Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.terisirt. Es soll aus den Wahlen der Kreistage eine Provinzialvertretung terisirt. Es soll aus den Wahlen der Kreistage eine Provinzialvertretung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0396" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133684"/> <p xml:id="ID_1263" prev="#ID_1262" next="#ID_1264"> terisirt. Es soll aus den Wahlen der Kreistage eine Provinzialvertretung<lb/> construirt werden und aus dieser ein Provinzialausschuß zur Verwaltung des<lb/> Provinzialeigenthums und der in diesem Eigenthum begriffenen Anstalten-<lb/> Der Provinzialausschuß soll die Patronage über einem ihm untergebenen<lb/> Beamtenapparat haben, an dessen Spitze ein Landesdirektor steht. Außerdem<lb/> soll der Provinzialausschuß aber auch Funktionen der Staatsverwaltung in<lb/> der Provinz übernehmen und zu diesem Zweck sich in Bezirksausschüsse theilen,<lb/> welche neben die Bezirksregierungen treten. Als Ganzes aber soll der Pro¬<lb/> vinzialausschuß als Instanz über seinen Sektionen, den Bezirksausschüssen<lb/> stehen. Den Vorsitzenden des Provinzialausschusses soll die Provinzialver-<lb/> sammlung wählen, denjenigen des Bezirksausschusses der Provinzialausschuß-<lb/> Bei staatlichen Angelegenheiten soll jedoch im Provinzialausschuß der Ober¬<lb/> präsident, im Bezirksausschuß der Regierungspräsident den Vorsitz führen.<lb/> Wenn der Charakter einer Angelegenheit, ob staatlich oder, eommunal, Zweifel'<lb/> haft ist, sollen Oberpräsident und Communalprästdent sich beim Oberverwal¬<lb/> tungsgericht um den Vorsitz streiten u. s. w. Alles, was wir je auf Kinder¬<lb/> bilderbogen über die Rathsherren von Schöppenstedt und' Krähwinkel gelesen,<lb/> wird hier glänzend übertroffen. Nur das geht über den Spaß, daß solche<lb/> Einfälle am Leibe des preußischen Staats probirt werden sollen. Da h^<lb/> sich nun das Herrenhaus und seine Commission ein entschiedenes Verdienst<lb/> erworben, indem es dem Provinzialausschuß und dem Bezirksausschuß die<lb/> staatlichen Angelegenheiten ganz entzogen und statt der ersteren für die<lb/> letzteren sogenannte Provinzialräthe und Bezirksräthe eingeführt und dieselbe»<lb/> rationell construirt hat. Aeußerlich ist die Maschinerie allerdings nun noch<lb/> complicirter geworden. Aber was schadet es, bei sieben oder acht überflüssigen<lb/> Rädern die neun voll zu machen, zumal wenn das neunte Rad gerade ein<lb/> zweckmäßiges ist? Wir sollen nun haben: Kreisversammlung, Kreisausschuß'<lb/> Kreislandrath; Bezirksausschuß, Bezirksrath. Bezirksregierung; Provinzialver-<lb/> sammlung, Provinzialausschuß, Provinzialrath, Oberpräsidium. Wir hatten<lb/> zu wenig gezählt, da sind schon zehn Behörden! Bereits aber stellte der<lb/> Regierungscommissär als Nachtrag zur Kreisordnung die Bildung besonderer<lb/> Kreisverwaltungsgerichte in Aussicht, dazu die Bezirksverwaltungsgerichte'<lb/> deren Bildung durch einen in dieser Session eingebrachten Gesetzentwurf in<lb/> Vorschlag gebracht ist. So haben wir in der Provinz, wohlgemerkt von-<lb/> Kreis an, nicht etwa von der Ortsgemeinde an, also vom Kreis bis zu-"<lb/> Oberpräsidenten zwölf Behörden, zwölf Behörden der Mittelinstanz, die sieh<lb/> mit den (Zentralbehörden und mit den unteren Lokalbehörden auf alle 2Le>^<lb/> stoßen und kreuzen. Wenn dabei der Staat sich bewegt, so gleicht er den<lb/> tausendfüßigen Würmern. Ueber die Wurmexistenz wird er es aber nich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0396]
terisirt. Es soll aus den Wahlen der Kreistage eine Provinzialvertretung
construirt werden und aus dieser ein Provinzialausschuß zur Verwaltung des
Provinzialeigenthums und der in diesem Eigenthum begriffenen Anstalten-
Der Provinzialausschuß soll die Patronage über einem ihm untergebenen
Beamtenapparat haben, an dessen Spitze ein Landesdirektor steht. Außerdem
soll der Provinzialausschuß aber auch Funktionen der Staatsverwaltung in
der Provinz übernehmen und zu diesem Zweck sich in Bezirksausschüsse theilen,
welche neben die Bezirksregierungen treten. Als Ganzes aber soll der Pro¬
vinzialausschuß als Instanz über seinen Sektionen, den Bezirksausschüssen
stehen. Den Vorsitzenden des Provinzialausschusses soll die Provinzialver-
sammlung wählen, denjenigen des Bezirksausschusses der Provinzialausschuß-
Bei staatlichen Angelegenheiten soll jedoch im Provinzialausschuß der Ober¬
präsident, im Bezirksausschuß der Regierungspräsident den Vorsitz führen.
Wenn der Charakter einer Angelegenheit, ob staatlich oder, eommunal, Zweifel'
haft ist, sollen Oberpräsident und Communalprästdent sich beim Oberverwal¬
tungsgericht um den Vorsitz streiten u. s. w. Alles, was wir je auf Kinder¬
bilderbogen über die Rathsherren von Schöppenstedt und' Krähwinkel gelesen,
wird hier glänzend übertroffen. Nur das geht über den Spaß, daß solche
Einfälle am Leibe des preußischen Staats probirt werden sollen. Da h^
sich nun das Herrenhaus und seine Commission ein entschiedenes Verdienst
erworben, indem es dem Provinzialausschuß und dem Bezirksausschuß die
staatlichen Angelegenheiten ganz entzogen und statt der ersteren für die
letzteren sogenannte Provinzialräthe und Bezirksräthe eingeführt und dieselbe»
rationell construirt hat. Aeußerlich ist die Maschinerie allerdings nun noch
complicirter geworden. Aber was schadet es, bei sieben oder acht überflüssigen
Rädern die neun voll zu machen, zumal wenn das neunte Rad gerade ein
zweckmäßiges ist? Wir sollen nun haben: Kreisversammlung, Kreisausschuß'
Kreislandrath; Bezirksausschuß, Bezirksrath. Bezirksregierung; Provinzialver-
sammlung, Provinzialausschuß, Provinzialrath, Oberpräsidium. Wir hatten
zu wenig gezählt, da sind schon zehn Behörden! Bereits aber stellte der
Regierungscommissär als Nachtrag zur Kreisordnung die Bildung besonderer
Kreisverwaltungsgerichte in Aussicht, dazu die Bezirksverwaltungsgerichte'
deren Bildung durch einen in dieser Session eingebrachten Gesetzentwurf in
Vorschlag gebracht ist. So haben wir in der Provinz, wohlgemerkt von-
Kreis an, nicht etwa von der Ortsgemeinde an, also vom Kreis bis zu-"
Oberpräsidenten zwölf Behörden, zwölf Behörden der Mittelinstanz, die sieh
mit den (Zentralbehörden und mit den unteren Lokalbehörden auf alle 2Le>^
stoßen und kreuzen. Wenn dabei der Staat sich bewegt, so gleicht er den
tausendfüßigen Würmern. Ueber die Wurmexistenz wird er es aber nich
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