Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.großen Verlust gehabt; die geschlagene Brigade Bylandt fiel dauernd aus der Während dieser Kämpfe hatte Napoleon das Gelände in seiner rechten Die gegen den Anmarsch der Preußen gewendeten Truppen machten eine Dieser Entschluß war verhängnißvoll. Nur die Garden wären im Stande Zur Einleitung des großen Kavallerie-Angriffs verstärkte Napoleon die Es waren die englischen Garden und die Division Alten (die Hannove¬ großen Verlust gehabt; die geschlagene Brigade Bylandt fiel dauernd aus der Während dieser Kämpfe hatte Napoleon das Gelände in seiner rechten Die gegen den Anmarsch der Preußen gewendeten Truppen machten eine Dieser Entschluß war verhängnißvoll. Nur die Garden wären im Stande Zur Einleitung des großen Kavallerie-Angriffs verstärkte Napoleon die Es waren die englischen Garden und die Division Alten (die Hannove¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0464" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133752"/> <p xml:id="ID_1513" prev="#ID_1512"> großen Verlust gehabt; die geschlagene Brigade Bylandt fiel dauernd aus der<lb/> Front des linken Flügels aus und treffliche Generale wie Platon und Pon-<lb/> soby waren gefallen. — Es war 3 Uhr nachmittags.</p><lb/> <p xml:id="ID_1514"> Während dieser Kämpfe hatte Napoleon das Gelände in seiner rechten<lb/> Flanke durch zwei Kavallerie-Divisionen beobachten, und gegen 3 Uhr hatte<lb/> er auch das Corps Lobau (erste Reserve) dorthin abschwenken lassen, aber mit<lb/> einer Instruction, die selbst den kommandirenden General über die Größe der<lb/> nahenden Gefahr täuschte und täuschen sollte. Lobau sollte so spät als mög¬<lb/> lich in ein Gefecht gegen Bülow verwickelt werden, damit die Armee erst so<lb/> spät als möglich erführe, daß ein neuer Feind in ihrer rechten Flanke aufge¬<lb/> treten sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_1515"> Die gegen den Anmarsch der Preußen gewendeten Truppen machten eine<lb/> Masse von 10,000 Mann aus, die dem Kaiser aus seiner Reserve verloren<lb/> gingen, sodaß Blüchers Unterstützung schon wirksam wurde, bevor er nur<lb/> einen Kanonschuß abgefeuert hatte. Als Infanterie-Reserve blieb Napoleon<lb/> jetzt nur die Garde; es frug sich, ob er sie einsetzen würde, um die englische<lb/> Schlachtordnung zu sprengen. — Er that es nicht; er entschloß sich, seine<lb/> Kavallerie zu einem großartigen Massenangriff von 10,000 Pferden zu ver¬<lb/> wenden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1516"> Dieser Entschluß war verhängnißvoll. Nur die Garden wären im Stande<lb/> gewesen, den Sieg rasch herbeizuführen, wenn er überhaupt noch zu erringen<lb/> war. Und jener Entschluß muß um so mehr befremden, als Napoleon den<lb/> Neiterangriff nicht gegen den bereits bekämpften linken Flügel der Engländer,<lb/> sondern deren noch unerschüttertes Centrum richtete — eine kriegsgeschichtliche<lb/> Anomalie, welche hier um so erstaunlicher erscheint, als die strategischen<lb/> Motive, gerade den linken Flügel der Engländer zu schlagen, in Folge<lb/> von Bülows Anmarsch von Augenblick zu Augenblick dringender wurden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1517"> Zur Einleitung des großen Kavallerie-Angriffs verstärkte Napoleon die<lb/> Kanonade gegen das britische Centrum, setzte die letzte Division des Corps<lb/> Rente in den vergeblichen Kampf um Schloß Hougomont ein und ließ die<lb/> Division Quiot aufs Neue gegen La Haye-Sainte vorgehn. Zwischen diesen<lb/> beiden Orten führte dann Marschall Ney zunächst 42 Escadrons schwerer<lb/> Kavallerie gegen Wellingtons Höhenstellung vor.</p><lb/> <p xml:id="ID_1518"> Es waren die englischen Garden und die Division Alten (die Hannove¬<lb/> raner und die deutsche Legion), auf welche dieser Angriff traf. Der Herzog<lb/> hatte die Infanterie hohle Vierecke bilden lassen; die Artillerie blieb unverän¬<lb/> dert in der Front stehen, um bis zum letzten Augenblicke mit Kartätschen zu<lb/> feuern; nur die Protzen mit den Pferden wurden zurückgeschickt und die Be¬<lb/> dienungsmannschaften angewiesen, beim unmittelbaren Anprall des Feindes<lb/> in den Quarrees Schutz zu suchen. Die Kavallerie hielt der Herzog zurück.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0464]
großen Verlust gehabt; die geschlagene Brigade Bylandt fiel dauernd aus der
Front des linken Flügels aus und treffliche Generale wie Platon und Pon-
soby waren gefallen. — Es war 3 Uhr nachmittags.
