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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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auf seinem Rücken trägt, und nur der Unvernünftige wird, an der Quelle
vorübergehend, sein Haupt schütteln und sagen: "Die Quelle -- die Odd-
Fellowship vielmehr -- ist nur eine Lebensversicherungsgesellschaft." Nicht wie
die Titanen, die den Helion auf den Ossa gethürmt, sondern wie der staub-
geborne Hercules, der jene Riesenarbeiten vollendet, strebt der Ott Fellow-
Orden zum Himmel an. Die Titanen wurden gestürzt (an!), Hercules ward
(ah!) ein Halbgott!" --

Wo Herr Pniower das nur her haben mag? Doch weiter in der Be¬
trachtung unseres angehenden Halbgottes.

Die Regierung des Ordens, an deren Spitze der "Groß-Sire" steht, be¬
ruht auf repräsentativer Grundlage. Die oberste Behörde ist für Amerika die
Großloge der Vereinigten Staaten, für Deutschland die Großloge des deut¬
schen Reiches; jene setzt sich aus Vertretern der einzelnen Staats-, diese aus
Abgeordneten der einzelnen Districts-Großlogen, zusammen, die ihrerseits wie¬
der aus den abgetretnen Vorständen der "untergeordneten Logen," den "Ex¬
meistern" bestehen. Jene oberste Großloge übt die gesetzgebende, vollziehende
und richterliche Gewalt in allen den ganzen Orden betreffenden Angelegenheiten
aus. Sie tritt alle Jahre einmal als eine Art Congreß oder Senat zusammen.
In der Zwischenzeit ist ihr auf zwei Jahre gewählter oberster Beamter, der
Groß-Sire, mit der vollziehenden Gewalt innerhalb der verfassungsmäßigen
Grenzen betraut. Die Districts-Großlogen, deren es jetzt in Deutschland
zwei, eine für Brandenburg, und eine für Würtemberg giebt, und an deren
Spitze "Großmeister" stehen, haben ihre besonderen Verfassungen und Gesetze,
die aber von der Centralgroßloge genehmigt sein müssen, und dasselbe gilt
von den "untergeordneten Logen," die von "Obermeistern" regiert werden.
Namentlich ist es jeder einzelnen Loge freigestellt, die Höhe der Einweihungs¬
gebühren und anderer bei den Ott Fellows üblicher Geldleistungen zu bestim¬
men. Die meisten Logen Deutschlands richten sich in dieser Beziehung nach
dem Usus der amerikanischen, nach welchem nach der Verschiedenheit des Alters
auch die Eintrittsgebühr verschieden ist, wogegen die monatlich zu zahlenden
Beiträge für Alle gleich sind. Was aber in den Nebengesetzen jeder Ott
Fellow-Loge enthalten sein muß, ist die Verpflichtung zu wöchentlichen Zah¬
lungen während der Krankheit von Mitgliedern und bei Sterbefällen von
solchen; denn darin liegt ja eben der Kern der ganzen Einrichtung. Auch die
Wohlhabenden müssen, damit die weniger Bemittelten die Unterstützung nicht
als Almosen empfinden, in jenen Fällen die ihnen zukommenden Beträge an¬
nehmen, was als ein hübscher, wenn auch durch den Charakter der Loge als
Versicherungsanstalt gebotener Zug hervorzuheben ist. Wer in einer Loge "in
gutem Stande" ist, d. h. immer pünktlich gezahlt hat, was er zu zahlen hatte.


auf seinem Rücken trägt, und nur der Unvernünftige wird, an der Quelle
vorübergehend, sein Haupt schütteln und sagen: „Die Quelle — die Odd-
Fellowship vielmehr — ist nur eine Lebensversicherungsgesellschaft." Nicht wie
die Titanen, die den Helion auf den Ossa gethürmt, sondern wie der staub-
geborne Hercules, der jene Riesenarbeiten vollendet, strebt der Ott Fellow-
Orden zum Himmel an. Die Titanen wurden gestürzt (an!), Hercules ward
(ah!) ein Halbgott!" —

Wo Herr Pniower das nur her haben mag? Doch weiter in der Be¬
trachtung unseres angehenden Halbgottes.

Die Regierung des Ordens, an deren Spitze der „Groß-Sire" steht, be¬
ruht auf repräsentativer Grundlage. Die oberste Behörde ist für Amerika die
Großloge der Vereinigten Staaten, für Deutschland die Großloge des deut¬
schen Reiches; jene setzt sich aus Vertretern der einzelnen Staats-, diese aus
Abgeordneten der einzelnen Districts-Großlogen, zusammen, die ihrerseits wie¬
der aus den abgetretnen Vorständen der „untergeordneten Logen," den „Ex¬
meistern" bestehen. Jene oberste Großloge übt die gesetzgebende, vollziehende
und richterliche Gewalt in allen den ganzen Orden betreffenden Angelegenheiten
aus. Sie tritt alle Jahre einmal als eine Art Congreß oder Senat zusammen.
In der Zwischenzeit ist ihr auf zwei Jahre gewählter oberster Beamter, der
Groß-Sire, mit der vollziehenden Gewalt innerhalb der verfassungsmäßigen
Grenzen betraut. Die Districts-Großlogen, deren es jetzt in Deutschland
zwei, eine für Brandenburg, und eine für Würtemberg giebt, und an deren
Spitze „Großmeister" stehen, haben ihre besonderen Verfassungen und Gesetze,
die aber von der Centralgroßloge genehmigt sein müssen, und dasselbe gilt
von den „untergeordneten Logen," die von „Obermeistern" regiert werden.
Namentlich ist es jeder einzelnen Loge freigestellt, die Höhe der Einweihungs¬
gebühren und anderer bei den Ott Fellows üblicher Geldleistungen zu bestim¬
men. Die meisten Logen Deutschlands richten sich in dieser Beziehung nach
dem Usus der amerikanischen, nach welchem nach der Verschiedenheit des Alters
auch die Eintrittsgebühr verschieden ist, wogegen die monatlich zu zahlenden
Beiträge für Alle gleich sind. Was aber in den Nebengesetzen jeder Ott
Fellow-Loge enthalten sein muß, ist die Verpflichtung zu wöchentlichen Zah¬
lungen während der Krankheit von Mitgliedern und bei Sterbefällen von
solchen; denn darin liegt ja eben der Kern der ganzen Einrichtung. Auch die
Wohlhabenden müssen, damit die weniger Bemittelten die Unterstützung nicht
als Almosen empfinden, in jenen Fällen die ihnen zukommenden Beträge an¬
nehmen, was als ein hübscher, wenn auch durch den Charakter der Loge als
Versicherungsanstalt gebotener Zug hervorzuheben ist. Wer in einer Loge „in
gutem Stande" ist, d. h. immer pünktlich gezahlt hat, was er zu zahlen hatte.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/218>, abgerufen am 06.02.2025.