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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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gemäß sollen durch öffentlichen, "mehrfach unterzeichneten" Aufruf "periodische
Bibliothekarversammlungen" berufen werden, um die organisatori¬
schen Fragen der Bibliothekreform zu berathen und darüber zu beschließen,
und es sollen die gefaßten Beschlüsse sowol von den "Oberbehörden" , wie
von den "Bibliothekaren" als "vollständig Souper" in" angesehen werden").
Dabei wird hervorgehoben, daß Aehnliches bereits früher in Amerika geschehen
sei, wo "im Jahre 1863 in der Mitte des Septembers zu New - York ein
Congreß zahlreicher Bibliothekare aus den Vereinigten Staaten tagte." So
wichtig es wäre, die dort gesammelten Erfahrungen über den Erfolg eines
solchen Congresses zu verwerthen, so wenig besitzen wir doch darüber einen
sicheren thatsächlichen Anhalt. Es wird uns nur berichtet, daß die Ameri¬
kanischen Bibliothekare "das Gedeihen ihrer Anstalten in gehörige Erwägung
zogen." Bei so beroandten Umständen müssen wir uns darauf beschränken,
die Idee der Bibliothekarversammlungen a xriori und aus der Natur der
Sache heraus zu prüfen.

Fassen wir vor Allem die Ausführbarkeit ins Auge, so ist in erster Linie
zu fragen, von wem der Aufruf unterzeichnet, und an wen er gerichtet werden
sollte, um "eine möglichst zahlreiche Betheiligung" zu erreichen, die mit Recht
als Grundbedingung des Erfolges vorausgesetzt wird. Es liegt auf der
Hand, daß die Betheiligung der Bibliothekare, etwa mit Ausschluß der Ober¬
bibliothekare, wäre sie auch noch so zahlreich, von vornherein wenig Aussicht
auf Erfolg haben würde. Vielmehr käme Alles darauf an, die Oberbiblio¬
thekare, denen die endgiltige Entscheidung über das Wohl ihrer Anstalten
zusteht, mit in das Interesse zu ziehen. Der Aufruf müßte deßhalb in gleicher
Weise an die Oberbibliothekare, wie an die Bibliothekare gerichtet und dem
entsprechend mindestens von einigen Oberbibliothekaren mitunterzeichnet werden.
Schon hierbei zeigt sich aber, wie wenig die Parallele der gelehrten Wander¬
versammlungen mit den Bibliothekarversammlungen zutreffend ist. Während
dort ein Zusammenwirken gleichberechtigter Elemente stattfindet, würde hier
die Anomalie zu Tage treten, daß Vorgesetzte und Untergebene sich auf eine
Stufe gestellt sähen. Schwerlich ist anzunehmen, daß die Oberbibliothekare
geneigt sein würden, sich dieser Anomalie aus freiem Antriebe zu unterwerfen.
Demnach bliebe nur übrig, den Oberbibliothekaren die alleinige Initiative zu
überlassen und sich die Bibliothekarversammlungen als Oberbibliothekarver¬
sammlungen zu denken. Dann würde jedoch das technische Element nicht
genügend vertreten sein, weil die Oberbibliothekarstellen zur Zeit nur theil¬
weise mit praktisch geschulten Bibliothekaren besetzt sind. Gesetzt aber auch,
es herrschte allseitige Bereitwilligkeit, eine Bibliothekarversammlung in vollstem



') Rullmann, "ViblivthckseinrichtunMmde", 1874, Seite 7, 27 f.

gemäß sollen durch öffentlichen, „mehrfach unterzeichneten" Aufruf „periodische
Bibliothekarversammlungen" berufen werden, um die organisatori¬
schen Fragen der Bibliothekreform zu berathen und darüber zu beschließen,
und es sollen die gefaßten Beschlüsse sowol von den „Oberbehörden" , wie
von den „Bibliothekaren" als „vollständig Souper« in" angesehen werden").
Dabei wird hervorgehoben, daß Aehnliches bereits früher in Amerika geschehen
sei, wo „im Jahre 1863 in der Mitte des Septembers zu New - York ein
Congreß zahlreicher Bibliothekare aus den Vereinigten Staaten tagte." So
wichtig es wäre, die dort gesammelten Erfahrungen über den Erfolg eines
solchen Congresses zu verwerthen, so wenig besitzen wir doch darüber einen
sicheren thatsächlichen Anhalt. Es wird uns nur berichtet, daß die Ameri¬
kanischen Bibliothekare „das Gedeihen ihrer Anstalten in gehörige Erwägung
zogen." Bei so beroandten Umständen müssen wir uns darauf beschränken,
die Idee der Bibliothekarversammlungen a xriori und aus der Natur der
Sache heraus zu prüfen.

