Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.werden. -- (Als wenn Napoleon sich jemals in solcher Weise das Gesetz vom Das war denn nun der ganze Schwarzenberg in seiner Besorglichkeit und "Diese absolute Sicherheit ohne den geringsten Schein eines Wagnisses werden. — (Als wenn Napoleon sich jemals in solcher Weise das Gesetz vom Das war denn nun der ganze Schwarzenberg in seiner Besorglichkeit und „Diese absolute Sicherheit ohne den geringsten Schein eines Wagnisses <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0450" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133738"/> <p xml:id="ID_1451" prev="#ID_1450"> werden. — (Als wenn Napoleon sich jemals in solcher Weise das Gesetz vom<lb/> Gegner hätte geben lassen!) — Die natürlichste Operationsbasis für Oesterreich<lb/> werde bestimmt durch die leichte Verbindung des deutschen mit dem italieni¬<lb/> schen Heerestheile; die österreichische Armee, welcher sämmtliche deutsche Con-<lb/> tingente zuzuweisen seien (!), müsse daher den rechten Flügel an Mainz lehnen,<lb/> den linken an die Pässe von Piemont, während die Schweiz ihr Centrum<lb/> bilde. Von Mainz bis zur englischen Armee sollten die Preußen stehn; Lord<lb/> Wellington sei auf Holland und Belgien basirt; die Russen aber, ohne na¬<lb/> türliche Basis, füllten am besten den großen Zwischenraum zwischen der<lb/> preußischen und der österreichischen Armee aus, den letztere beide beim Heran¬<lb/> nahen der Russen durch Rechts- und Linksschieben in der strategischen Front<lb/> herstellen sollten; aber nicht als Reserve, sondern in erster Linie seien auch die<lb/> Russen zu verwenden. — Die Offensive der Oesterreicher beginne von ihrem<lb/> linken Flügel her, also von Piemont, die der Engländer und Preußen von<lb/> deren rechtem Flügel, der Schelde; übrigens müsse jedoch der Angriff ausgesetzt<lb/> bleiben, bis die Russen erscheinen würden, könne also keinesfalls vor dem<lb/> 16. Juni beginnen. Sollte vor diesem Termin eine der Armeen angegriffen<lb/> werden, so ziehe sie sich so lange zurück — bis alle andern „energische<lb/> Demonstrationen" gemacht haben. (!!)--</p><lb/> <p xml:id="ID_1452"> Das war denn nun der ganze Schwarzenberg in seiner Besorglichkeit und<lb/> Hinterhältigkeit, in seiner Abhängigkeit von Metternich, in seinem eigen¬<lb/> nützigen Oesterreicherthum. Die österreichisch-italienische Armee sollte erst heran<lb/> sein, Oesterreich also am stärksten auftreten; ihm sollten alle andern Con-<lb/> tingente Deutschlands zugewiesen werden; seine Truppen sollten vonPie'mont<lb/> her, also auf dem entferntesten Kriegsschauplatze auftreten, wo mit Bestimmt¬<lb/> heit vorauszusetzen war, daß man dem Kaiser Napoleon nicht begegnen<lb/> werde und wo, falls man sich in diesem Punkte dennoch irren sollte, der<lb/> freie Rückzug in die sichere Schweiz in jedem Augenblicke offen stand.</p><lb/> <p xml:id="ID_1453"> „Diese absolute Sicherheit ohne den geringsten Schein eines Wagnisses<lb/> setzte allerdings die preußisch-englische Armee der Gefahr aus, von Napoleon<lb/> erdrückt zu werden, während die Maße der verbündeten Armeen noch auf<lb/> dem rechten Rhein-Ufer stand. Ihre Hilfe, ihr Degagiren, ihr Auf-<lb/> sichaufmerksammachen, ihre Demonstrationen wären bei 90 Meilen Entfer¬<lb/> nung viel zu spät gekommen. Wenn aber Blücher und Wellington ge¬<lb/> schlagen waren, dann darf es mit Recht bezweifelt werden, ob Oesterreich<lb/> gegen den Sieger Napoleon im Herzen Frankreichs noch einen Entschei¬<lb/> dungskampf gesucht haben würde, zu dessen Herbeiführung es jetzt die vollen<lb/> 800,000 Mann für unentbehrlich hielt." — Freilich: auf alle Fälle hatte<lb/> Oesterreich dann die ungeschwächten Hände frei, stand gebietend da und konnte<lb/> thun und lassen, was es wollte. —</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0450]
