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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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mentritt, also nicht ein so stetiges Organ wie das Presbyterium bildet.
Das letztere ist die bleibende und leitende Vertretung der Gemeinde,
der Ausgangspunkt der synodalen Ordnungen und muß eben deshalb
aus unmittelbarer Gemeindewahl entstehen. Es ist ferner als ein Vorzug
anzusehen, daß die neue Ordnung die Kreissynode nicht nur aus gegenwär¬
tigen, sondern auch aus früheren Mitgliedern der Presbyterien sich zusammen¬
setzen läßt, ja auch aus Mitgliedern der Repräsentation; daß sie der Zahl
der Pfarrer an einer Gemeinde die Zahl der Aeltesten gleichsetzt, endlich daß
sie mögliche Zufälligkeiten, welche das mit Recht angenommene Prinzip der
Continuität der synodalen Stufen hervorbringen könnte, dadurch ausgleicht,
daß sie Gemeinden von mehr als 4000 Seelen oder falls solche fehlen, den
vier größten Gemeinden des Kreises die Wahl eines dem Synodalkreise An¬
gehörigen Mannes, welcher bis dahin nicht in einer Gemeinde-Vertretung
thätig gewesen ist, zugesteht. Den Werth, welchen sie gleichmäßiger Geltung
der Laien und Geistlichen zuerkennt, beweist sie schließlich durch die Bildung
des Synodalvorstandes aus dem Superintendenten und vier Synodalen, von
denen nur einer ein Geistlicher sein muß. Wir wenden uns zur Provinzial-
synode. Daß die neue Ordnung, darin abweichend von der rheinisch-west¬
fälischen, dem Landesherrn das Recht gewährt, Mitglieder bis zum Sechstel
der Erwählten zu ernennen, billigen wir, auch hierin mit dem Verfasser in
Uebereinstimmung, weil sich darin das zu bewahrende innerkirchliche Regiment
des Landesherrn darstellt, und weil die gegenwärtige Spannung der Parteien
es wünschenswert!) macht, dem Landesherrn die Möglichkeit einer vermittelnden
Einwirkung zu gewähren. Eine Beschränkung der zu ernennenden Mitglieder
für spätere ruhigere Zeiten ist gewiß in Aussicht zu nehmen, der Vorschlag
des Verfassers dagegen, die landesherrliche Ernennung durch Ertheilung des
Stimmrechts an ein allerdings unter Mitwirkung der Synode entstandnes
Konsistorium zu ersetzen, erscheint uns insofern bedenklich, als die Ausführung
desselben eine doch keineswegs wünschenswerthe Cumulation einflußreichster
kirchenregimentlicher Functionen in einer Person herbeiführen würde. Die
Bildung der Provinzialsynode folgt mit den nothwendigen Modifikationen
denselben Grundsätzen, welche wir bei der Bildung der Kreissynode kennen
gelernt haben. Sehr bedeutend und weit über die Bestimmungen der rheinisch¬
westfälischen Ordnung hinausgehend sind die Competenzen, welche die Syno¬
dalordnung für die östlichen Provinzen ihr beilegt. Kirchliche Gesetze, deren
Geltung sich auf die Provinz beschränken soll, dürfen ohne Zustimmung der
Provinzialsynode nicht erlassen werden. Der ständige Synodalvorstand, gleich¬
mäßig aus Geistlichen und Laien bestehend, wird bei Besetzung kirchenregi¬
mentlicher Aemter und bei Erledigung disciplinarischer Angelegenheiten hinzu
gezogen.


mentritt, also nicht ein so stetiges Organ wie das Presbyterium bildet.
Das letztere ist die bleibende und leitende Vertretung der Gemeinde,
der Ausgangspunkt der synodalen Ordnungen und muß eben deshalb
aus unmittelbarer Gemeindewahl entstehen. Es ist ferner als ein Vorzug
anzusehen, daß die neue Ordnung die Kreissynode nicht nur aus gegenwär¬
tigen, sondern auch aus früheren Mitgliedern der Presbyterien sich zusammen¬
setzen läßt, ja auch aus Mitgliedern der Repräsentation; daß sie der Zahl
der Pfarrer an einer Gemeinde die Zahl der Aeltesten gleichsetzt, endlich daß
sie mögliche Zufälligkeiten, welche das mit Recht angenommene Prinzip der
Continuität der synodalen Stufen hervorbringen könnte, dadurch ausgleicht,
daß sie Gemeinden von mehr als 4000 Seelen oder falls solche fehlen, den
vier größten Gemeinden des Kreises die Wahl eines dem Synodalkreise An¬
gehörigen Mannes, welcher bis dahin nicht in einer Gemeinde-Vertretung
thätig gewesen ist, zugesteht. Den Werth, welchen sie gleichmäßiger Geltung
der Laien und Geistlichen zuerkennt, beweist sie schließlich durch die Bildung
des Synodalvorstandes aus dem Superintendenten und vier Synodalen, von
denen nur einer ein Geistlicher sein muß. Wir wenden uns zur Provinzial-
synode. Daß die neue Ordnung, darin abweichend von der rheinisch-west¬
fälischen, dem Landesherrn das Recht gewährt, Mitglieder bis zum Sechstel
der Erwählten zu ernennen, billigen wir, auch hierin mit dem Verfasser in
Uebereinstimmung, weil sich darin das zu bewahrende innerkirchliche Regiment
des Landesherrn darstellt, und weil die gegenwärtige Spannung der Parteien
es wünschenswert!) macht, dem Landesherrn die Möglichkeit einer vermittelnden
Einwirkung zu gewähren. Eine Beschränkung der zu ernennenden Mitglieder
für spätere ruhigere Zeiten ist gewiß in Aussicht zu nehmen, der Vorschlag
des Verfassers dagegen, die landesherrliche Ernennung durch Ertheilung des
Stimmrechts an ein allerdings unter Mitwirkung der Synode entstandnes
Konsistorium zu ersetzen, erscheint uns insofern bedenklich, als die Ausführung
desselben eine doch keineswegs wünschenswerthe Cumulation einflußreichster
kirchenregimentlicher Functionen in einer Person herbeiführen würde. Die
Bildung der Provinzialsynode folgt mit den nothwendigen Modifikationen
denselben Grundsätzen, welche wir bei der Bildung der Kreissynode kennen
gelernt haben. Sehr bedeutend und weit über die Bestimmungen der rheinisch¬
westfälischen Ordnung hinausgehend sind die Competenzen, welche die Syno¬
dalordnung für die östlichen Provinzen ihr beilegt. Kirchliche Gesetze, deren
Geltung sich auf die Provinz beschränken soll, dürfen ohne Zustimmung der
Provinzialsynode nicht erlassen werden. Der ständige Synodalvorstand, gleich¬
mäßig aus Geistlichen und Laien bestehend, wird bei Besetzung kirchenregi¬
mentlicher Aemter und bei Erledigung disciplinarischer Angelegenheiten hinzu
gezogen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/95>, abgerufen am 23.07.2024.