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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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gekennzeichnet worden"). Auf seine sorgfältigen Untersuchungen und seine
ausgezeichnete Darstellung auch der Schlacht von Waterloo selbst, werden sich
die folgenden Schilderungen stützen.

Um die Mitte des März 1815 standen am Niederrhein noch drei prcu-
bische Armee-Corps unter Oberbefehl des Grafen Kleist von Nollendorf.
Diese Corps waren aber in Folge von Abkommandirungen so schwach, daß
sie zusammen nur 18 Infanterie- und 13 Kavallerie-Regimenter, wenig über
30,000 Mann zählten. -- Außerdem standen unter Thielmann 14,000 Sachsen
am Rhein.

In Belgien befand sich die englisch-hannöversche Armee: nicht mehr als
22 incomplete Bataillone, und daher, einschließlich der deutschen Legion, kaum
15,000 Mann stark. -- Südwestl. von Brüssel versammelte sich die schwache
belgische, bei Mastricht die holländische Armee.

Zwischen Mosel und Saar und in der Pfalz standen bayrische Truppen
unter Wrede.

Am 17. März wurde Fürst Blücher mit dem Oberbefehl der preußischen
Armee am Niederrhein betraut, und vorläufig ging der Chef seines General¬
stabes Graf Neidhardt von Gneisenau mit unbeschränkter Vollmacht dahin
ab. -- Am 23. März befahl der König von Preußen die Mobilmachung der
ganzen Armee und die Zusammenstellung des Feldheeres, welche mit großen
Schwierigkeiten verbunden war. Denn angesichts des Feindes, dessen un
mittelbaren Angriff man eben damals erwartete, sollten die Armeecorps zum
Theil aufgelöst und durch Austausch der Regimenter neu formirt werden, und
zwar so, daß ältere und jüngere Regimenter, Landwehr und Linie, gemischt
würden. Die Landwehr der alten Provinzen sollte unter neuen Führern an
den Rhein eilen; aber da sie aus den Fußmarsch angewiesen war, mußte bis
zu ihrem Eintreffen noch geraume Zeit verfließen. Bei der Reiterei wurden
14 neue Regimenter geschaffen, zum Theil durch Abgabe je einer Escadron
mit ihren besten Offizieren, sodaß die Regimenter sämmtlich vorläufig nur
drei Schwadronen zählten.

Ueber das sächsische Corps wurde in der Weise verfügt, daß vom Feld¬
webel abwärts alle Mannschaften, welche in den preußisch gewordenen Lein-



') Carl Fried. Will), von Revher, General der Kavallerie und Chef des Generalstabs
der Armee. Ein Beitrag zur Geschichte der Armee mit Bezug auf die Befreiungskriege. --
Von v. Ottens, General der Infanterie und Director der Kriegs-Akademie. -- Beihefte zum
Militär-Wochenblatt. 1809, 1870, 187!!, 1874, 187b. -- Für den vorliegenden Aufsah sind
die drei letzten Hefte benutzt, welche den Feldzug von ISIS bis einschließlich Waterloo un-
d"sse". Sie enthalten eine außerordentliche Fülle ganz neuer und höchst
wichtiger Mittheilungen, denen jeder Geschichtsfreund seine Aufmerksamkeit umsomehr
^'wenden sollte als über die Kriege gegen Napoleon ja noch fast gar nichts Offizielles er¬
schienen ist und die militärischen Archive noch überaus wenig ausgebeutet sind.

gekennzeichnet worden"). Auf seine sorgfältigen Untersuchungen und seine
ausgezeichnete Darstellung auch der Schlacht von Waterloo selbst, werden sich
die folgenden Schilderungen stützen.

Um die Mitte des März 1815 standen am Niederrhein noch drei prcu-
bische Armee-Corps unter Oberbefehl des Grafen Kleist von Nollendorf.
Diese Corps waren aber in Folge von Abkommandirungen so schwach, daß
sie zusammen nur 18 Infanterie- und 13 Kavallerie-Regimenter, wenig über
30,000 Mann zählten. — Außerdem standen unter Thielmann 14,000 Sachsen
am Rhein.

In Belgien befand sich die englisch-hannöversche Armee: nicht mehr als
22 incomplete Bataillone, und daher, einschließlich der deutschen Legion, kaum
15,000 Mann stark. — Südwestl. von Brüssel versammelte sich die schwache
belgische, bei Mastricht die holländische Armee.

Zwischen Mosel und Saar und in der Pfalz standen bayrische Truppen
unter Wrede.

Am 17. März wurde Fürst Blücher mit dem Oberbefehl der preußischen
Armee am Niederrhein betraut, und vorläufig ging der Chef seines General¬
stabes Graf Neidhardt von Gneisenau mit unbeschränkter Vollmacht dahin
ab. — Am 23. März befahl der König von Preußen die Mobilmachung der
ganzen Armee und die Zusammenstellung des Feldheeres, welche mit großen
Schwierigkeiten verbunden war. Denn angesichts des Feindes, dessen un
mittelbaren Angriff man eben damals erwartete, sollten die Armeecorps zum
Theil aufgelöst und durch Austausch der Regimenter neu formirt werden, und
zwar so, daß ältere und jüngere Regimenter, Landwehr und Linie, gemischt
würden. Die Landwehr der alten Provinzen sollte unter neuen Führern an
den Rhein eilen; aber da sie aus den Fußmarsch angewiesen war, mußte bis
zu ihrem Eintreffen noch geraume Zeit verfließen. Bei der Reiterei wurden
14 neue Regimenter geschaffen, zum Theil durch Abgabe je einer Escadron
mit ihren besten Offizieren, sodaß die Regimenter sämmtlich vorläufig nur
drei Schwadronen zählten.

Ueber das sächsische Corps wurde in der Weise verfügt, daß vom Feld¬
webel abwärts alle Mannschaften, welche in den preußisch gewordenen Lein-



') Carl Fried. Will), von Revher, General der Kavallerie und Chef des Generalstabs
der Armee. Ein Beitrag zur Geschichte der Armee mit Bezug auf die Befreiungskriege. —
Von v. Ottens, General der Infanterie und Director der Kriegs-Akademie. — Beihefte zum
Militär-Wochenblatt. 1809, 1870, 187!!, 1874, 187b. — Für den vorliegenden Aufsah sind
die drei letzten Hefte benutzt, welche den Feldzug von ISIS bis einschließlich Waterloo un-
d"sse». Sie enthalten eine außerordentliche Fülle ganz neuer und höchst
wichtiger Mittheilungen, denen jeder Geschichtsfreund seine Aufmerksamkeit umsomehr
^'wenden sollte als über die Kriege gegen Napoleon ja noch fast gar nichts Offizielles er¬
schienen ist und die militärischen Archive noch überaus wenig ausgebeutet sind.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/447>, abgerufen am 06.02.2025.