Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.des Quartals ein Rest von Silberlingen im gemeinschaftlichen Säckel, so wurde Daß die Mosellaner als Raufbolde ebenso glänzten wie als Trunkenbolde, Die Elsasser und Badenser waren die am wenigsten Unanständigen unter Dies geschah im Jahre 1771. Genauer besehen hieß die neue Gesell¬ Weitere Anfechtungen von Seiten der Mosellaner aber bewogen den Orden, Trenzbotm II. l875. ^
des Quartals ein Rest von Silberlingen im gemeinschaftlichen Säckel, so wurde Daß die Mosellaner als Raufbolde ebenso glänzten wie als Trunkenbolde, Die Elsasser und Badenser waren die am wenigsten Unanständigen unter Dies geschah im Jahre 1771. Genauer besehen hieß die neue Gesell¬ Weitere Anfechtungen von Seiten der Mosellaner aber bewogen den Orden, Trenzbotm II. l875. ^
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des Quartals ein Rest von Silberlingen im gemeinschaftlichen Säckel, so wurde
er mit einem Bacchanal verthan.
Daß die Mosellaner als Raufbolde ebenso glänzten wie als Trunkenbolde,
versteht sich nach damaliger Studentensitte von selbst. Ja sie duellirten sich
gelegentlich gegen das Gesetz der Landsmannschaft unter einander, und fast
jeden Monat wurden einige deshalb ausgestoßen. 1767 traf dieses Schicksal
auf einmal sieben, die sich dann im Geschmacke der Zeit durch ein Pasquill
zu rächen suchten, für dessen Kaliber sein Titel „die Dreckbude" für uns
genug sagt.
Die Elsasser und Badenser waren die am wenigsten Unanständigen unter
den Mosellanern, und die Rohheit der übrigen bewog sie endlich 1769, sich
von dem großen Haufen zu trennen und ein Kränzchen für sich zu bilden,
welches sich im halben Monde Quartier suchte. Natürlich wurden sie von
den Zurückbleibenden nach Kräften befehdet, und um sich solcher Anfeindung
gegenüber mehr Halt zu geben, schlossen sie sich nach dem Borschlage eines
gewissen D., der „etwas vom Freimaurerorden gehört haben mochte", zu einer
Verbindung zusammen, welche sich die Ami eisten nannten.
Dies geschah im Jahre 1771. Genauer besehen hieß die neue Gesell¬
schaft Ol-cer« an- 1' ^mitiü", und ihre Devise waren die Buchstaben V. ^.
d- h. Vivat ^mieitia. Außer diesem Symbol, mit dem man sich in die damals
üblichen Stammbücher einschrieb, hatte man, gleich den Freimaurern gewisse
Erkennungszeichen, einen bestimmten Händedruck und einen Griff nach dem
Gesichte, mit denen man sich als Ordensmitglied legitimirte. Ferner trugen
die Amicisten bei feierlichen Zusammenkünften ein Kreuz an gelbem Bande
auf der Brust. Wie die Mosellaner waren die Mitglieder des Ordens in der
ersten Zeit ihres Bestehens, wo D. ihr Senior oder Meister war, dem An¬
schein nach ordentliche und wohlgesittete Leute. Man besuchte, wenn wir
Laukhard glauben dürfen, fleißig die Vorlesungen, hielt sich mäßig im Trinken
und vermied die Mensur. Aller läppische Comment wurde abgestellt, und ein
ganzes Jahr schlug sich kein Einziger von ihnen.
Weitere Anfechtungen von Seiten der Mosellaner aber bewogen den Orden,
als jener D. die Universität verlassen hatte, sich einen gewissen B., der als
Raufbold berüchtigt war, zum Führer zu wählen, und unter dessen Aegide
sofort die Rohheit und das wüste Treiben der Landsmannschaft, von der
^an sich losgesagt, auch hier ein, ja der Orden trat mit jener dergestalt
wieder in Verbindung, daß er gewißermaßen zu einem innern Club oder
Zum obersten Grade derselben wurde, so daß man später auch von einem
Mosellaner-Orden sprechen konnte. B. war ein hochstrebender und herrsK-
süchtiger Geist. der sein Reich zu erweitern strebte. Er weihte zu dem Stecke
^e drei Beamten der Mosellaner in die Mysterien des Ordens ein, wobei sie
Trenzbotm II. l875. ^
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