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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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und links des Feindes, und das zweite Glied löste sich von der Masse des
Geschwaders los, um seinerseits das Heil mit der Lanze zu versuchen.*)

Das Fußvolk Charles' VIII. war, je nachdem es aus verschiedenen
Nationen bestand, von sehr verschiedener Güte. Den ersten Platz behaupteten
die Schweizer und Deutschen. Die Hauptmasse derselben trug kurze Schwerter
und 10 Fuß lange Piken. Der vierte Theil dagegen war mit Streitäxten
bewaffnet, die man mit beiden Händen führte. Ihre vielfarbigen Kleider
schmiegten sich den Gliedern völlig an. Wehende Federbüsche zeichneten die
Rottenführer und Hauptleute aus, und sämmtlich trugen sie den lullleeret, d. h.
einen aus zwei Theilen bestehenden Harnisch, welcher Brust und Schultern
deckte und leichter als ein Küraß war."*) Schweizer wie Deutsche bewegten
sich im Gleichschritt nach dem Schall der Trommel. Jedem Hausen von
1000 Mann waren SO Büchsenschützen beigegeben.***)

Als der vornehmste Theil dieses Fußvolks erschienen die cont LuiWes
as la FiU'an du roi.


"Dovant 1o Rvz^ cont LulLsos marelwioM,
Do iaunv <ze> rougo aornss vt vostus;
?M'63, tumbourg, a,ä0n<M<zg KüAonncjrvM,
I)o Zrauäs pluniint? lourg tutos xlialorörsut,
<nar obasoui! Ä' oulx s' 03tung.it un I>outIlU3." -j-)

Die Standarte der Hundertschweizer zeigte den heiligen Michael, wie er
den Drachen bekämpft, auf der andern Seite aber eine von Strahlen um¬
gebene Sonnenscheibe nebst einem gekrönten und gespickter Schwein (un poro
czxie coul-0im6.) I l-)

Die großen Dienste, welche die Schweizer 1488 in der Bretagne, nament¬
lich in der Schlacht von Samt Aubin de Cormier geleistet, ließen erwarten,
daß sie auch in Italien den Sieg an ihre Fahnen fesseln würden. "11s
otg-lent l'lzsx^i-altes ac l'ost." sagt Commes.

Den Deutschen zunächst an Zucht und Uebung standen 6000 Gascogner,
Frankreichs bestes Fußvolk, weniger stattlich ausgestattet und nur mit Bögen
und Armbrusten bewaffnet, weniger standhaft in offener Feldschlacht, aber
vortrefflich in Orts- und Einzelgefechten oder zur Hut des Lagers.

Epochemachend in der Kriegsgeschichte ist die Artillerie Charles' Viti-
-- Während sämmtliche übrigen europäischen Mächte Geschütze von den ver-







Llironiczuv als ^San et'^non. lip. I. vdsx. 31.
") Pascal a. a. O.
--) Paulus Jovius.
1) Ponthus ist der Held eines um 1S00 zu Lyon publizirten Romanes,
l-f) Das alte keilförmig aufgestellte Bataillon der Schweizer wurde gern mit einem Schweins-
kopf verglichen. Noch heut bezeichnet man mit tods als xorv in Frankreich einen keilförmig g°'
ordneten Schlachthaufen. Vielleicht liegen der Verbindung der Sonne und des Schweins auch
heidnische Erinnerungen zu Grunde. Man denke an den Sonnencber Gullinbursti.

und links des Feindes, und das zweite Glied löste sich von der Masse des
Geschwaders los, um seinerseits das Heil mit der Lanze zu versuchen.*)

Das Fußvolk Charles' VIII. war, je nachdem es aus verschiedenen
Nationen bestand, von sehr verschiedener Güte. Den ersten Platz behaupteten
die Schweizer und Deutschen. Die Hauptmasse derselben trug kurze Schwerter
und 10 Fuß lange Piken. Der vierte Theil dagegen war mit Streitäxten
bewaffnet, die man mit beiden Händen führte. Ihre vielfarbigen Kleider
schmiegten sich den Gliedern völlig an. Wehende Federbüsche zeichneten die
Rottenführer und Hauptleute aus, und sämmtlich trugen sie den lullleeret, d. h.
einen aus zwei Theilen bestehenden Harnisch, welcher Brust und Schultern
deckte und leichter als ein Küraß war."*) Schweizer wie Deutsche bewegten
sich im Gleichschritt nach dem Schall der Trommel. Jedem Hausen von
1000 Mann waren SO Büchsenschützen beigegeben.***)

Als der vornehmste Theil dieses Fußvolks erschienen die cont LuiWes
as la FiU'an du roi.


