Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.Gesetzentwurf der Jmmediatcommission in Memel vorfand. Schon als Noch ein Einwurf Nasemann's ist zu berücksichtigen. "So viel mir be¬ ") Mau vergleiche übrigens, was Reichard a. a. O, S. 7>'i5 ff. darüber bemerkt hat.
Gesetzentwurf der Jmmediatcommission in Memel vorfand. Schon als Noch ein Einwurf Nasemann's ist zu berücksichtigen. „So viel mir be¬ ") Mau vergleiche übrigens, was Reichard a. a. O, S. 7>'i5 ff. darüber bemerkt hat.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0496" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133784"/> <p xml:id="ID_1682" prev="#ID_1681"> Gesetzentwurf der Jmmediatcommission in Memel vorfand. Schon als<lb/> Oberpräsident in Westfalen hatte er die Aufhebung des dort „Eigenbehörig-<lb/> keit" genannten Verhältnisses empfohlen (Bericht vom 10. März 1801, bei<lb/> Pertz I. 202). Als er im Dezember 1804 Minister wurde, so berichtet Pertz<lb/> I. 28S von ihm, hatte er Maßregeln sich vorgesetzt, welche die Beschränkungen<lb/> des Eigenthumes und der menschlichen Kräfte durch Erbunterthänigkeit, Zwangs¬<lb/> dienste, Eigenthumslosigkeit der Landleute u. s. w. hinwegräumen sollten.<lb/> Im Sommer 180S bereiste er Pommern und Preußen, um diese Provinzen<lb/> kennen zu lernen, ehe er seine Gedanken ausführte. Und in der Zeit der<lb/> Muße, im Sommer 1807 ist jenes zusammenhängende System von Neform-<lb/> maßregeln auf Grund der als Minister von ihm gemachten Erfahrungen aus¬<lb/> gearbeitet worden, das wir in der herrlichen Nassauer Denkschrift vom Juni<lb/> 1807 besitzen (Pertz I. 415 — 438). Wer Schön's Worte nachbetend Stein<lb/> ein zusammenhängend durchdachtes Programm von Reformgesetzen, eine „wissen¬<lb/> schaftliche Construktion der Staatsangelegenheiten" abspricht, verräth damit<lb/> nichts anderes als die eigene Unbekanntschaft mit den großen Denkschriften,<lb/> in welchen Stein seine Gedanken mit überzeugenden Scharfsinn dargelegt und<lb/> erörtert hat. Diese Nassauische Denkschrift enthält nun auch eine prinzipielle<lb/> Auseinandersetzung über die Nothwendigkeit der Aufhebung der Erbunterthänig¬<lb/> keit, zwar zunächst mit Bezug auf die polnischen Provinzen, aber in ganz<lb/> allgemeiner Deduction. die jedenfalls zeigt, daß für die älteren preußischen<lb/> Provinzen ganz dieselben Gedanken ihm feststanden (S. 436 f.). Erst wenn<lb/> man sich diese vorhergehenden Thatsachen vergegenwärtigt, dann erst begreift<lb/> man daß Stein im Oktober 1807 die Vorarbeiten der Jmmediatcommission<lb/> für ein preußisches Gesetz dankbar acceptiren und ihre Borschläge auf die<lb/> ganze Monarchie ausdehnen konnte. Ob etwa die Nassauer Denkschrift, die<lb/> doch nicht nur für Stein selbst geschrieben war, inzwischen ihren Weg zur<lb/> Jmmediatcommission gefunden, weiß ich nicht. Sicher ist, daß die Ideen<lb/> Stein's sehr wohl mit den Grundsätzen jener harmonirten. Es begegneten<lb/> sich zur selben Zeit in demselben Gedanken von der einen Seite die Auers-<lb/> wald, Schön, Schroeter, Stägemann, Niebuhr und von der andern die<lb/> Stein und Vincke!</p><lb/> <p xml:id="ID_1683" next="#ID_1684"> Noch ein Einwurf Nasemann's ist zu berücksichtigen. „So viel mir be¬<lb/> kannt, hat sich Stein über die ganze Angelegenheit nie geäußert." Allerdings<lb/> hat er dies in nicht mißzuverstehender Weise gethan. Auch Stein hat seine<lb/> Autobiographie ausgezeichnet. Ein Vergleich derselben mit der Selbstbio¬<lb/> graphie Schön's fällt so ungünstig für die letztere aus, daß ich es gerne unter¬<lb/> lassen will, diesem Gedanken weiter zu folgen.*) In derselben zählt er die</p><lb/> <note xml:id="FID_102" place="foot"> ") Mau vergleiche übrigens, was Reichard a. a. O, S. 7>'i5 ff. darüber bemerkt hat.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0496]
