereits damals für giftig. Der bis zum heutigen Tage in Süditalien übliche Name amas^s, 1'asino. Eselstödter, bekundet deutlich das alte Vor¬ urtheil des Volkes, und in Venedig schreibt man noch jetzt dem Oleander .die Macht zu, großes Unheil in einer Familie nach sich zu ziehen, wenn er ein¬ geht. In Sicilien dagegen pflegen die Landleute am Aetna das Holz des Oleanders zu benutzen, um Stöcke für Greise daraus zu schnitzen. Rose und Lilie dienten schon zur Zeit des Epos den Griechen zu mannig¬ fachen Vergleichen, obgleich die Blumen selbst erst in der Mitte des 7. Jahr¬ hunderts v. Chr. erwähnt werden. Hundert Jahr später ward die Rose von der Dichterin Sappho gepriesen und verherrlicht, und von da an gehörten Nosen und Lilien zum Fest- und Blumenschmuck der Griechen. Ihre Namen lassen uns Medien als Heimath beider Blumen erkennen, und noch jetzt ge° ^ihm die Rosen nirgends in solcher Vollkommenheit, wie in Persien. Nach Italien kamen sie mit den griechischen Colontsten, und von dort aus ver¬ breiteten sie sich unter den lateinischen Benennungen, die sich aus den griechi-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/119>, abgerufen am 22.07.2024.