„Dovant 1o Rvz^ cont LulLsos marelwioM,
Do iaunv <ze> rougo aornss vt vostus;
?M'63, tumbourg, a,ä0n<M<zg KüAonncjrvM,
I)o Zrauäs pluniint? lourg tutos xlialorörsut,
<nar obasoui! Ä' oulx s' 03tung.it un I>outIlU3." -j-)

Die Standarte der Hundertschweizer zeigte den heiligen Michael, wie er
den Drachen bekämpft, auf der andern Seite aber eine von Strahlen um¬
gebene Sonnenscheibe nebst einem gekrönten und gespickter Schwein (un poro
czxie coul-0im6.) I l-)

Die großen Dienste, welche die Schweizer 1488 in der Bretagne, nament¬
lich in der Schlacht von Samt Aubin de Cormier geleistet, ließen erwarten,
daß sie auch in Italien den Sieg an ihre Fahnen fesseln würden. „11s
otg-lent l'lzsx^i-altes ac l'ost." sagt Commes.

Den Deutschen zunächst an Zucht und Uebung standen 6000 Gascogner,
Frankreichs bestes Fußvolk, weniger stattlich ausgestattet und nur mit Bögen
und Armbrusten bewaffnet, weniger standhaft in offener Feldschlacht, aber
vortrefflich in Orts- und Einzelgefechten oder zur Hut des Lagers.

Epochemachend in der Kriegsgeschichte ist die Artillerie Charles' Viti-
— Während sämmtliche übrigen europäischen Mächte Geschütze von den ver-







Llironiczuv als ^San et'^non. lip. I. vdsx. 31.
") Pascal a. a. O.
--) Paulus Jovius.
1) Ponthus ist der Held eines um 1S00 zu Lyon publizirten Romanes,
l-f) Das alte keilförmig aufgestellte Bataillon der Schweizer wurde gern mit einem Schweins-
kopf verglichen. Noch heut bezeichnet man mit tods als xorv in Frankreich einen keilförmig g°'
ordneten Schlachthaufen. Vielleicht liegen der Verbindung der Sonne und des Schweins auch
heidnische Erinnerungen zu Grunde. Man denke an den Sonnencber Gullinbursti.
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[0336] und links des Feindes, und das zweite Glied löste sich von der Masse des Geschwaders los, um seinerseits das Heil mit der Lanze zu versuchen.*) Das Fußvolk Charles' VIII. war, je nachdem es aus verschiedenen Nationen bestand, von sehr verschiedener Güte. Den ersten Platz behaupteten die Schweizer und Deutschen. Die Hauptmasse derselben trug kurze Schwerter und 10 Fuß lange Piken. Der vierte Theil dagegen war mit Streitäxten bewaffnet, die man mit beiden Händen führte. Ihre vielfarbigen Kleider schmiegten sich den Gliedern völlig an. Wehende Federbüsche zeichneten die Rottenführer und Hauptleute aus, und sämmtlich trugen sie den lullleeret, d. h. einen aus zwei Theilen bestehenden Harnisch, welcher Brust und Schultern deckte und leichter als ein Küraß war."*) Schweizer wie Deutsche bewegten sich im Gleichschritt nach dem Schall der Trommel. Jedem Hausen von 1000 Mann waren SO Büchsenschützen beigegeben.***) Als der vornehmste Theil dieses Fußvolks erschienen die cont LuiWes as la FiU'an du roi. „Dovant 1o Rvz^ cont LulLsos marelwioM, Do iaunv <ze> rougo aornss vt vostus; ?M'63, tumbourg, a,ä0n<M<zg KüAonncjrvM, I)o Zrauäs pluniint? lourg tutos xlialorörsut, <nar obasoui! Ä' oulx s' 03tung.it un I>outIlU3." -j-) Die Standarte der Hundertschweizer zeigte den heiligen Michael, wie er den Drachen bekämpft, auf der andern Seite aber eine von Strahlen um¬ gebene Sonnenscheibe nebst einem gekrönten und gespickter Schwein (un poro czxie coul-0im6.) I l-) Die großen Dienste, welche die Schweizer 1488 in der Bretagne, nament¬ lich in der Schlacht von Samt Aubin de Cormier geleistet, ließen erwarten, daß sie auch in Italien den Sieg an ihre Fahnen fesseln würden. „11s otg-lent l'lzsx^i-altes ac l'ost." sagt Commes. Den Deutschen zunächst an Zucht und Uebung standen 6000 Gascogner, Frankreichs bestes Fußvolk, weniger stattlich ausgestattet und nur mit Bögen und Armbrusten bewaffnet, weniger standhaft in offener Feldschlacht, aber vortrefflich in Orts- und Einzelgefechten oder zur Hut des Lagers. Epochemachend in der Kriegsgeschichte ist die Artillerie Charles' Viti- — Während sämmtliche übrigen europäischen Mächte Geschütze von den ver- Llironiczuv als ^San et'^non. lip. I. vdsx. 31. ") Pascal a. a. O. --) Paulus Jovius. 1) Ponthus ist der Held eines um 1S00 zu Lyon publizirten Romanes, l-f) Das alte keilförmig aufgestellte Bataillon der Schweizer wurde gern mit einem Schweins- kopf verglichen. Noch heut bezeichnet man mit tods als xorv in Frankreich einen keilförmig g°' ordneten Schlachthaufen. Vielleicht liegen der Verbindung der Sonne und des Schweins auch heidnische Erinnerungen zu Grunde. Man denke an den Sonnencber Gullinbursti.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/336>, abgerufen am 06.02.2025.