Fassen wir vor Allem die Ausführbarkeit ins Auge, so ist in erster Linie
zu fragen, von wem der Aufruf unterzeichnet, und an wen er gerichtet werden
sollte, um „eine möglichst zahlreiche Betheiligung" zu erreichen, die mit Recht
als Grundbedingung des Erfolges vorausgesetzt wird. Es liegt auf der
Hand, daß die Betheiligung der Bibliothekare, etwa mit Ausschluß der Ober¬
bibliothekare, wäre sie auch noch so zahlreich, von vornherein wenig Aussicht
auf Erfolg haben würde. Vielmehr käme Alles darauf an, die Oberbiblio¬
thekare, denen die endgiltige Entscheidung über das Wohl ihrer Anstalten
zusteht, mit in das Interesse zu ziehen. Der Aufruf müßte deßhalb in gleicher
Weise an die Oberbibliothekare, wie an die Bibliothekare gerichtet und dem
entsprechend mindestens von einigen Oberbibliothekaren mitunterzeichnet werden.
Schon hierbei zeigt sich aber, wie wenig die Parallele der gelehrten Wander¬
versammlungen mit den Bibliothekarversammlungen zutreffend ist. Während
dort ein Zusammenwirken gleichberechtigter Elemente stattfindet, würde hier
die Anomalie zu Tage treten, daß Vorgesetzte und Untergebene sich auf eine
Stufe gestellt sähen. Schwerlich ist anzunehmen, daß die Oberbibliothekare
geneigt sein würden, sich dieser Anomalie aus freiem Antriebe zu unterwerfen.
Demnach bliebe nur übrig, den Oberbibliothekaren die alleinige Initiative zu
überlassen und sich die Bibliothekarversammlungen als Oberbibliothekarver¬
sammlungen zu denken. Dann würde jedoch das technische Element nicht
genügend vertreten sein, weil die Oberbibliothekarstellen zur Zeit nur theil¬
weise mit praktisch geschulten Bibliothekaren besetzt sind. Gesetzt aber auch,
es herrschte allseitige Bereitwilligkeit, eine Bibliothekarversammlung in vollstem



') Rullmann, „ViblivthckseinrichtunMmde", 1874, Seite 7, 27 f.
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[0224] gemäß sollen durch öffentlichen, „mehrfach unterzeichneten" Aufruf „periodische Bibliothekarversammlungen" berufen werden, um die organisatori¬ schen Fragen der Bibliothekreform zu berathen und darüber zu beschließen, und es sollen die gefaßten Beschlüsse sowol von den „Oberbehörden" , wie von den „Bibliothekaren" als „vollständig Souper« in" angesehen werden"). Dabei wird hervorgehoben, daß Aehnliches bereits früher in Amerika geschehen sei, wo „im Jahre 1863 in der Mitte des Septembers zu New - York ein Congreß zahlreicher Bibliothekare aus den Vereinigten Staaten tagte." So wichtig es wäre, die dort gesammelten Erfahrungen über den Erfolg eines solchen Congresses zu verwerthen, so wenig besitzen wir doch darüber einen sicheren thatsächlichen Anhalt. Es wird uns nur berichtet, daß die Ameri¬ kanischen Bibliothekare „das Gedeihen ihrer Anstalten in gehörige Erwägung zogen." Bei so beroandten Umständen müssen wir uns darauf beschränken, die Idee der Bibliothekarversammlungen a xriori und aus der Natur der Sache heraus zu prüfen. Fassen wir vor Allem die Ausführbarkeit ins Auge, so ist in erster Linie zu fragen, von wem der Aufruf unterzeichnet, und an wen er gerichtet werden sollte, um „eine möglichst zahlreiche Betheiligung" zu erreichen, die mit Recht als Grundbedingung des Erfolges vorausgesetzt wird. Es liegt auf der Hand, daß die Betheiligung der Bibliothekare, etwa mit Ausschluß der Ober¬ bibliothekare, wäre sie auch noch so zahlreich, von vornherein wenig Aussicht auf Erfolg haben würde. Vielmehr käme Alles darauf an, die Oberbiblio¬ thekare, denen die endgiltige Entscheidung über das Wohl ihrer Anstalten zusteht, mit in das Interesse zu ziehen. Der Aufruf müßte deßhalb in gleicher Weise an die Oberbibliothekare, wie an die Bibliothekare gerichtet und dem entsprechend mindestens von einigen Oberbibliothekaren mitunterzeichnet werden. Schon hierbei zeigt sich aber, wie wenig die Parallele der gelehrten Wander¬ versammlungen mit den Bibliothekarversammlungen zutreffend ist. Während dort ein Zusammenwirken gleichberechtigter Elemente stattfindet, würde hier die Anomalie zu Tage treten, daß Vorgesetzte und Untergebene sich auf eine Stufe gestellt sähen. Schwerlich ist anzunehmen, daß die Oberbibliothekare geneigt sein würden, sich dieser Anomalie aus freiem Antriebe zu unterwerfen. Demnach bliebe nur übrig, den Oberbibliothekaren die alleinige Initiative zu überlassen und sich die Bibliothekarversammlungen als Oberbibliothekarver¬ sammlungen zu denken. Dann würde jedoch das technische Element nicht genügend vertreten sein, weil die Oberbibliothekarstellen zur Zeit nur theil¬ weise mit praktisch geschulten Bibliothekaren besetzt sind. Gesetzt aber auch, es herrschte allseitige Bereitwilligkeit, eine Bibliothekarversammlung in vollstem ') Rullmann, „ViblivthckseinrichtunMmde", 1874, Seite 7, 27 f.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/224>, abgerufen am 05.02.2025.