Gesetzentwurf der Jmmediatcommission in Memel vorfand. Schon als
Oberpräsident in Westfalen hatte er die Aufhebung des dort „Eigenbehörig-
keit" genannten Verhältnisses empfohlen (Bericht vom 10. März 1801, bei
Pertz I. 202). Als er im Dezember 1804 Minister wurde, so berichtet Pertz
I. 28S von ihm, hatte er Maßregeln sich vorgesetzt, welche die Beschränkungen
des Eigenthumes und der menschlichen Kräfte durch Erbunterthänigkeit, Zwangs¬
dienste, Eigenthumslosigkeit der Landleute u. s. w. hinwegräumen sollten.
Im Sommer 180S bereiste er Pommern und Preußen, um diese Provinzen
kennen zu lernen, ehe er seine Gedanken ausführte. Und in der Zeit der
Muße, im Sommer 1807 ist jenes zusammenhängende System von Neform-
maßregeln auf Grund der als Minister von ihm gemachten Erfahrungen aus¬
gearbeitet worden, das wir in der herrlichen Nassauer Denkschrift vom Juni
1807 besitzen (Pertz I. 415 — 438). Wer Schön's Worte nachbetend Stein
ein zusammenhängend durchdachtes Programm von Reformgesetzen, eine „wissen¬
schaftliche Construktion der Staatsangelegenheiten" abspricht, verräth damit
nichts anderes als die eigene Unbekanntschaft mit den großen Denkschriften,
in welchen Stein seine Gedanken mit überzeugenden Scharfsinn dargelegt und
erörtert hat. Diese Nassauische Denkschrift enthält nun auch eine prinzipielle
Auseinandersetzung über die Nothwendigkeit der Aufhebung der Erbunterthänig¬
keit, zwar zunächst mit Bezug auf die polnischen Provinzen, aber in ganz
allgemeiner Deduction. die jedenfalls zeigt, daß für die älteren preußischen
Provinzen ganz dieselben Gedanken ihm feststanden (S. 436 f.). Erst wenn
man sich diese vorhergehenden Thatsachen vergegenwärtigt, dann erst begreift
man daß Stein im Oktober 1807 die Vorarbeiten der Jmmediatcommission
für ein preußisches Gesetz dankbar acceptiren und ihre Borschläge auf die
ganze Monarchie ausdehnen konnte. Ob etwa die Nassauer Denkschrift, die
doch nicht nur für Stein selbst geschrieben war, inzwischen ihren Weg zur
Jmmediatcommission gefunden, weiß ich nicht. Sicher ist, daß die Ideen
Stein's sehr wohl mit den Grundsätzen jener harmonirten. Es begegneten
sich zur selben Zeit in demselben Gedanken von der einen Seite die Auers-
wald, Schön, Schroeter, Stägemann, Niebuhr und von der andern die
Stein und Vincke!
Noch ein Einwurf Nasemann's ist zu berücksichtigen. „So viel mir be¬
kannt, hat sich Stein über die ganze Angelegenheit nie geäußert." Allerdings
hat er dies in nicht mißzuverstehender Weise gethan. Auch Stein hat seine
Autobiographie ausgezeichnet. Ein Vergleich derselben mit der Selbstbio¬
graphie Schön's fällt so ungünstig für die letztere aus, daß ich es gerne unter¬
lassen will, diesem Gedanken weiter zu folgen.*) In derselben zählt er die
") Mau vergleiche übrigens, was Reichard a. a. O, S. 7>'i5 ff. darüber bemerkt hat.
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