Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.dem erwähnten officiösen Entrefilet erklärte, die Voraussetzung, von welcher Diese Enthüllung spricht für sich selbst, sie enthält die schneidendste Das Land, noch in frischer Eregung über die eben durchgemachten, mit ") Nach dem neuesten Telegramm.
dem erwähnten officiösen Entrefilet erklärte, die Voraussetzung, von welcher Diese Enthüllung spricht für sich selbst, sie enthält die schneidendste Das Land, noch in frischer Eregung über die eben durchgemachten, mit ") Nach dem neuesten Telegramm.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0040" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133328"/> <p xml:id="ID_113" prev="#ID_112"> dem erwähnten officiösen Entrefilet erklärte, die Voraussetzung, von welcher<lb/> der Oberbürgermeister von Stuttgart (s. unseren letzten Bericht in Ur. 13)<lb/> in der Sitzung des dortigen Gemeinderaths ausgegangen sei, daß die —<lb/> schon seit Jahren in Württemberg eingeführte — Congregation der Franzis¬<lb/> kanerinnen überhaupt die staatliche Genehmigung in Württemberg erhalten<lb/> habe— „sei eine irrige; vielmehr habe diese, wie einige andere seit Jahren<lb/> im Lande bestehenden weiblichen Congregationen für Krankenpflege, Unterricht<lb/> und Erziehung, bei welchen, die dem Art. Is des Kirchengesetzes von 1862<lb/> entsprechende Regelung ihrer kirchenstaatsrechtlichen Verhältnisse aus hier<lb/> nicht näher zu erörternden Gründen noch nicht stattgefunden habe,<lb/> ebendeßhalb dermalen blos einen factischen Bestand im Lande."</p><lb/> <p xml:id="ID_114"> Diese Enthüllung spricht für sich selbst, sie enthält die schneidendste<lb/> Charakteristik der bisherigen Politik des Friedens, und beweist, wie diese<lb/> von dem früheren Ministerium Golther inaugurirte Politik das geltende<lb/> Staatskirchenrecht zu handhaben wußte. Um so bezeichnender, weil einen<lb/> Umschwung in der Rcgierungspolitik andeutend, ist daher die Thatsache, daß<lb/> das Ministerium selbst diese Umstände ans Tageslicht gezogen hat.*) Daher<lb/> auch die sichtliche Bestürzung in der ganzen klerikalen Presse, welche die<lb/> Tragweite dieses ersten Bruchs mit der Vergangenheit sofort erkannt hat.<lb/> Schreitet das Ministerium auf der so eben betretenen Bahn, welche wir in<lb/> unserer letzten Korrespondenz durch eine Beleuchtung der Situation der leiten¬<lb/> den Persönlichkeiten — genügend angedeutet haben, auch fernerhin weiter,<lb/> so zweifeln wir nicht, daß dieß in kurzer Zeit zu der so längst ersehnten<lb/> Klärung unserer Parteiverhältnisse führen wird. Seit vier Jahren und wieder<lb/> in diesem Augenblick laborirt die nationale Partei an der Wiederbelebung<lb/> ihrer Organisation. Wir haben die Gründe dieses Zerfalls schon früher<lb/> erörtert, sie sind, abgesehen von der beruhigenden Wirkung des endlichen<lb/> Besitzes lang erstrebter Errungenschaften, theilweise in dem gefährlichen Ein¬<lb/> wirken der Nesidenzeinflüsse auf jede selbständige Parteibildung unter den<lb/> jetzigen Verhältnissen, vor Allem aber in dem großen taktischen Fehler zu<lb/> suchen, welchen die nationale Partei im Dezember 1870 durch ihre Wort¬<lb/> führer im Landtage beging, indem sie sich so zu sagen auf einen persönlichen<lb/> Friedensschluß mit den Männern der zollparlamentlichen Aera einließ.</p><lb/> <p xml:id="ID_115" next="#ID_116"> Das Land, noch in frischer Eregung über die eben durchgemachten, mit<lb/> persönlichen Verfolgungen aller Art verknüpften Kämpfe, konnte sich die plötz¬<lb/> liche Aussöhnung nicht erklären. Nicht im Stande, die in Stuttgart im per¬<lb/> sönlichen Verkehr einzelner Führer sich geltend machenden Einflüsse richtig<lb/> zu würdigen, suchte es häufig schlimme Motive, wo in der That nur der</p><lb/> <note xml:id="FID_3" place="foot"> ") Nach dem neuesten Telegramm.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0040]
