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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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fand eine ausführliche Verhandlung bei derselben zwar statt, die Helden der
Tourniere des Kulturkampfes, Windthorst aus der einen, Wehrenpfennig auf
der andern Seite, brachen die gewohnte Lanze. Aber nach und nach ist es
des Guten, was der Kulturkampf an rednerischen Früchten bringt, so viel ge¬
worden, daß wir davon dem Leser nur noch Präsentiren dürfen, wenn sie
ganz besonders neuer und ungewöhnlicher Art sind.

Die nächsten Sitzungen der Woche waren durch die Einzelberathung des
Gesetzes über die Dotation der Prvvinzial - und Kreisverbände ausgefüllt.
Wir denken jedoch auf die Verhandlung dieses Gesetzes nicht einzugehen. Der
allgemeine Charakter ist bei Einbringung der Vorlagen zur Verwaltungs¬
reform erörtert worden. Die Kämpfe und einzelne Abänderungen haben kein
politisches Interesse. Wir haben unsere Ansicht früher dahin ausgesprochen,
daß diese ganze Dotation uns nicht richtig scheint. Ein allgemeiner Staats¬
fonds zur außerordentlichen und perivdenweisen Unterstützung der Provinzen
wäre uns angemessener erschienen. Im Uebrigen hätten wir die Provinzen
gleich den Orts- und Kreisgemeinden auf die Grund- und Gebäudesteuer als
ihnen ausschließlich zustehende Einnahme mit freiem Besteuerungsrecht ange¬
wiesen zu sehen gewünscht. -- Der andere Weg ist nun betreten. Die jetzt
überwiesenen Fonds werden mit der Zeit nicht ausreichen, ob die eine Pro¬
vinz etwas mehr oder weniger bekommen hat, ist überaus gleichgültig. Das
Gesetz ist am 24. April in dritter Lesung angenommen worden.

An demselben Tage begann die zweite Berathung des wichtigen Gesetzes
über die Vermögensverwaltung in den katholischen Kirchengemeinden. Da
aber die Berathung noch nicht zu Ende geführt ist, so verschiebe ich die Be¬
L--r. sprechung auf den nächsten Brief.




Untersuchungen über die KanKfrage.
Von Max Wirth. IV.
(Schluß.)

Ein noch größerer Mißstand als der bisher geschilderte liegt in der Wir"
kung der Contingentirung der ungedeckten Noten in kritischen Zeiten. Der
Hauptzweck, welchen diese Einrichtung erreichen sollte, war der, die Bank so
sicher zu stellen, daß einestheils ihre Noten ebensoviel Credit genießen, wie
baares Geld, und daß sie andererseits in Zeiten der Krisis und des panischen
Schreckens der Geschäftsleute letzteren allen legitimen Beistand bieten und die
Wirkungen der Krisis mildern könnte. Dieser Zweck ist nicht bloß nicht er¬
reicht, sondern das reine Gegentheil davon bewerkstelligt worden. Früher


fand eine ausführliche Verhandlung bei derselben zwar statt, die Helden der
Tourniere des Kulturkampfes, Windthorst aus der einen, Wehrenpfennig auf
der andern Seite, brachen die gewohnte Lanze. Aber nach und nach ist es
des Guten, was der Kulturkampf an rednerischen Früchten bringt, so viel ge¬
worden, daß wir davon dem Leser nur noch Präsentiren dürfen, wenn sie
ganz besonders neuer und ungewöhnlicher Art sind.

Die nächsten Sitzungen der Woche waren durch die Einzelberathung des
Gesetzes über die Dotation der Prvvinzial - und Kreisverbände ausgefüllt.
Wir denken jedoch auf die Verhandlung dieses Gesetzes nicht einzugehen. Der
allgemeine Charakter ist bei Einbringung der Vorlagen zur Verwaltungs¬
reform erörtert worden. Die Kämpfe und einzelne Abänderungen haben kein
politisches Interesse. Wir haben unsere Ansicht früher dahin ausgesprochen,
daß diese ganze Dotation uns nicht richtig scheint. Ein allgemeiner Staats¬
fonds zur außerordentlichen und perivdenweisen Unterstützung der Provinzen
wäre uns angemessener erschienen. Im Uebrigen hätten wir die Provinzen
gleich den Orts- und Kreisgemeinden auf die Grund- und Gebäudesteuer als
ihnen ausschließlich zustehende Einnahme mit freiem Besteuerungsrecht ange¬
wiesen zu sehen gewünscht. — Der andere Weg ist nun betreten. Die jetzt
überwiesenen Fonds werden mit der Zeit nicht ausreichen, ob die eine Pro¬
vinz etwas mehr oder weniger bekommen hat, ist überaus gleichgültig. Das
Gesetz ist am 24. April in dritter Lesung angenommen worden.