werden. — (Als wenn Napoleon sich jemals in solcher Weise das Gesetz vom
Gegner hätte geben lassen!) — Die natürlichste Operationsbasis für Oesterreich
werde bestimmt durch die leichte Verbindung des deutschen mit dem italieni¬
schen Heerestheile; die österreichische Armee, welcher sämmtliche deutsche Con-
tingente zuzuweisen seien (!), müsse daher den rechten Flügel an Mainz lehnen,
den linken an die Pässe von Piemont, während die Schweiz ihr Centrum
bilde. Von Mainz bis zur englischen Armee sollten die Preußen stehn; Lord
Wellington sei auf Holland und Belgien basirt; die Russen aber, ohne na¬
türliche Basis, füllten am besten den großen Zwischenraum zwischen der
preußischen und der österreichischen Armee aus, den letztere beide beim Heran¬
nahen der Russen durch Rechts- und Linksschieben in der strategischen Front
herstellen sollten; aber nicht als Reserve, sondern in erster Linie seien auch die
Russen zu verwenden. — Die Offensive der Oesterreicher beginne von ihrem
linken Flügel her, also von Piemont, die der Engländer und Preußen von
deren rechtem Flügel, der Schelde; übrigens müsse jedoch der Angriff ausgesetzt
bleiben, bis die Russen erscheinen würden, könne also keinesfalls vor dem
16. Juni beginnen. Sollte vor diesem Termin eine der Armeen angegriffen
werden, so ziehe sie sich so lange zurück — bis alle andern „energische
Demonstrationen" gemacht haben. (!!)--
Das war denn nun der ganze Schwarzenberg in seiner Besorglichkeit und
Hinterhältigkeit, in seiner Abhängigkeit von Metternich, in seinem eigen¬
nützigen Oesterreicherthum. Die österreichisch-italienische Armee sollte erst heran
sein, Oesterreich also am stärksten auftreten; ihm sollten alle andern Con-
tingente Deutschlands zugewiesen werden; seine Truppen sollten vonPie'mont
her, also auf dem entferntesten Kriegsschauplatze auftreten, wo mit Bestimmt¬
heit vorauszusetzen war, daß man dem Kaiser Napoleon nicht begegnen
werde und wo, falls man sich in diesem Punkte dennoch irren sollte, der
freie Rückzug in die sichere Schweiz in jedem Augenblicke offen stand.
„Diese absolute Sicherheit ohne den geringsten Schein eines Wagnisses
setzte allerdings die preußisch-englische Armee der Gefahr aus, von Napoleon
erdrückt zu werden, während die Maße der verbündeten Armeen noch auf
dem rechten Rhein-Ufer stand. Ihre Hilfe, ihr Degagiren, ihr Auf-
sichaufmerksammachen, ihre Demonstrationen wären bei 90 Meilen Entfer¬
nung viel zu spät gekommen. Wenn aber Blücher und Wellington ge¬
schlagen waren, dann darf es mit Recht bezweifelt werden, ob Oesterreich
gegen den Sieger Napoleon im Herzen Frankreichs noch einen Entschei¬
dungskampf gesucht haben würde, zu dessen Herbeiführung es jetzt die vollen
800,000 Mann für unentbehrlich hielt." — Freilich: auf alle Fälle hatte
Oesterreich dann die ungeschwächten Hände frei, stand gebietend da und konnte
thun und lassen, was es wollte. —
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