dem erwähnten officiösen Entrefilet erklärte, die Voraussetzung, von welcher
der Oberbürgermeister von Stuttgart (s. unseren letzten Bericht in Ur. 13)
in der Sitzung des dortigen Gemeinderaths ausgegangen sei, daß die —
schon seit Jahren in Württemberg eingeführte — Congregation der Franzis¬
kanerinnen überhaupt die staatliche Genehmigung in Württemberg erhalten
habe— „sei eine irrige; vielmehr habe diese, wie einige andere seit Jahren
im Lande bestehenden weiblichen Congregationen für Krankenpflege, Unterricht
und Erziehung, bei welchen, die dem Art. Is des Kirchengesetzes von 1862
entsprechende Regelung ihrer kirchenstaatsrechtlichen Verhältnisse aus hier
nicht näher zu erörternden Gründen noch nicht stattgefunden habe,
ebendeßhalb dermalen blos einen factischen Bestand im Lande."
Diese Enthüllung spricht für sich selbst, sie enthält die schneidendste
Charakteristik der bisherigen Politik des Friedens, und beweist, wie diese
von dem früheren Ministerium Golther inaugurirte Politik das geltende
Staatskirchenrecht zu handhaben wußte. Um so bezeichnender, weil einen
Umschwung in der Rcgierungspolitik andeutend, ist daher die Thatsache, daß
das Ministerium selbst diese Umstände ans Tageslicht gezogen hat.*) Daher
auch die sichtliche Bestürzung in der ganzen klerikalen Presse, welche die
Tragweite dieses ersten Bruchs mit der Vergangenheit sofort erkannt hat.
Schreitet das Ministerium auf der so eben betretenen Bahn, welche wir in
unserer letzten Korrespondenz durch eine Beleuchtung der Situation der leiten¬
den Persönlichkeiten — genügend angedeutet haben, auch fernerhin weiter,
so zweifeln wir nicht, daß dieß in kurzer Zeit zu der so längst ersehnten
Klärung unserer Parteiverhältnisse führen wird. Seit vier Jahren und wieder
in diesem Augenblick laborirt die nationale Partei an der Wiederbelebung
ihrer Organisation. Wir haben die Gründe dieses Zerfalls schon früher
erörtert, sie sind, abgesehen von der beruhigenden Wirkung des endlichen
Besitzes lang erstrebter Errungenschaften, theilweise in dem gefährlichen Ein¬
wirken der Nesidenzeinflüsse auf jede selbständige Parteibildung unter den
jetzigen Verhältnissen, vor Allem aber in dem großen taktischen Fehler zu
suchen, welchen die nationale Partei im Dezember 1870 durch ihre Wort¬
führer im Landtage beging, indem sie sich so zu sagen auf einen persönlichen
Friedensschluß mit den Männern der zollparlamentlichen Aera einließ.
Das Land, noch in frischer Eregung über die eben durchgemachten, mit
persönlichen Verfolgungen aller Art verknüpften Kämpfe, konnte sich die plötz¬
liche Aussöhnung nicht erklären. Nicht im Stande, die in Stuttgart im per¬
sönlichen Verkehr einzelner Führer sich geltend machenden Einflüsse richtig
zu würdigen, suchte es häufig schlimme Motive, wo in der That nur der
") Nach dem neuesten Telegramm.
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