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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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brauchten die Geschäftsleute bei drohenden Gefahren doch bloß auf sich selbst
Acht zu sieben und konnten noch hoffen, von der Bank Beistand zu erhalten,
nach der Peel's-Akte aber mußten sie auch noch auf die Bank achten und das
Gebahren, welches ihrer Direktion oft mehr durch ihre Statuten als durch die
Lage der Dinge geboten war, steigerte in der Krisis die Verlegenheit bis zur
Panik statt sie zu lindern. Dies ist in den drei Handelskrisen von 1847,
1857 und 1866 eingetreten und alle drei Male hat die Panik zu einer voll-
ständigen Stockung des Verkehrs geführt, so daß die Bank genöthigt war,
bei der Negierung die Suspension des Gesetzes zu beantragen. Die Regierung
willfahrte dreimal diesem Gesuche unter dem Vorbehalt der von dem Parla¬
ment zu erlangenden Jdemnitität und jedesmal reichte schon dieser bloße Akt
der zeitweisen Aufhebung dieses Gesetzes hin, um das Vertrauen wieder her¬
zustellen und den Verkehr in das regelmäßige Geleise zurückkehren zu machen.
Die Causalität dieser Erscheinung ist nämlich folgende. Der Hauptfehler der
Organisation besteht darin, daß die Bcmkvirektion mehr nach einer mechani¬
schen Bestimmung, als nach ihrem Urtheil der Verhältnisse sich zu richten
hat. Die Verwaltung der Notenabtheilung hat nichts zu thun, als Noten
drucken zu lassen, welche in einer, im Bankgebäude selbst befindlichen Druckerei
angefertigt werden auf mit bestimmten Wasserzeichen befindlichen Papier,
welches in Fabriken gemacht wird, die ebenfalls Eigenthum der Bank find.
Sie hat dann nur ihre Noten, unbeschadet des contingentirten Betrages von
etwas über 14 Millionen Pf. Sterling, an die Bankabtheilung gegen Gold
zu verkaufen und die von letzterer eingelösten Zettel gegen neue auszutauschen,
da die zurückgekehrten Noten nicht wieder ausgegeben, sondern nach einiger
Zeit vernichtet werden. Die Bankabtheilung aber hat hauptsächlich auf ihre
Reserve d. h. ihren Borrath an Noten und baarem Gelde zu sehen und den
Diskontosatz nach dessen Schwankungen zu ändern, ohne die Ursachen dieser
Schwankungen streng untersuchen zu müssen. Die Folge davon ist, daß die
Bankdirektion auch zuweilen gezwungen wird, die Nothmaßregel starker Dis-
contoerhebungen zu gebrauchen, wenn keine ernsthafte Ursache zu einer dau¬
ernden Störung des Gleichgewichtes vorhanden ist, wenn z. B. der Wechsel¬
kurs günstig für England steht. Am meisten aber leidet die Contingentirung
Schiffbruch während einer Handelskrisis, weil die festgesetzte Grenze des unge¬
deckten Notenumlaufs dazu beiträgt, die Besorgnis; der geängstigten Geschäfts¬
leute zu vermehren. Da die Krisis mit dem Augenblick einzutreten Pflegt,
wo die am stärksten engagirten Häuser anfangen, die Zahlung ihrer Wechsel
einzustellen, so wenden sich diejenigen, welche auf den Eingang dieser Wechsel¬
zahlungen gerechnet hatten, zur Aushilfe an die Bank von England. Wenn
aber in Folge von vermehrten Anforderungen die Reserve der Bank zu
schwinden beginnt, so sangen viele an zu fürchten für den Fall, daß sie auch


brauchten die Geschäftsleute bei drohenden Gefahren doch bloß auf sich selbst
Acht zu sieben und konnten noch hoffen, von der Bank Beistand zu erhalten,
nach der Peel's-Akte aber mußten sie auch noch auf die Bank achten und das
Gebahren, welches ihrer Direktion oft mehr durch ihre Statuten als durch die
Lage der Dinge geboten war, steigerte in der Krisis die Verlegenheit bis zur
Panik statt sie zu lindern. Dies ist in den drei Handelskrisen von 1847,
1857 und 1866 eingetreten und alle drei Male hat die Panik zu einer voll-
ständigen Stockung des Verkehrs geführt, so daß die Bank genöthigt war,
bei der Negierung die Suspension des Gesetzes zu beantragen. Die Regierung
willfahrte dreimal diesem Gesuche unter dem Vorbehalt der von dem Parla¬
ment zu erlangenden Jdemnitität und jedesmal reichte schon dieser bloße Akt
der zeitweisen Aufhebung dieses Gesetzes hin, um das Vertrauen wieder her¬
zustellen und den Verkehr in das regelmäßige Geleise zurückkehren zu machen.
Die Causalität dieser Erscheinung ist nämlich folgende. Der Hauptfehler der
Organisation besteht darin, daß die Bcmkvirektion mehr nach einer mechani¬
schen Bestimmung, als nach ihrem Urtheil der Verhältnisse sich zu richten
hat. Die Verwaltung der Notenabtheilung hat nichts zu thun, als Noten
drucken zu lassen, welche in einer, im Bankgebäude selbst befindlichen Druckerei
angefertigt werden auf mit bestimmten Wasserzeichen befindlichen Papier,
welches in Fabriken gemacht wird, die ebenfalls Eigenthum der Bank find.
Sie hat dann nur ihre Noten, unbeschadet des contingentirten Betrages von
etwas über 14 Millionen Pf. Sterling, an die Bankabtheilung gegen Gold
zu verkaufen und die von letzterer eingelösten Zettel gegen neue auszutauschen,
da die zurückgekehrten Noten nicht wieder ausgegeben, sondern nach einiger
Zeit vernichtet werden. Die Bankabtheilung aber hat hauptsächlich auf ihre
Reserve d. h. ihren Borrath an Noten und baarem Gelde zu sehen und den
Diskontosatz nach dessen Schwankungen zu ändern, ohne die Ursachen dieser
Schwankungen streng untersuchen zu müssen. Die Folge davon ist, daß die
Bankdirektion auch zuweilen gezwungen wird, die Nothmaßregel starker Dis-
contoerhebungen zu gebrauchen, wenn keine ernsthafte Ursache zu einer dau¬
ernden Störung des Gleichgewichtes vorhanden ist, wenn z. B. der Wechsel¬
kurs günstig für England steht. Am meisten aber leidet die Contingentirung
Schiffbruch während einer Handelskrisis, weil die festgesetzte Grenze des unge¬
deckten Notenumlaufs dazu beiträgt, die Besorgnis; der geängstigten Geschäfts¬
leute zu vermehren. Da die Krisis mit dem Augenblick einzutreten Pflegt,
wo die am stärksten engagirten Häuser anfangen, die Zahlung ihrer Wechsel
einzustellen, so wenden sich diejenigen, welche auf den Eingang dieser Wechsel¬
zahlungen gerechnet hatten, zur Aushilfe an die Bank von England. Wenn
aber in Folge von vermehrten Anforderungen die Reserve der Bank zu
schwinden beginnt, so sangen viele an zu fürchten für den Fall, daß sie auch


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/199>, abgerufen am 05.02.2025.