An demselben Tage begann die zweite Berathung des wichtigen Gesetzes
über die Vermögensverwaltung in den katholischen Kirchengemeinden. Da
aber die Berathung noch nicht zu Ende geführt ist, so verschiebe ich die Be¬
L—r. sprechung auf den nächsten Brief.




Untersuchungen über die KanKfrage.
Von Max Wirth. IV.
(Schluß.)

Ein noch größerer Mißstand als der bisher geschilderte liegt in der Wir»
kung der Contingentirung der ungedeckten Noten in kritischen Zeiten. Der
Hauptzweck, welchen diese Einrichtung erreichen sollte, war der, die Bank so
sicher zu stellen, daß einestheils ihre Noten ebensoviel Credit genießen, wie
baares Geld, und daß sie andererseits in Zeiten der Krisis und des panischen
Schreckens der Geschäftsleute letzteren allen legitimen Beistand bieten und die
Wirkungen der Krisis mildern könnte. Dieser Zweck ist nicht bloß nicht er¬
reicht, sondern das reine Gegentheil davon bewerkstelligt worden. Früher


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[0198] fand eine ausführliche Verhandlung bei derselben zwar statt, die Helden der Tourniere des Kulturkampfes, Windthorst aus der einen, Wehrenpfennig auf der andern Seite, brachen die gewohnte Lanze. Aber nach und nach ist es des Guten, was der Kulturkampf an rednerischen Früchten bringt, so viel ge¬ worden, daß wir davon dem Leser nur noch Präsentiren dürfen, wenn sie ganz besonders neuer und ungewöhnlicher Art sind. Die nächsten Sitzungen der Woche waren durch die Einzelberathung des Gesetzes über die Dotation der Prvvinzial - und Kreisverbände ausgefüllt. Wir denken jedoch auf die Verhandlung dieses Gesetzes nicht einzugehen. Der allgemeine Charakter ist bei Einbringung der Vorlagen zur Verwaltungs¬ reform erörtert worden. Die Kämpfe und einzelne Abänderungen haben kein politisches Interesse. Wir haben unsere Ansicht früher dahin ausgesprochen, daß diese ganze Dotation uns nicht richtig scheint. Ein allgemeiner Staats¬ fonds zur außerordentlichen und perivdenweisen Unterstützung der Provinzen wäre uns angemessener erschienen. Im Uebrigen hätten wir die Provinzen gleich den Orts- und Kreisgemeinden auf die Grund- und Gebäudesteuer als ihnen ausschließlich zustehende Einnahme mit freiem Besteuerungsrecht ange¬ wiesen zu sehen gewünscht. — Der andere Weg ist nun betreten. Die jetzt überwiesenen Fonds werden mit der Zeit nicht ausreichen, ob die eine Pro¬ vinz etwas mehr oder weniger bekommen hat, ist überaus gleichgültig. Das Gesetz ist am 24. April in dritter Lesung angenommen worden. An demselben Tage begann die zweite Berathung des wichtigen Gesetzes über die Vermögensverwaltung in den katholischen Kirchengemeinden. Da aber die Berathung noch nicht zu Ende geführt ist, so verschiebe ich die Be¬ L—r. sprechung auf den nächsten Brief. Untersuchungen über die KanKfrage. Von Max Wirth. IV. (Schluß.) Ein noch größerer Mißstand als der bisher geschilderte liegt in der Wir» kung der Contingentirung der ungedeckten Noten in kritischen Zeiten. Der Hauptzweck, welchen diese Einrichtung erreichen sollte, war der, die Bank so sicher zu stellen, daß einestheils ihre Noten ebensoviel Credit genießen, wie baares Geld, und daß sie andererseits in Zeiten der Krisis und des panischen Schreckens der Geschäftsleute letzteren allen legitimen Beistand bieten und die Wirkungen der Krisis mildern könnte. Dieser Zweck ist nicht bloß nicht er¬ reicht, sondern das reine Gegentheil davon bewerkstelligt worden. Früher

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/198>, abgerufen am 05.02.2025.