Während dieser Kämpfe hatte Napoleon das Gelände in seiner rechten
Flanke durch zwei Kavallerie-Divisionen beobachten, und gegen 3 Uhr hatte
er auch das Corps Lobau (erste Reserve) dorthin abschwenken lassen, aber mit
einer Instruction, die selbst den kommandirenden General über die Größe der
nahenden Gefahr täuschte und täuschen sollte. Lobau sollte so spät als mög¬
lich in ein Gefecht gegen Bülow verwickelt werden, damit die Armee erst so
spät als möglich erführe, daß ein neuer Feind in ihrer rechten Flanke aufge¬
treten sei.
Die gegen den Anmarsch der Preußen gewendeten Truppen machten eine
Masse von 10,000 Mann aus, die dem Kaiser aus seiner Reserve verloren
gingen, sodaß Blüchers Unterstützung schon wirksam wurde, bevor er nur
einen Kanonschuß abgefeuert hatte. Als Infanterie-Reserve blieb Napoleon
jetzt nur die Garde; es frug sich, ob er sie einsetzen würde, um die englische
Schlachtordnung zu sprengen. — Er that es nicht; er entschloß sich, seine
Kavallerie zu einem großartigen Massenangriff von 10,000 Pferden zu ver¬
wenden.
Dieser Entschluß war verhängnißvoll. Nur die Garden wären im Stande
gewesen, den Sieg rasch herbeizuführen, wenn er überhaupt noch zu erringen
war. Und jener Entschluß muß um so mehr befremden, als Napoleon den
Neiterangriff nicht gegen den bereits bekämpften linken Flügel der Engländer,
sondern deren noch unerschüttertes Centrum richtete — eine kriegsgeschichtliche
Anomalie, welche hier um so erstaunlicher erscheint, als die strategischen
Motive, gerade den linken Flügel der Engländer zu schlagen, in Folge
von Bülows Anmarsch von Augenblick zu Augenblick dringender wurden.
Zur Einleitung des großen Kavallerie-Angriffs verstärkte Napoleon die
Kanonade gegen das britische Centrum, setzte die letzte Division des Corps
Rente in den vergeblichen Kampf um Schloß Hougomont ein und ließ die
Division Quiot aufs Neue gegen La Haye-Sainte vorgehn. Zwischen diesen
beiden Orten führte dann Marschall Ney zunächst 42 Escadrons schwerer
Kavallerie gegen Wellingtons Höhenstellung vor.
Es waren die englischen Garden und die Division Alten (die Hannove¬
raner und die deutsche Legion), auf welche dieser Angriff traf. Der Herzog
hatte die Infanterie hohle Vierecke bilden lassen; die Artillerie blieb unverän¬
dert in der Front stehen, um bis zum letzten Augenblicke mit Kartätschen zu
feuern; nur die Protzen mit den Pferden wurden zurückgeschickt und die Be¬
dienungsmannschaften angewiesen, beim unmittelbaren Anprall des Feindes
in den Quarrees Schutz zu suchen. Die Kavallerie hielt der Herzog zurück.
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